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SENDEREIHE

 

„DER  WEG  DES  SCHÜLERS“

 

SENDUNG 2: Ein Schüler werden

 

Gewidmet den vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen

Schülern des Agni Yoga  

 

 

Liebe Agni Yogis,

 

in der letzten Sendung („Wie findest Du Deinen Lehrer?“) haben wir betont: Man kann Agni Yoga nicht praktizieren, ohne einem Lehrer nachzufolgen. Was folgt daraus notwendigerweise? Du musst ein Schüler werden, wenn Du Agni Yoga nicht nur auf den Lippen führen, sondern tatsächlich im Leben anwenden willst!

 

Dennoch gibt es heute kaum Agni Yogis, die sich als Schüler verstehen. Es fehlt uns eine ganze Kultur, die wir im Westen erst wieder schaffen müssen.

 

Der Schüler fragt: „Ich bin gekommen, um ein Schüler des Agni Yoga zu werden. Was soll ich tun?“ (Gudrun Stiasny „Der Wanderer durch den Sternkreis“)

 

 

Abschnitt I: Wahl der Überzeitlichen Identität: Geistiger Schüler

Nikolaus Roerich „Glory of the Himalayas“

 

Wir hatten schon gesagt: Dein geistiges Wesen ist einstweilen noch ein Kleinkind. Du musst Deine Seele selbst formen, sonst bleibt sie gestaltlos.

 

Wie ein Bildhauer, wie Michelangelo seinen David aus einem Marmorblock, erschaffst Du aus dem ungeformten Rohstoff Deiner Seele ein Kunstwerk: Dein wahres, ewiges Selbst.

 

Ihr müsst euch ein Idealbild machen und dann die Seelensubstanz nach diesem Idealbild formen. (TL V, 267)

 

Wir sprechen heute über eine der unzähligen möglichen Identitäten, die Du für Dein Höheres Selbst auswählen kannst. Das hier Gesagte gilt sinngemäß auch für alle anderen Rollen, für die Du Dich vielleicht entscheidest. Jedenfalls lassen wir jetzt die Wahl eines der Idealbilder konkret werden, nach dem Du Deine Ewige Individualität selbst formen kannst.

 

 

1. Geistiger Schüler werden

Nikolaus Roerich „Pearl of Searching

 

Der Anfänger, der gerade seine ersten, unbeholfenen Schritte auf dem Weg der Seele wagt, sucht seinen Platz am besten auf den unteren Stufen: Der Unsterbliche ist zunächst und vor allem ein Schüler. Sein Weg ist die Selbsterziehung zur Meisterschaft.

 

Du tust gut daran, Dich der Führung eines erfahrenen Lehrers zu unterstellen, der bereits solche Höhen erklommen hat, dass er Dir emporhelfen kann.

 

Wenn man die Grundlagen Unserer Lehre kennt, muss man sich als Schüler erweisen, die in voller Angemessenheit und Unanfechtbarkeit schaffen. Der Lehrer sagt: „Jetzt offenbart selbst die Wirkung Meiner Weisungen.“ (Gem 17) 

 

Die erste Stellung, die Dir gebührt, ist die eines Novizen des Tempels, der um Aufnahme in den Orden der Hierarchie nachsucht, sich zunächst bewähren und die elementaren Grundbegriffe des Geistigen Pfades erst noch erlernen und einüben muss.

 

„Also ist das erste Ideal, das erste Bild von mir selbst, das ich mir vorhalte und dem ich nachstrebe: Ich will ein Schüler sein, der seinem Lehrer Ehre macht.“

 

Ja, das ist die beste Wahl! Ein Schüler zu sein ist eine Identität, die Du an allen Orten, zu allen Zeiten und unter allen Umständen, vor und nach dem Tod in allen materiellen und geistigen Welten ausfüllen kannst.

 

Du kannst in jeder Phase Deines ewigen Weges, in der Jenseitigen Welt und auf der Erde, als Geistesschüler auftreten, gleich, in welche vergängliche Persönlichkeit Deine Seele sich gerade gekleidet hat.

 

Jeder kann seinem Wesen nach ein Schüler sein, unabhängig von den äußeren Verhältnissen. Ob Du diese neue Rolle auf der Bühne des materiellen irdischen Lebens durchhalten kannst, hängt allein von der Macht Deines Geistes ab.

 

Wenn Du denkst wie der Schüler eines großen Lehrers und jeder Situation mit einer Haltung begegnest, mit der Du Deinem Lehrer Freude bereitest, bist Du ein Schüler, wie immer es Dir sonst ergeht.

 

Du übernimmst eine neue Position und erwirbst ein neues Selbstbewusstsein. Dein Beruf ist jetzt der eines Ordensbruders, eines Dieners Gottes, auch wenn Du in der Welt weiter Funktionen wie die eines Familienvaters, eines Bäckers oder eines Bankers ausübst.

 

Erkenne: Wichtig ist Deine Stellung, Dein Amt in der Ewigkeit, in der Welt der Seele. Auf der Erde kann Deine vergängliche Persönlichkeit ein König oder ein Schuhmacher sein – wenn nur Deine Ewige Individualität ein Schüler ist!

 

„Das ist aber eine gewaltige Veränderung meines Lebens!“

 

Ja, eine wahrhaftige Umwälzung Deines abendländisch geprägten Denkens. Welcher erwachsene Mensch mag sich wieder als Schüler ansehen? Wer ist bereit, einem Lehrer unbedingten Gehorsam zu leisten? Wer im Westen folgt wirklich einem Größeren nach auf dem steinigen Weg zu den Höhen?

 

Gewöhnlich lieben die Menschen es nicht, als Schüler bezeichnet zu werden, doch Wir behalten auch für Uns selbst diese ehrenvolle Bezeichnung vor. Jeder Lehrer ist auch ein Schüler, darin liegt hohe Angemessenheit. (Br II, 47)

 

Ein Schüler und Mitarbeiter der Bruderschaft zu werden: Das ist die höchste Stellung, die uns heutigen Menschen zugänglich ist.

 

Keineswegs möchten die Menschen ständig lernen, und der ehrenvolle Titel „Schüler“ erscheint ihnen als schmachvoll. (Br II, 600)

 

Unsere materialistische Kultur hat leider keine Vorstellung mehr davon, dass es die höchste Erfüllung ist, sich einem Größeren anzuschließen, sich vorbehaltlos und uneingeschränkt seiner geistigen Führung zu unterstellen.

 

Man sollte in vollem Vertrauen einem Herrscher nachfolgen, genau wie der Herrscher seinem Herrscher nachfolgt. Diesen Pfad der Hingabe sollte man liebgewinnen. Man muss an ihm mit ganzem Herzen festhalten, so dass kein anderer Gedanke mehr aufkommt. Wahrhaftig, durch eine solche Hingabe werden Welten erbaut. Man sollte sogar lernen, wie die Helden zu leben. (FW I, 614) 

 

Ein Schüler kannst du natürlich nur sein, wenn Du einen Lehrer hast.

 

„Wer ist mein Lehrer?“

 

Darüber, wie Du Deinen Lehrer finden kannst, haben wir schon in der letzten Sendung („Wie findest Du Deinen Lehrer“) gesprochen. Wenn Du seinen Namen noch nicht kennen solltest, kannst Du ihn vertrauensvoll mit „Vater“ ansprechen.

 

 

2. Bild eines Schülers

 

„Können wir uns das Bild – das Ideal – eines Schülers noch genauer ansehen? Schildere mir doch ein wenig mehr: Was macht einen Schüler aus?“

 

Ein Schüler verehrt seinen Lehrer.

 

Der Schüler erwählt seinen Lehrer. Er verehrt Ihn wie die höheren Wesen. Er glaubt Ihm und bringt Ihm seine besten Gedanken dar. Er bewahrt den Namen des Lehrers und schreibt ihn auf das Schwert seines Wortes ein. Er zeigt Fleiß bei der Arbeit und Beweglichkeit bei der Heldentat. Er heißt Prüfungen willkommen wie das Morgenlicht und richtet seine Hoffnung auf das Schloss der nächsten Tore. (AY 103)

 

Ich entsinne mich eines Hinduknaben, der den Lehrer fand. Wir fragten ihn: „Kann sich die Sonne für dich verfinstern, wenn du sie ohne den Lehrer siehst?“ Der Knabe lächelte: „Die Sonne bleibt die Sonne, doch in Gegenwart des Lehrers scheinen für mich zwölf Sonnen.“ Die Sonne der Weisheit Indiens scheint; denn am Ufer eines Flusses sitzt ein Knabe, der den Lehrer kennt. (AY 84)

 

Die Verbindung wird durch Liebe geschaffen. Du bist nur dann ein Schüler – ein geistiger Sohn! –, wenn Du Deinen Lehrer wie einen Vater liebst.

 

So sollte jeder, der sich dem Lehrer nähert, von Liebe erfüllt sein. Verehrung und Hochachtung können ohne Liebe nicht wirksam sein. Nur der ist ein Schüler, der seinen Lehrer liebt. Jede Annäherung hat als Grundlage entweder Liebe oder Furcht, doch Furcht ist dort nicht angebracht, wo man zum Licht strebt. Man kann unmöglich ohne das Band der Liebe all den Anstürmen des Chaos widerstehen. (Br II, 159)

 

Als Gegenleistung für uneingeschränkte Hingabe erhältst Du Schutz und Führung auf Deinem Geistigen Weg.

 

Eure Stütze ist der Lehrer, euer Schild ist die Hingabe an den Lehrer. (AY 205)

 

Wer dem Silbernen Faden folgt, der sich von seinem Herzen zum Herzen seines Lehrers spannt, wird kaum irren. (Hier 445)  

 

Lebt nicht auch in Dir die tiefe Sehnsucht, vertrauensvoll wie ein Kind an der Hand eines mächtigen Führers durchs Leben zu gehen? (Tizian „Tobias und der Engel“)

 

Zum Schönsten, was über das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler gesagt wurde, gehört Dostojewskijs Beschreibung eines Starez in den Brüdern Karamasow. Hier nur eine von vielen wunderbaren Stellen:

 

Was ist nun eigentlich ein Starez? Der Starez nimmt eure Seele, euren Willen in seine Seele und in seinen Willen auf. Wenn man sich einen Starez erwählt, sagt man sich von seinem eigenen Willen los und überantwortet ihn dem Starez, in völligem Gehorsam, unter völligem Selbstverzicht. Diese Prüfung, diese furchtbare Lebensschule, nimmt derjenige, der sie sich erkoren hat, freiwillig auf sich, in der Hoffnung, dass er sich selber nach langer Prüfung überwinden, sich soweit in der Gewalt haben werde, bis er endlich durch lebenslänglichen Gehorsam zu voller Freiheit durchdringt, das heißt zur Befreiung vom eigenen Ich, und so dem Schicksal jener entflieht, die ihr Leben lang dahinlebten und sich selber nicht finden können. Hier wird ein unverbrüchliches Band zwischen dem Bindenden und dem Gebundenen geknüpft. (Dostojewskij, Die Brüder Karamasow)  

 

 

3. Ausbildung

 

„Muss ich nicht bestimmte Eigenschaften erwerben?“

 

Du triffst den Kern! Ein Schüler sein bedeutet natürlich vor allem: Die Eigenschaften eines Schülers aufweisen. Überlege selbst: Welche Eigenschaften muss ein Meisterschüler haben? Dann mache Dich daran, sie zu erwerben.

 

So nähert sich der Schüler dem Lehrer: Aufgeschlossen, bereit, die Lumpen der alten Welt abzustreifen, zu neuem Bewusstsein strebend, begierig nach Wissen, furchtlos, wahrheitsliebend, hingebungsvoll, scharfsichtig auf der Wache, arbeitsam, zielstrebig und feinfühlig. Er hat den Pfad des Vertrauens gefunden. Maja verlockt ihn nicht länger. Das Leben ist verschönt und das Können gefestigt. (AY 125)

 

Das allerwichtigste Ziel, das dem Initiierten oder seinem Stellvertreter aufgetragen wurde, besteht darin, die Kraft der Ausdauer und der Standhaftigkeit in seinen Schülern zu entwickeln. Hätte er persönlich diese Kraft noch nicht gewonnen, so hätte er seine Position nicht erreicht. Deshalb handelt er nicht für seinen eigenen Vorteil und persönliche Interessen, wenn er seine Schüler unablässig anspornt, ihren Prüfsteinen vollkommen zu begegnen und auf alle nur mögliche Weise die notwendigen Qualitäten in ihrem Wesen zu entfalten. (TL VII, 350)

 

Dein Lehrer ist wahrscheinlich nicht gerade heute physisch und in Deiner Nähe inkarniert. Du musst also in der Lage sein, eine geistige Verbindung aufzubauen und ein Gespräch im Herzen mit ihm zu führen. Dafür musst Du Deine inneren Sinne verfeinern und sie viel aufnahmefähiger machen, als sie es heute sind.

 

Die Feinheit der Empfindungen vereint den Lehrer mit dem Schüler. So ist Feinfühligkeit die wesentliche Eigenschaft eines Schülers. (U II, 765 [365])

 

Wenn ihr stark, tapfer, treu und gehorsam genug seid, um in geistiger Verbindung mit euren Lehrern zu bleiben, werden euch die tiefen Wahrheiten über diese Geheimnisse eröffnet werden. (TL III, 109)

 

Der wichtigste Aspekt Deines neuen Lebens ist Deine Ausbildung, Dein Fortschritt auf dem Geistigen Pfad. Du gehst tatsächlich wieder zur Schule! Der Lehrer übernimmt Deine Erziehung.

 

Im Kern geht es darum, Dich zu reinigen und zu verfeinern, Dein Bewusstsein zu erweitern, Höheres Wissen zu erwerben, Deine geistige Kraft, die psychische Energie zu stärken und Dein Gefühlswissen zu entwickeln.

 

Der Lehrer vertritt für den ernsthaften Schüler Vater- und Mutterstelle. Während ihm die Eltern seinen Körper und seine Anlagen geben, zeigt ihm der Lehrer, wie er die inneren Anlagen zum Erwerb der Ewigen Weisheit entwickeln kann. (TL IX, 485)

 

Nur durch Umsetzung der Weisungen des Lehrers kannst Du Fortschritte machen. Allen, die meinen, allein aufsteigen zu können, muss klar gesagt werden: Ohne Höhere Führung wirst Du auf dem Weg Deiner persönlichen Entwicklung nicht oder jedenfalls nur so quälend langsam vorankommen, dass Du hinter dem voraneilenden Strom der Evolution zurückbleibst.  

 

Wie wollen wir denn unser Bewusstsein erweitern und den Geist erheben, wenn wir die Hand des Hierarchen nicht annehmen? Nur durch die Kraft der Hingabe zum Lehrer kann man eine Verfeinerung des Bewusstseins erlangen. (Hier 128)

 

Die Ausbildung zielt weiter darauf ab, Dich für höhere Stufen der Hierarchie geeignet zu machen und auf größere Aufgaben vorzubereiten. Eines Tages wirst Du mehr Verantwortung übernehmen und denen, die Dich heute unterrichten, im Amt nachfolgen müssen.

 

Glaube nur nicht, eine solche Schulung sei leicht.

 

Nehmt die strenge Schulung mit einem Lächeln an. (BGM I, 109 [121])

 

Die für den Erfolg auf dem Gebiet des Okkultismus notwendige Schulung erfordert weit mehr Opfer, Zeit und Anstrengung, als die durchschnittlichen Schüler aufzubringen gewillt sind. (TL V, 231)

 

Wie in jeder Schule gibt es Prüfungen. Du stehst unter ständiger Beobachtung durch den Lehrer.

 

Ein Yogi steht unter ständiger Prüfung durch seinen Lehrer. Genauso prüft der Yogi jene, die sich ihm nähern. (AY 192)

 

Sei dir gewiss, dass du niemals in dieser Feuerlinie stehen wirst, ohne bis zum Äußersten geprüft zu werden in Bezug auf deine Fähigkeit, diese Stellung zu halten, bis deine Angelegenheit gewonnen oder verloren ist. Auf diese Weise werden die Soldaten jener großen Armee geläuterter Seelen geprüft, die wir Große Weiße Loge nennen. (TL VI, 302)

 

Der Lehrer gibt Weisungen in den Grenzen des Erlaubten. Er erhebt den Schüler, indem er ihn von alten Gewohnheiten reinigt. Er warnt ihn vor jeder Art von Verrat, Aberglauben und Heuchelei. Er legt ihm sichtbare und geheime Prüfungen auf. (AY 103)

 

Wir sprechen über die Einzelheiten der Ausbildung in der Sendung „Selbstvervollkommnung“ (Sendereihe „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“) und in den Sendereihen „Ausbildung“ und „Geistige Übungen des Agni Yoga“.

 

 

4. Dienst

 

„Was habe ich auf der Erde zu tun?“

 

Neben der Ausbildung bestimmt der Dienst am Allgemeinwohl das Leben eines Geistesschülers. Deine Aufgabe ist es, am Werk Deines Lehrers, dem Großen Plan der Evolution auf diesem Planeten mitzuarbeiten und jeden Tag Deinen Stein zum Neuen Aufbau beizutragen.

 

Man soll das Ziel erkennen und sich den Plan des Lehrers zu eigen machen. (BGM II, 205)

 

Es bedeutet wahrlich Glück, die Werke des Lehrers zu schaffen. (AY 368)

 

Wenn der Schüler im Geist seines Meisters auf der Erde handelt, kann die Hierarchie ihn als Werkzeug nutzen und durch ihn hier unten wirken.

 

Die Menschheit muss lernen, selbständig alle bestätigten Gedanken des Lehrers zu verwirklichen. So wie die Kosmische Vernunft Evolution bewirkt, so muss die Menschheit lernen, auf höherem Wege aufzubauen. (Hier 30) 

 

Jede Handlung muss mit der Denkweise des Lehrers in Übereinstimmung gebracht werden. Eine solche Hilfe wird wahre Zusammenarbeit sein. (Br II, 4)

 

Wir sprechen über die Einzelheiten des Dienstes in der Sendung „Dienst am Allgemeinwohl“ (Sendereihe „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“) und in der Sendereihe „Die Neue Welt“. Ohne aktiv Dienst zu leisten kannst Du kein Schüler sein.

 

 

5. Persönlicher Schüler eines Mahatma werden

Nikolaus Roerich „Verbrennen der Dunkelheit“

 

Das höchste Ziel, das Du in absehbarer Zukunft auf dieser „Karriereleiter“ anstreben kann, ist, wie Helena Blavatsky, Francia La Due, Helena Roerich und andere als persönlicher Schüler eines der Mahatmas angenommen und zur Ausbildung in einen Ihrer Aschrams in den Himalaya gerufen zu werden, um dort tatsächlich am Leben der Bruderschaft teilzunehmen und einer von Ihnen zu werden.

 

Ich spreche von den verpflichteten Schülern der Großen Weißen Loge, zu Menschen also, die um die Möglichkeit gebeten haben, nach dem Höchsten zu streben, das das menschliche Leben anbieten kann. Für so jemanden ist der direkte, gerade Pfad bestimmt. (TL VII, 350) 

 

Von dem Zeitpunkt an, wo der Schüler über die Notwendigkeit mündlicher oder schriftlicher Belehrungen hinausgewachsen ist, wird die Lehrmethode eine andere; der Schüler kommt nun unmittelbar unter die persönliche Leitung des Meisters – des Vaters – der Abteilung der Gruppenseele, zu der er karmisch gehört. (TL V, 232)

 

Bis Du ein solches Gesuch vorbringen kannst, ist es aber noch ein sehr langer Weg über viele Inkarnationen. Das Ideal, das einem Schüler vorschwebt, ist:

 

Eine Entwicklungsstufe erreichen, welche ihn für besondere oder persönliche Führung durch ein Mitglied der Großen Loge geeignet macht. (TL I, 6)

 

 

Abschnitt II: Die Ewige Individualität zu einem Schüler formen

 

„Ich habe mein Ideal gewählt. Das Bild eines Meisterschülers steht vor meinen Augen. Wie kann ich jetzt meine Ewige Individualität nach diesem Muster formen?“

 

 

1. Geistiger Schüler: Ein Zustand des Bewusstseins

 

Der Mensch ist, was er denkt. (Buddha)

 

Du bist ein Schüler, wenn Du immer und unter allen Umständen denkst wie ein Schüler. Jeder Gedanke und jedes Gefühl webt an Deiner Feinstofflichen Individualität. Mit jedem Gedanken, jedem Gefühl, jedem Wort und jeder Tat stärkst oder schwächst Du die Identität „Schüler“.

 

Ein geistiger Schüler zu sein ist ein Zustand des Bewusstseins, eine geistige Haltung.

 

 

2. Bewusstsein in der Meditation formen

Nikolaus Roerich „River in the Himalayas - Satana

 

„Was bedeutet das praktisch?“

 

Wir kommen wieder auf eine Praxis zurück, die wir schon oft angewendet haben, zum Beispiel bei den Übungen „Erhebung“, „Verwandlung in ein geistiges Wesen“ und „Unverletzlichkeit“:

 

Du musst zu den drei Meditationszeiten am Morgen, am Mittag und am Abend den Zustand des Bewusstseins „Geistiger Schüler“ herstellen.

 

Es gehört zu den Pflichten, die dem angenommenen hohen persönlichen Chela der Großen Weißen Loge auferlegt werden, sich solch ein Ideal (gewöhnlich von ihm nach dem Konzept seines Meisters gebildet) aufzubauen und einige Augenblicke in seinen Stunden der Meditation dazu zu verwenden, den Samen – die ersten Ursachen – von dem zu pflanzen, was einmal sein persönliches Selbst sein soll. (TL VI, 287)

 

Am Morgen reihst Dich in die Hierarchie ein und trittst im Geist vor Deinen Lehrer hin. Du versprichst ihm, im Laufe des irdischen Tages ein guter Schüler zu sein, an dem er seine Freude hat. Du nimmst Dir fest vor, Dich durch nichts und niemanden aus diesem hohen Bewusstseinszustand herausbringen zu lassen, stets die Haltung eines Schülers zu bewahren und die Verbindung nach Oben nicht zu beschmutzen.

 

*****

 

Am Abend kehrst Du – im Geist – in den Aschram zurück und trittst wieder vor den Lehrer hin. Jetzt zeigt sich: Hast Du seine Aufträge erfüllt? Warst Du gehorsam? Hast Du die Regel des Schülers eingehalten?

 

„Das ist ja wie beim Tod!“

 

Ja! Spätestens nach Deinem Tod wirst Du in jedem Fall in der jenseitigen Welt Deinem Lehrer gegenübertreten müssen. Dann wird er zwar kein Jüngstes Gericht abhalten, aber für Dich wird sich die Frage stellen:

 

Kannst Du ihm stolz und froh ins Gesicht sehen als einer, der seine Lektion gelernt und seine Mission erfüllt hat? Oder musst Du die Augen niederschlagen und Dich schämen, weil Du Dich dem Wohlleben hingegeben, die Möglichkeiten der Inkarnation vergeudet und Verrat an Deinem eigenen Ideal und der großen Sache begangen hast?

 

*****

 

Am besten ist natürlich: Unterwerfe Dich dieser Prüfung nicht erst am Lebensende, sondern schon am Abend eines jeden Tages! Dann hast Du an den vielen verbleibenden Tagen Deines irdischen Lebens die Möglichkeit, Fehler noch rechtzeitig vor dem Tod zu korrigieren.

 

Am Ende Deines Lebens und am Ende eines jeden Tages musst Du rückblickend von Dir sagen können: „Ich war der Schüler eines Meisters.“ Du musst an die Pforte seines Aschrams in der Feinstofflichen Welt klopfen und mit gutem Gewissen sagen können:

 

„Vater, Dein treuer Schüler steht vor den Toren. Ich bitte um Einlass.“ (Nikolaus Roerich „Morgenstern“)

 

Auf dem Grabstein von Alfred Heydok ist zu lesen: „Er war ein Schüler von Nikolaus Roerich“. Lebe so, dass auch Dein Epitaph Dich einen Schüler nennen kann. Das ist die höchste Ehre, die die Nachwelt Dir erweisen kann.

 

 

3. Neue Identität im Alltag verteidigen

 

Im Laufe des irdischen Tages lautet Deine Aufgabe: Du musst das in der Meditation erworbene hohe Bewusstsein unbedingt verteidigen. Du darfst nichts denken, fühlen, aussprechen oder tun, was eines geistigen Schülers unwürdig ist.

 

Lernt es, der Schülerschaft würdig zu sein. (Br II, 784)

 

Die unsichtbare, geistige Realität, ein Schüler zu sein, muss stärker sein als die sichtbare, materielle Wirklichkeit um Dich herum!

 

Du bist nur dann ein Schüler, wenn Du auch auf der materiellen Ebene, in allen äußeren Verhältnissen mit einer entsprechenden Haltung auftrittst. Die Hauptsache ist, diese Würde zu bewahren. Alles andere auf der Welt, das Dir sonst so wichtig erscheint, ist ab jetzt zwar nicht bedeutungslos, aber zweitrangig.

 

Das ist leicht gesagt, aber schwer zu verwirklichen, denn die materiellen Sphären mit all ihren Verlockungen und Gewohnheiten haben eine große Macht über uns.

 

Wählt euch ein Ideal, je höher desto besser. Konzentriert eure Energien darauf, dieses Ideal zu verwirklichen. Handelt dann, als ob in jeder Stunde all eure Hoffnung auf dem Spiel stünde, als ob in ihr die einzige Gelegenheit enthalten wäre. (TL IX, 448)

 

Solange Du zu Füßen des Lehrers weilst (selbst wenn es „nur“ im Geist ist), ist es relativ leicht, die Identität eines Schülers zu bewahren. Aber wie sieht es in der Welt aus?

 

„Ich muss ehrlich zugeben: Im Banne der Gewohnheiten meines alten Lebens erscheint es mir bisweilen undurchführbar, sogar geradezu lächerlich, wie ein Tempelschüler zu leben.“

 

So geht es uns allen! Kaum wirst Du aus Deinem Paradies vertrieben und kehrst in die Welt, in den Alltag zurück, beginnen die Schwierigkeiten: Der Geistige Pfad sprengt den Rahmen Deines bisherigen Lebens. In Deiner Umgebung stößt Du auf Unverständnis. Unter der Menge der Ungeistigen bist Du als Meisterschüler ein Fremder. Die Welt ist von Deinem Ideal noch zu weit entfernt. Es überkommen Dich Zweifel an Sinn und Nutzen Deines Entschlusses.

 

Kehrt der Mensch in die niedere physische Welt zurück, vergisst er sein höheres Wesen, als wäre es ein Traum gewesen. Man muss eine Brücke finden, um den Verlust des Bewusstseins zu verhindern und durch die höhere Welt bereichert zu werden. (Hier 397)

 

Jetzt beginnt der Kampf! Du musst auch auf der materiellen Ebene die Stellung, die Du am Morgen in der Welt der Seele eingenommen hast, halten und gegen alle Angriffe verteidigen.

 

Es gibt im Tempel der Menschheit für jeden treuen Schüler einen Platz, eine Gelegenheit zum Wirken und ein sicheres Ziel. Hat er ihn errungen, so muss er bereit sein, ihn zu halten, koste es, was es wolle, und der Preis ist im allgemeinen hoch. (TL III, 93)

 

Ich wünschte, dass jeder entschlossene Lebenspilger, dass jeder Chela, der sich auf den ihm vorgezeichneten Pfad begeben hat, seine Gelegenheit erkennt und wahrnimmt – die Gelegenheit, die es immer nur einmal in einem Erdenleben gibt: eine wichtige Stellung, wie ich sie geschildert habe, einzunehmen und zu halten. (TL III, 105)

 

Abweichung von diesem Pfad bedeutet, dass er sich selbst von der schmalen Linie entfernt und sich wieder auf den Weg begibt, den er bereits verlassen hatte. Es bedeutet, dass er, nachdem er sich bis zu dieser Stellung aufgeschwungen hatte, nicht genügend Durchhaltevermögen, Standhaftigkeit, Selbstbeherrschung, Treue und Kraft, ein Hüter zu sein, besaß, um diese Höhe auf Dauer zu halten, obwohl er sie schon gewonnen hatte. (TL VII, 350)

 

Du darfst Dich nicht an die geistfernen Gewohnheiten der „normalen Menschen“ Deiner Umgebung anpassen. Von einem Schüler, einem Mitglied der Hierarchie wird mehr verlangt. Für ihn gelten höhere Gesetze.

 

Die alten Römer sagten: „Quod licet bovi non licet Iovi“, „Was einem Rindvieh erlaubt ist, ist dem Jupiter noch lange nicht gestattet.“ (Im Original ist die Aussage umgekehrt: „Was dem Jupiter erlaubt ist, ist einem Rindvieh noch lange nicht gestattet.“ Sie hat in beide Richtungen ihren Sinn.) Ins Esoterische gewendet heißt das:

 

Einem Schüler der Bruderschaft ist vieles verwehrt, was andere sich erlauben können.

 

*****

 

Jedenfalls zu den drei Meditationszeiten am Morgen, am Mittag und am Abend befindest Du Dich im Geisteszustand eines Tempelschülers.

 

In den Zeiten dazwischen darfst Du nicht zu tief zu fallen und musst nach jedem Absturz gleich wieder aufstehen.

 

Du bist jetzt der Träger einer hohen Würde. Zum Zeichen dessen bekleide Dein geistiges Wesen mit einer „Unsichtbaren Toga“, mit dem weißen Gewand eines Schülers der Meister der Weisheit! (Wir werden über diese Übung später noch in einer eigenen Sendung sprechen.)

 

Ziere Dein Haupt mit der unsichtbaren Krone eines Königs des Geistes!  

 

Innerlich ausgestattet mit diesen beiden Abzeichen Deiner neuen Stellung trittst Du in die Welt hinaus. Die anderen können sie zwar nicht sehen, sie formen aber Deine Aura, und an ihr wird man spüren, welch ein hohes Amt Du jetzt einnimmst.

 

Halte deine Krone fest, damit sie dir nicht im Feuer genommen werde, die Krone, die du dir durch selbstloses Dienen, Ausdauer, Treue und Opfer gewonnen hast. Wenn der Kandidat die Höhe der Universellen Liebe und des Universellen Dienstes erklommen hat, tritt die Prüfung an ihn heran, ob er dieses Niveau auch halten kann.

Ein Regen destruktiven Feuers prasselt auf ihn herab, und viele Hände der Habsucht, des Neids, der Eifersucht, des Ehrgeizes und der Selbstsucht strecken sich nach seiner Krone aus. Die Masse Mensch will nicht, dass jemand über sie hinauswächst. Deshalb ist einer, der das Ziel erreicht, leuchtende Zielscheibe dieser Kräfte.

Du kannst deine Krone festhalten durch ein reines, selbstloses Herz, denn du bist eins und verbunden mit den Meistern der Liebe, Weisheit und Barmherzigkeit bei der Großen Aufgabe, die Menschheit auf eine höhere Stufe des Bewusstseins zu heben. (ALH II, 88, 89)

 

*****

 

Was also sollte in der Welt Dein alles andere beherrschender, Dein leitender Gedanke sein?

 

„Ich will am Abend wieder in den Aschram zurückkehren.“

 

Genau! Stelle Dir nur vor: Du wirst nicht eingelassen oder der Lehrer empfängt Dich nicht, weil Du Deine Würde beschmutzt, die anvertrauten Aufträge nicht erfüllt oder Deine Stellung aufgegeben hast!

 

Welch‘ eine bittere Enttäuschung wäre das!“

 

Also behalte den ganzen Tag über das Ziel Deines Weges im Auge, den Aschram oben auf dem Berg, und verhalte Dich so, dass Du am Abend in Deinem Himmel zurückkehren kannst. (Albrecht Dürer „Ritter, Tod und Teufel“)  

 

Möge der Mensch sich sicher merken, dass seine Festung nicht auf der Erde ist. Ebenso muss man daran denken, dass alle irdischen Arbeiten um der Rückkehr in die Überirdische Festung willen vollbracht werden. (Br II, 803)

 

 

Abschnitt III: Tägliche Praxis

 

„Ändert sich gar nichts an meinem äußeren Leben?“

 

Doch. Du musst daran gehen, eine persönliche Beziehung zu Deinem Lehrer aufzubauen.

 

 

1. Hintreten vor den Lehrer

Nikolaus Roerich „Ekstase - Der Hintretende“

 

Der erste Schritt auf dem Weg des Schülers und der Schlüssel zum Aufstieg ist das Hintreten vor den Lehrer. Agni Yoga führt hier einen neuen, wichtigen Begriff ein (der leider oft unzutreffend übersetzt wird).

 

Das Hintreten vor den Herrscher kann nur im Herzen erlebt werden. Nichts Äußeres ersetzt das Anfüllen des Herzens mit dem Herrscher. Hintreten vor Gott, Hintreten vor den Richter und Hintreten vor den Herrscher sind ein und derselbe Begriff. Deshalb lasst uns auf dem Pfad zur Feurigen Welt daran denken, wie wesentlich das Hintreten vor den Herrscher ist. (FW III, 138).

 

Du kannst kein Schüler sein, wenn Du nicht zur Schule gehst und dort regelmäßig Deinen Lehrer triffst.

 

Stell‘ Dir vor, Dein Lehrer lebte physisch inkarniert in Fußentfernung in Deiner Nachbarschaft. Wenn Du sein Schüler bist, ist es Dein natürliches Bedürfnis, ihn so oft wie möglich aufzusuchen. Du liebst ihn ja! Du hast Sehnsucht nach seiner Gegenwart, nach seinen Worten und Weisungen, nach der heiligen Atmosphäre seiner Wohnstätte! Am liebsten würdest Du bei ihm in seinem Haus wohnen!

 

„Ich kann und will meinen Partner und meine Kinder nicht verlassen. Ich bin ausgelastet mit der Arbeit für den Lebensunterhalt. Wann soll ich da noch zu einem Lehrer in die Schule gehen?“

 

Das ist das Kreuz des Daseins, das niemandem erspart bleibt, einem Tempelschüler erst recht nicht. Zeit für Begegnungen mit dem Lehrer wirst Du normalerweise am Morgen vor und am Abend nach dem Arbeitstag, kurz am Mittag und ansonsten an Feiertagen oder in den Ferien finden müssen.

 

*****

 

Du trittst vor den Lehrer hin, weil er allein den Plan für Deine persönliche Ausbildung, Deinen persönlichen Dienst am Allgemeinwohl, Deine persönliche Mission auf Erden, Deinen Platz in der Hierarchie und die Ablösung Deines Karma kennt.

 

Nur von ihm kannst Du erfahren, was Du an jedem neuen Tag tun musst, um einen weiteren Schritt auf Deinem Geistigen Weg zu gehen und einen weiteren Stein zum Aufbau der Neuen Welt beizutragen.

 

Ohne Führung durch den Lehrer gibt es keinen Fortschritt auf dem Geistigen Pfad und keinen Neuen Aufbau.

 

 

2. Hintreten im Geist

 

„Was mache ich, wenn kein Lehrer in der Nachbarschaft wohnt?“

 

Leider kannst Du nicht damit rechnen, dass Dein Lehrer, oder irgendein wirklicher geistiger Führer, in Deiner Nähe lebt oder auch nur in dieser Zeit irgendwo auf der Erde inkarniert ist. Deshalb musst Du lernen, Dich im Geist mit Deinem Lehrer zu verbinden.

 

*****

 

Das ist einer der großen Fortschritte, die Agni Yoga der Menschheit bringt: Du kannst Dir die Reise nach Indien ersparen. Du kannst lernen, wie Helena Roerich von New York aus (!) mit einem Wesen der jenseitigen Welt, mit Deinem nicht inkarnierten Lehrer, auf rein geistigem Weg ein wirkliches Gespräch zu führen.

 

Der Lehrer verfolgt den Fortschritt des Yogi. Das Zeichen seines Fortschritts wird die Fähigkeit sein, die Stimme des unsichtbaren Lehrers zu vernehmen. (AY 174, 181, 185)

 

„Wie soll ich ein solches okkultes Gespräch führen?“

 

Am Morgen eines jeden Tages stellen sich zwei drängende Fragen: Erstens: Was sollst Du tun, welchen Auftrag hast Du heute in der Welt zu erfüllen? Und zweitens: Was sollst Du lernen, welchen Schritt auf dem Geistigen Pfad kannst Du heute machen?

 

Stelle diese beiden Fragen, wenn Du vor den Lehrer hintrittst. Lausche in Dich hinein, ob dort die Antwort nicht schon liegt oder nach und nach aufklingt.

 

*****

 

Je mehr Du Dich in dieser Praxis übst, desto klarer wirst Du die Stimme der Stille in Deinem Inneren vernehmen, die die Stimme Deines Lehrers ist. Glaube mir, Du wirst mit der Zeit erfahren: Die Weisungen werden immer deutlicher, das geistige Gespräch wird immer realer und Dein Lehrer offenbart sich mehr und mehr!

 

Wie das im Einzelnen vor sich geht, ist in unserer Sendung „Meditation“ (Sendereihe „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“) beschrieben.

 

 

3. Rhythmus  

 

Du solltest den Lehrer nicht nur nach Lust und Laune aufsuchen, sondern täglich oder wöchentlich zu bestimmten Zeiten, und so einen heilsamen Rhythmus einführen.

 

Wie unten, so oben: Auch der Lehrer muss sich auf Dich einstellen: Wenn Du ihn an einigen Tagen mehrfach dringend anrufst und dann monatelang gar nicht mehr von Dir hören lässt, kannst Du nicht erwarten, dass eine natürliche Verbindung zustande kommt.

 

 

4. Reinigung des Alltags

Giotto „Taufe Christi“

 

„Ich übe fleißig, aber oft kommt kein Gespräch zustande, empfange ich keine Botschaft und erhalte keine Eingebung.“

 

Das macht nichts. Wenn die Zeit reif ist, wird die Verbindung sich bilden. Du wirst sehen: Allein nur das regelmäßige Hintreten vor den Lehrer übt eine reinigende Wirkung auf Dein ganzes Dasein aus:

 

Notwendigerweise wird Dein alltägliches Leben in gewisser Weise zu einer Vorbereitung auf die Stunde zu Füßen des Lehrers: Du wirst die eine oder andere schlechte Gewohnheit bekämpfen müssen, ohne dass der Lehrer auch nur ein einziges Wort zu Dir spricht.

 

„Wie meinst Du das?“

 

Nun, Du wirst doch wohl nicht belastet durch einen übervollen Magen oder nach Knoblauch, Alkohol, Zigaretten oder Schweiß riechend vor einen der Herren der Erde treten wollen? Und meinst Du etwa, es wäre erfolgversprechend, Dich an einen großen Weisen zu wenden, um spirituelle Belehrung zu erhalten, wenn Du nicht einmal in der Lage bist, Deine Gedanken jedenfalls für diese eine Stunde zu beherrschen und von Deinen weltlichen Projekten, Vergnügungen, Sorgen, Nöten und Schwierigkeiten abzuwenden?

 

Das Hintreten vor den Lehrer erfordert also notwendig eine gewisse Reinigung.

 

Bevor der Neophyt nicht zu dem Punkt gelangt ist, an dem er sein niederes Selbst als Gefangenen seinem Richter, dem Höheren Selbst, vorführen, es auf die Anklagebank setzen und jede Frage des Klägers wie des Verteidigers genau und wahrheitsgemäß beantworten kann, ohne Rücksicht auf die unübersehbare Schar angriffslustiger, quälender Dämonen in Gestalt von Entschuldigungen und Erklärungen, die von seinen Leidenschaften, seinem Stolz und seiner Selbstsucht diktiert werden; bevor er zu all dem nicht fähig ist, hat er keine reale Chance, seine Begrenzungen zu überwinden und bewusst zu einem Meister vorzudringen. Denn solange er nicht genau weiß, welche Voraussetzungen er erfüllen muss, welche Waffen er verwenden darf, welchen Charakter und welche Fähigkeiten die Feinde besitzen, die er besiegen muss – solange er nicht bereit ist, das Urteil des Meisters über seine Möglichkeiten anzunehmen, aus der persönlichen Überwachung durch den Meister Nutzen zu ziehen, wäre es für den Meister nur verlorene Zeit und Liebesmüh. (TL VII, 345)

 

Auf der anderen Seite bewirkt die Stunde zu Füßen des Lehrers, auch ohne dass etwas Besonderes geschehen müsste, wie der physische Besuch eines Konzertsaales oder einer Kirche, eine Erhebung Deines Wesens.

 

Dieses Erlebnis strahlt auf Dein Alltagsleben zurück: Du merkst, welche Heiligkeit trotz allem in dieser heillosen Welt möglich ist. Du wirst Dich bemühen, möglichst viel von dieser erhabenen Stimmung mit in Deinen Alltag hinüberzuretten und sie dort möglichst lange zu bewahren. Du wirst bestrebt sein, Dein irdisches Dasein und das Deiner Umgebung, so weit möglich, diesem Beispiel eines höheren Lebens anzupassen.

 

 

Abschnitt IV: Stufen der Schülerschaft

 

„Ich habe mich daran gewöhnt, regelmäßig vor den Lehrer hinzutreten. Wie sehen die nächsten Schritte auf meinem Weg aus?“

 

Du kannst und musst die Beziehung zu Deinem Lehrer immer weiter vertiefen, verfestigen und verstetigen, damit sich der „Silberne Faden“ der Verbindung bilden kann.

 

 

1. Bewerbung um Aufnahme als Probeschüler

 

Als nächstes bewirbst Du Dich förmlich darum, als persönlicher Schüler eines Lehrers angenommen zu werden.

 

„Ich habe doch schon einen Lehrer, meinen geistigen Vater! Ich bin angebunden an das nächsthöhere Glied in der Kette der Hierarchie. Wozu noch eine Bewerbung?“

 

Natürlich, wohl wahr. Einen Vater hat jeder. Zwischen Lehrer und Schüler im esoterischen Sinn besteht aber ein viel engeres, auch förmlicheres Verhältnis: Du trittst in eine Schule ein, in der Du zu bestimmten Zeiten Unterricht nach einem genauen Plan erhältst. Du übernimmst Dienstverpflichtungen. Du versprichst uneingeschränkten Gehorsam.

 

Eine solche feste, auf die Ewigkeit angelegte Bindung kommt nicht von selbst zustande. Sie erfordert einen wohlüberlegten Antrag Deinerseits und nach genauer Prüfung dessen Annahme durch den Lehrer.

 

 

2. Selbstprüfung

 

Die Bewerbung um Annahme als Schüler ist ein großer Schritt. Lies‘ wieder einmal in den Mahatma-Briefen: Dort ist beschrieben, dass die meisten Bewerbungen mangels Eignung des Kandidaten abgelehnt werden müssen.

 

Der zur Schulung auf diesen Gebieten geeigneten Personen sind sehr wenige. Die Mehrzahl zeigt sich als von Geschlechtsimpulsen überwältigt und ohne umfassende Menschenliebe, ist durch erbliche Belastung in der Körperkonstitution geschwächt oder im schlimmsten Fall an Händen und Füßen gebunden durch die Einbildung, nach Geld jagen zu müssen. Bei der großen Zahl solcher Bewerber ist es offensichtlich, dass es heute wie in früheren Zeiten nur verhältnismäßig wenige Menschen gibt, welche die Voraussetzungen mitbringen, zu individueller Schulung zugelassen zu werden. (TL V, 267) 

 

Vor 21 Jahren gab es unter den 49 Schülern, die an verschiedenen Stellen der westlichen Erdhälfte eingesetzt wurden, nur 3, welche äußerlich und innerlich genügend gefestigt waren, um die Einwirkungen der gegnerischen Kräfte des Zeitalters zu ertragen. (TL III, 85) 

 

Der höchste Weg stellt höchste Bedingungen, die nicht leicht zu erfüllen sind. Der Lohn ist groß, deshalb kann der Preis nur hoch sein.

 

Das Schwierige ist auch am schwierigsten zu erreichen. (FW II, 324) 

 

Daher musst Du Dich gründlich prüfen: Bist Du schon reif für diese Position? Bist Du imstande, die Kraft und den Willen aufzubringen, um die Anforderungen zu erfüllen?

 

Prüfe Dich besser selbst, bevor der Lehrer Dich prüft!

 

Bleibe lieber fern, als später untreu zu werden.

 

Es ist besser, sich nicht zu nähern, als abtrünnig zu werden! (Herz 59) 

 

„Woraufhin soll ich mich prüfen?“

 

Deine Selbstprüfung muss sich vor allem auf eines beziehen: Bist Du in der Lage, Dich mitten in Deinem alltäglichen irdischen Leben an das Gesetz des Schülers zu halten, über das wir gleich sprechen werden.

 

Gewisse unverletzliche Regeln müssen eingehalten, bestimmte unabänderliche Bedingungen erfüllt werden, ehe es euch möglich ist, auch nur den ersten Schritt auf dem „geheimen Pfade“ – dem Pfad der Macht zu tun.

Bildet einen mentalen Spiegel und stellt vor diesen Spiegel mit Hilfe eures Höheren Selbst euer wahres Selbst. Nun befragt den Spiegel mit ernster Bitte um Erleuchtung, wieweit ihr fähig sein mögt, jenen Regeln gemäß zu leben und die Bedingungen zu erfüllen. Fragt die gespiegelte Gestalt nach dem Ausmaß ihrer Willenskraft, ihrer Kraft zur Ausdauer, ihrer Opferwilligkeit, einer Aufopferung, wie sie von einem wahren Neophyten verlangt wird.

In 999 Fällen von tausend wird die Antwort lauten: „Ich habe weder die entsprechende Kraft noch die Fähigkeit zur Erfüllung der Forderungen.“ Behaltet stets in Erinnerung, dass auch nicht eine der euch zur Richtschnur gegebenen Regeln unnötig, keine der Anleitungen überflüssig und keines der geforderten Opfer zwecklos ist. (TL IV, 148)

 

Es wird also weise sein, zunächst für Dich selbst eine Probezeit anzusetzen, in der Du versuchst, nach dem Grundgesetz zu leben, das wir „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“ genannt hatten. Erst wenn Du feststellst, dass Dir das gelungen ist, solltest Du Dich bewerben.

 

„Und dann werde ich angenommen?“

 

Nicht unbedingt. So einfach ist es leider nicht. Es gibt noch viele andere Gesichtspunkte, die der Lehrer zu berücksichtigen hat: Vor allem von Deinem Karma, der Weite Deines Bewusstseins und dem Fortschritt Deiner geistigen Entwicklung hängt es ab, ob Du schon der Schüler eines großen Meisters werden kannst.

 

Bei der Frage der Annahme eines Schülers spielt sein Karma die Hauptrolle. Im Zusammenhang mit der Schülerschaft ist es vor allem sehr wichtig, das Karmagesetz zu kennen und in jeder Hinsicht zu begreifen. So kann eine mit Karma belastete Person nicht hoffen, ein nahestehender Schüler zu werden. Nur jene, deren irdisches Karma fast abgetragen ist, können in den engsten Schülerkreis aufgenommen werden. (HR I/2, 174; Brief vom 29.08.1934)

 

 

3. Annahme als Probeschüler

Andrea Sacchi „Die Vision des hl. Romuald“

 

Wenn ihr Schüler auswählt, beeilt euch nicht zu sehr. Gebt den sich Nahenden drei Aufgaben, damit sie sich offenbaren können, ohne es selbst zu vermuten. Die erste Aufgabe sei die Bejahung des Allgemeinwohls, die zweite die Verteidigung des Namens des Lehrers und die dritte das Offenbaren selbständiger Tätigkeit. (AY 217)

 

Wenn Du bereit bist, wird der Lehrer Dich als seinen persönlichen Schüler annehmen – zunächst natürlich nur zur Probe. Die regelmäßige Probezeit beträgt sieben Jahre.

 

Manche Menschen meinen, sie könnten ohne Gefahr den Lehrer wechseln, doch sie vergessen die drei- und siebenjährige Bewährungsfrist, in deren Verlauf das Band gewoben wird. (FW III, 538)

 

„Das ist aber eine ziemlich lange Zeit.“

 

Bedenke: Deine Stellung als Schüler ist nicht auf Dein derzeitiges, kurzes Erdenleben beschränkt. Sie gilt grundsätzlich zeitlich unbegrenzt über viele Existenzen hinweg, sowohl auf der materiellen Ebene als auch nach dem Tod Deines Körpers in der Jenseitigen Welt. Als Vorstufe für eine derart ewige Verbindung sind sieben Jahre Prüfung nicht viel.

 

Es liegt allein in der Hand des Lehrers, die Probezeit zu verlängern oder zu verkürzen.

 

*****

 

Mit Deiner Annahme als Probeschüler ändert sich Dein Leben vollkommen. Die geistige Realität: „Ich bin ein Meisterschüler“ muss hinfort Deine gesamte materielle Existenz färben und bestimmen. Hören wir die ewigen Worte des Mahatma Hilarion:

 

An den Schüler der Meisterseele des Universums: Mit dem Augenblick, in dem du die Schwelle des fest verriegelten Tores überschritten hast, das jetzt die Dinge des Geistes von denen des Fleisches scheidet; in dem du allen so lange geliebten und vertrauten Freunden und Gefährten der Vergangenheit Lebewohl sagst, um dich zu neuem Dienst zu gürten – von diesem Zeitpunkt an ist das Leben für dich verwandelt. Von diesem Augenblick an hat sich deine Lebensanschauung geändert. Du bist nicht mehr dein eigener Herr, du hast nicht länger das Recht, die bequemen Dinge und Vergnügungen desjenigen Teiles des Lebenspfades für dich zu beanspruchen, den du verlässt. Du hast nur das Recht auf Entsagung und auf die Freuden der Innenschau. (TL III, 105)

 

Das Ziel Deines Lebens ist es jetzt: Du willst noch in diesem irdischen Leben endgültig als persönlicher Schüler angenommen werden. Alles andere muss diesem großen Vorhaben dienen oder sich ihm unterordnen.

 

Als Beispiel steht uns Milarepa vor Augen, der sich vornahm, in einem Leben die Buddhaschaft zu erlangen, und dieses noch viel höhere Ziel tatsächlich erreichte. (Nikolaus Roerich „Milarepa“)

(Siehe das lesenswerte Buch von W. Y. Evans-Wentz, Tibet’s Great Yogi Milarepa, 2. Aufl. London 1958, bzw. deutsche Übersetzung (nicht ganz vollständig): Milarepa, Tibets Großer Yogi, Bern 1978.)

 

An Deinem äußeren Leben ändert sich wenig. Du gehst weiterhin Deinen weltlichen Verpflichtungen nach. Du hast aber Deiner materiellen Existenz einen anderen geistigen Rahmen gegeben. Das Bühnenbild, die Kulisse, die feinstoffliche Welt, der geistige Hintergrund, vor dem sich Dein irdischer Alltag abspielt, hat gewechselt.

 

 

4. Eintritt in den Aschram des Lehrers

Nikolaus Roerich „Morgenstern“

 

Wir kommen jetzt zu dem entscheidenden Schritt, der Dich erst wirklich zu einem Schüler macht:

 

Ein Schüler im esoterischen Sinn ist ein Mitglied einer Gemeinschaft, die aus dem Lehrer und seinen Mitschülern besteht.

 

Annahme als Schüler bedeutet also gleichzeitig Aufnahme in diese Gemeinschaft. Ihr bildet ab heute eine geistige Familie. Der Lehrer ist Dein geistiger Vater, Deine Mitschüler sind Deine spirituellen Brüder und Schwestern.

 

„Meine neue Familie – eine ungewöhnliche Vorstellung!“

 

Ganz und gar nicht. So war es zu allen Zeiten: Wenn Du ein Schüler Platons werden wolltest, musstest Du in die Akademie eintreten; ein Novize der ägyptischen Mysterien musste in den Tempel, ein Schüler St. Benedikts oder St. Franz von Assisis in sein Kloster, ein Schüler Buddhas oder Gandhis in seinen Aschram und ein Schüler Jesu in den Kreis der Jünger aufgenommen werden.

 

„Aber wie steht es heute? Es gibt doch zur Zeit gar keine Aschrams der Bruderschaft auf Erden!“

 

Heute ist es nicht anders. Nur erfolgt die Aufnahme in den meisten Fällen nicht mehr physisch, sondern im Geist. Du wirst zum Mönch eines Inneren Klosters. Du errichtest den Tempel in Deinem Herzen.

 

„Eintritt in eine Gemeinschaft im Geist? Das scheint mir schwierig zu verwirklichen.“

 

Es geht nicht anders. Bedenke: Wir sprechen von der überzeitlichen Gemeinschaft, zu der Du gehören willst. Ihre Mitglieder sind ohnehin nicht alle zur selben Zeit und schon gar nicht an demselben Ort wie Du auf der Erde inkarniert. Mit ihnen kannst Du Dich also nur im Geist verbinden.

 

Das bedeutet:

 

Wenn Du ein Schüler werden willst, und wenn es nur zur Probe ist, musst Du in den Aschram Deines Lehrers eintreten. (Nikolaus Roerich „Morgenstern“)  

 

Erst mit dem Eintritt werden Deine Stellung als Meisterschüler und Dein Betreten des Geistigen Pfades von einer unverbindlichen, abstrakten Träumerei aus einer Sonntagspredigt zu konkreter Lebenswirklichkeit.

 

Du nimmst jetzt in allen, noch den kleinsten Einzelheiten am Leben Deines Lehrers und an den heilsamen Gewohnheiten Deiner neuen Familie teil. Erst damit bist Du in die Hierarchie eingegliedert, die ja eine Gemeinschaft ist! Dadurch ändert sich Dein Leben vollkommen.

 

*****

 

Du musst klar sehen: Die meisten Jünger der Esoterik machen vielleicht in der Theorie, nicht aber in der Praxis Fortschritte, weil sie das entscheidende Wagnis scheuen: Den Eintritt in den Aschram des Lehrers.

 

Wie dieser Eintritt vor sich geht und wie Dein Leben dort im Einzelnen aussieht, werden wir in der folgenden Sendung „Leben im Aschram des Lehrers“ besprechen.

 

 

5. Neuen Namen wählen

 

Um Deine neue Identität auch äußerlich Wirklichkeit werden zu lassen, solltest Du Dir einen neuen Namen zulegen.

 

„Aber ich habe doch schon einen Namen. Warum genügt der nicht?“

 

Dein bisheriger, bürgerlicher Name Max Müller oder Ida Schmidt bezeichnet Deine vergängliche Persönlichkeit. Die wird in wenigen Jahren schon nicht mehr existieren. Deinem wahren, geistigen Ich, Deiner Ewigen Individualität, musst Du einen anderen Namen geben, um nach außen hin deutlich zu machen: Du bist jetzt ein anderer als zuvor.

 

*****

 

Zu allen Zeiten wurde die Aufnahme in einen Mönchsorden oder eine andere spirituelle Gemeinschaft als zweite Geburt angesehen. Daher gab man dem Novizen zum Zeichen seiner neuen Stellung und Würde einen neuen, einen esoterischen Namen.

 

Auch die Familie Roerich und ihre engsten Mitarbeiter in New York erhielten von den Mahatmas je eigene esoterische Namen:

 

 

Fotographie vom 07.12.1924, sitzend von links: Esther Lichtmann - Enta; Sinaida Lichtmann (geborene Shafran, wiederverheiratete Fosdick) - Radna; Nikolaus Roerich - Fujama; Nettie Horch - Poruma; Frances Grant - Modra; stehend von links: Louis Horch - Logwan; Sofie Shafran - Smotrjatschaja; Swetoslaw Roerich - Ljumou; Maurice Lichtmann - Nuzija oder Awirach; Tatjana Grebentschikowa - Naru und Georgij Grebentschikow - Taruchan. Nicht auf dem Bild: Helena Roerich - Urusvati und Jurij Roerich - Udraja.

 

 

Abschnitt V: Das Gesetz des Schülers

 

Zu allen Zeiten gehörte zum höheren Weg spirituelle Disziplin: In der Schule Buddhas, unter den Jüngern Jesu, bei den Pythagoräern, Essenern und Sufis nicht anders als in den mittelalterlichen Orden der Zisterzienser, Johanniter oder Tempelritter.

 

Disziplin ist der Anfang von allem. (BGM II, 250)

 

Die Menschen erfassen die Grundlage der Lehre Buddhas nicht. Die Grundlage ist Disziplin.

Geistig und körperlich strebte der Mönch der Gemeinschaft danach, auf dem Pfad zu bleiben. In den ersten Jahren ertrug er schweren Gehorsam. Es war ihm untersagt, sich durch asketische Übungen abzutöten, doch war es ihm auferlegt, den Kampf allein nach den Grundlagen des Geistes zu führen. So streng lehrte Buddha die Schüler. Wahrlich, nur am geistigen Kampf fanden sie ihre Freude, deshalb spricht man von den Dornen des Pfades.

Erst als der Wille des Glaubenskämpfers löwenähnlich wurde und der silberne Zügel des Geistes auf den Gefühlen des Schülers glänzte, lüftete der Herrscher ein wenig den Schleier und gab eine Aufgabe. Erst dann wurde der Schüler allmählich in die Geheimnisse des Wissens eingeweiht. (BGM II, 251 [254])

 

Der Weg der Lehre ist heute der gleiche wie zu Zeiten Buddhas. Um sich zu nähern und höchstes Vertrauen zu erlangen, sind die gleichen Voraussetzungen nötig: Ehrfurcht vor der Hierarchie und Disziplin des Geistes. (HR I/1, 37; Brief vom 11.02.1929 [laut deutscher Ausgabe: 11.02.1929]) 

 

Diese Disziplin ist kein Selbstzweck. Sie dient auch nicht der Knechtung. Sie ist vielmehr ein notwendiges Mittel, um das höchste Ziel zu erreichen: Sie ermöglicht erst ein geistiges Leben Deiner Seele und eine innere Entwicklung. Das Befolgen der Regel fördert das Wachstum des Göttlichen in uns; jeder Verstoß beschmutzt und schwächt es.

 

Wenn Du das Ziel willst, musst Du auch die Mittel wollen.

 

Die meisten Kandidaten scheitern schon an diesen Äußerlichkeiten.

 

 

1. Unterwerfung unter das Gesetz des Schülers

 

Mit der Annahme als Schüler, selbst wenn es nur zur Probe ist, gilt für Dich ab sofort das Gesetz der Schülerschaft.

 

Wenn ein Mensch damit zufrieden ist, sein Leben unter solchen Bedingungen fortzusetzen, wie die weltlichen Zustände sie darbieten, so ist er von der Meinung der Welt abhängig. Wenn er aber Schüler bleiben will, muss er bemüht sein, die Gesetze der Schülerschaft zu befolgen. (TL III, 115) 

 

Mit dem alten Schlendrian ist es vorbei. Du stehst nun in einer höheren Ordnung als der normale Mensch.

 

Genügt euch die Entwicklung mit der großen Masse, so ist es recht und gut. Wollt ihr euch jedoch über die Masse erheben, so müsst ihr euch höheren Gesetzen unterwerfen als denen, welche die materielle Substanz beherrschen. (TL I, 21) 

 

Das Gesetz des Schülers besteht aus uralten Bräuchen, die in allen Kulturen und allen Religionen im Wesentlichen dieselben waren.

 

Es bestehen gewisse strenge und unabänderliche Regeln für die Entwicklung eines Schülers zum Eingeweihten, und jede dieser Regeln ist einfach in der Methode und so alt wie die Sterne und die Planeten des Sonnensystems. (TL II, 48)

 

Diese von weiter Oben übermittelten gesammelten Erfahrungen dienen nur einem Ziel: Deiner Heiligung!

 

Die erste christliche Ordensregel, die sogenannte „Engelsregel“, wurde dem Hl. Pachomius von einem Engel mit den Worten übergeben: „Durch die Befolgung dieser Gebräuche wird alles Fleisch gerettet werden.“  

 

Deine Erprobung und Prüfung in den nächsten Jahren bezieht sich ganz wesentlich gerade darauf, ob Du imstande bist, nach diesem höheren Gesetz zu leben.

 

Es ist noch möglich, dass wir den mühevollen Weg gemeinsam beschreiten, da Sie, ja Sie allein Ihr Schicksal zu weben haben. Wir können einander noch begegnen: Aber wenn überhaupt, kann es nur entlang und auf jenen diamantharten Felsen sein, mit denen unsere okkulten Regeln uns umgeben, und niemals außerhalb derselben. Nein, niemals können wir unsere weitere Reise –wenn es Hand in Hand geschehen soll –entlang jener überfüllten Heerstraße ausführen, die um sie herumführt und auf der Spiritisten und Mystiker, Propheten und Seher einander heutzutage drängen. Die Menge mag nach einem Sesam-öffne-dich rufen, aber es wird sich niemals öffnen, solange sie sich außerhalb dieser Regeln halten. Diese Gesetze sind das Ergebnis zeitalterlanger Weisheit. Aber wenn jemand ihnen nur gehorsam folgen würde, dann könnten sie dazu gebracht werden, dass sie allmählich seinem Wunsch willfahren und ihm alles geben, was er von ihnen verlangt. Wer zu wissen strebt, darf Leidenschaften und Gemütsbewegungen nicht nachgeben, denn sie zehren den irdischen Körper aus mit ihrer geheimen Kraft. (MB II, 42, 43)

 

Es ist eine vollkommene Änderung Deiner bisherigen Lebensweise erforderlich, wenn Du die Ausbildung eines Meisterschülers durchlaufen willst.

 

Es hat noch kein Studierender der okkulten Philosophie jemals mit Erfolg psychische Kräfte entwickelt, ohne das Leben zu führen, das für derartige Studierende vorgeschrieben ist. Die Regeln, die von den Lehrern des okkulten Wissens in alter Zeit festgelegt worden sind, sind unabänderlich, und es ist nicht der Entscheidung irgendeines einzelnen Lehrers überlassen, je nach den Umständen Gehorsam für sie zu verlangen oder nicht. Wenn Sie es als undurchführbar empfinden, Ihre gegenwärtige Lebensweise zu ändern, dann können Sie so lange nicht erwarten, praktische Instruktionen zu erhalten, als Sie nicht in der Lage sind, die Opfer zu erbringen, welche die okkulte Wissenschaft verlangt; und für jetzt müssen Sie mit solchen theoretischen Belehrungen zufrieden sein, die Ihnen zu geben möglich ist. (MB II, 81) 

 

Die Anforderungen sind auch deswegen so hoch, weil die Mahatmas den Missbrauch von Wissen oder Kräften durch ungeeignete oder gar böswillige Bewerber verhindern müssen.

 

Die okkulte Wissenschaft ist keine Wissenschaft, in der Geheimnisse plötzlich durch schriftliche oder auch mündliche Belehrung vermittelt werden können. Wäre dies so, dann brauchten die „Brüder“ nichts anderes zu tun, als ein Handbuch dieser Kunst zu veröffentlichen, die dann wie die Grammatik in den Schulen gelehrt werden könnte.

Ehe der Neophyt den Zustand erreicht hat, der für den Grad der Belehrung notwendig ist, zu der er berechtigt und für die er geeignet ist, sind die meisten, wenn nicht alle Geheimnisse einfach nicht mitteilbar. Die Empfänglichkeit muss gleich groß sein wie der Wille zu lehren. Die Erleuchtung muss von innen kommen.

Bis dahin kann kein Hokuspokus von Anrufungen, kein Mummenschanz von Zeremonien, können keine metaphysischen Vorträge und Diskussionen und kann keine selbstauferlegte Buße sie geben. Alle diese sind nur Mittel zum Zweck, und alles, was Wir tun können, ist, die Verwendung solcher Mittel vorzuschreiben, die nach den Erfahrungen von Zeitaltern empirisch als geeignet befunden wurden, zu dem begehrten Ziel hinzuführen.

Und das war und ist seit Tausenden von Jahren kein Geheimnis: Fasten, Meditation, Keuschheit in Gedanken, Worten und Handlungen, Schweigen während bestimmter Zeitperioden, um die Natur in die Lage zu versetzen, selbst zu dem zu sprechen, der um Belehrung zu ihr kommt, Beherrschung der tierischen Leidenschaften und Impulse, äußerste Selbstlosigkeit der Motive, die Verwendung von Weihrauch und Räucherwerk –diese alle sind als solche Mittel öffentlich gelehrt worden – seit den Tagen des Platon und Jamblichos im Westen und seit den viel älteren Zeiten unserer indischen Rishis. (MB I, 198, 199)

 

Heute wie zu allen Zeiten ist der höchste Pfad des Weisheitsschülers nur wenigen vorbehalten.

 

Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt. (Mt 22, 14) 

 

Wenn man die Bedingungen und Vorschriften des Yoga darlegt, wird die Zahl derer, die sich anzuschließen wünschen, ganz und gar nicht groß sein. Für sie ist das Ablegen der Selbstsucht furchtbar. Eine solche Lebensweise, in der alle Lasten der umgebenden Unvollkommenheiten auf sich genommen werden, wird für viele nicht nach ihrem Sinn sein. (Hier 451).

 

Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden. (Mt 7, 13, 14) 

 

Die Unterwerfung unter das Gesetz des Schülers ist das erste Kriterium, um die Spreu vom Weizen zu trennen.

 

Das höchste und heilige Gesetz ist nur wenigen gegeben worden. (U I, 83 der englischen Ausgabe, der russischen Version von Uguns und des Spirale-Verlages; in der russischen Erstausgabe nicht enthalten) 

 

Die steilen Pfade führen auf den Berg. Der allgemeine Weg führt nicht zum Heiligen Berg. (BGM I, 141 [158], 213 [239]) 

 

Schon immer haben die wirklichen Lehrer eine strenge Auswahl getroffen und nur wenige Schüler angenommen.

 

Auf der geistigen Ebene geht Qualität vor Quantität.

 

Mit wenigen Treuen erreicht der Lehrer mehr als mit vielen Lauwarmen.

 

Wenn ihr persönlich jeden neuen Schüler so streng wegen einer Verletzung der Regeln der Schülerschaft zur Rechenschaft gezogen hättet, wie ihr selbst manchmal von denen zur Rechenschaft gezogen wurdet, die den Eindruck hatten, dass ihr eure Pflichten in irgendeiner Hinsicht verletzt hattet, hättet ihr heute nicht mehr als ein Dutzend treue Schüler. Aber dieses Dutzend wäre innerlich und äußerlich so weit entwickelt, dass es fähig wäre, jede Stellung im Tempelwerk zu unserer Zufriedenheit zu halten. (TL VII, 350) 

 

 

2. Unterwerfung unter die Regel des Aschrams

 

Wenn Du als Schüler angenommen wirst, selbst wenn es nur zur Probe ist, wirst Du gleichzeitig in den Aschram des Lehrers aufgenommen. Als Mitglied dieser Gemeinschaft musst Du Dich der hier geltenden Regel unterwerfen.

 

Jede Gemeinschaft bedarf einer festen, hierarchischen Ordnung, in die jeder sich einfügen muss. Daran scheitern die meisten esoterischen Projekte unserer Tage.

 

Die Statuten der Gemeinschaft des Wissens sind klar verkündet worden. (AY 93) 

 

Es liegt auf der Hand: Wer die Regel des Aschrams nicht einhalten kann oder will (und zwar nicht nur im Aschram selbst, sondern auch während der Zeit, in der er in die Welt entsandt ist), kann nicht auf Dauer in dieser Gemeinschaft leben, die sich selbst unter dieses Gesetz gestellt hat.

 

Beweist eure Bereitschaft, Gott zu dienen, indem ihr dem Gott dient, der in jedem von euch wohnt. Beweist eure Eignung für die Schülerschaft dadurch, dass ihr den Gesetzen der Schülerschaft gehorcht. (TL VII, 352)

 

„Kultur ist eine Ordensregel“ sagt Ludwig Wittgenstein.  

 

Er will damit  sagen: Wenn eine Gemeinschaft eine höhere Kultur – die Neue Welt – errichten will, muss sie sich an höhere Gesetze halten, als sie für die Mehrheit der Menschen der alten Ordnung gelten.

 

So lasst uns für den irdischen Plan die höchsten Gesetze anwenden. (Hier 291) 

 

„Gilt für den, der schon seit vielen Inkarnationen ein Schüler ist, etwas anderes als für den, der erst noch ein Schüler werden will?“

 

Nein. In beiden Fällen musst Du nach der Regel leben: Einmal, um Deine Stellung als Schüler zu bestätigen, das andere Mal, um sie erst noch zu erreichen.

 

 

3. Reinigung

Tintoretto „Taufe Christi“

 

Der Probeschüler kommt im Aschram, um einen hässlichen Ausdruck für einen hässlichen Sachverhalt zu verwenden, „völlig versaut“ an. Er ist durch seine bisherigen weltlichen Gewohnheiten tatsächlich im geistigen Sinne verschmutzt. Seine groben Ausstrahlungen stinken und verpesten die reine Luft an diesem heiligen Ort. Es ist also zunächst eine gründliche Reinigung erforderlich.

 

Die allererste Voraussetzung für wahren, zuverlässigen und wirksamen Unterricht ist eine solche Reinigung von Seele und Körper, wie sie nur wenige Angehörige der heutigen Rassen der Erde vorzunehmen gewillt sind. (TL III, 117)

 

Diese Reinigung erfolgt auf ganz natürliche Weise durch die Teilnahme an dem reineren Leben im Aschram. Allein der Aufenthalt an einem heiligen Ort, das Zusammenleben mit spirituell hochstehenden Wesen, das regelmäßige Hintreten vor einen Lehrer und die Befolgung der hier geltenden Grundsätze bewirken schon eine Läuterung – obwohl Du zunächst gar nicht mehr tust, als in Gemeinschaft mit Deiner Familie zu leben.

 

Zu allen Zeiten war das Geheimnis der Klöster:

 

Das Leben an einem heiligen Ort heiligt. (Nikolaus Roerich „Morgenstern“)  

 

Du wirst erfahren: Dadurch, dass Du der Gemeinschaft im Geist beitrittst und hinfort in einem „Inneren Tempel“, dem „Aschram im Herzen“ lebst, kannst Du dieselbe Reinigung erreichen wie wenn Du physisch ein Heiligtum aufsuchst.

 

In Gegenwart des Lehrers – gleich ob sie physisch oder im Geist besteht! – kann es kein grobes, unwürdiges Verhalten, keinen Zweifel und keine Niedergeschlagenheit geben. (Siehe die Sendung „Leben in ständiger Gegenwart des Lehrers“)

 

Kann ich den Herrscher belügen? Kann ich dem Herrscher etwas verbergen? Kann ich in Gegenwart des Herrschers Verrat begehen? (FW II, 118)

 

 

4. Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga

 

„Wie lauten das Gesetz des Schülers und die Regel des Aschrams im Einzelnen?“

 

Konkret bedeutet das: Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga bilden ab sofort den geistigen Rahmen, innerhalb dessen Dein irdisches Leben sich abspielt. Wiederholen wir noch einmal kurz, was die einzelnen Pfeiler gerade für einen Schüler bedeuten:

 

*****

 

1. Pfeiler: Das Bewusstsein der hohen Würde, ein Meisterschüler zu sein, ist die Basis Deiner Existenz. Es bildet sich im Aschram zu Füßen des Lehrers. Du musst es nach dem Abstieg im irdischen Leben bewahren und verteidigen. Du lernst, auf der materiellen Ebene mit der Haltung eines geistigen Schülers aufzutreten.

 

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2. Pfeiler: Die Regeln zur Tagesordnung hältst Du durch Dein Leben im Aschram von selbst ein: Du triffst den Lehrer am Morgen, am Mittag und am Abend. Zu festgelegten Zeiten nimmst Du an Meditation, Studium, Ausbildung und Dienst teil.

 

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3. Pfeiler: Auch die Regeln zur Ernährung befolgst Du automatisch: Solange Du hier wohnst, bleibt Dir gar nichts anderes übrig, als mit der Art und dem (geringen) Maß an Nahrung vorlieb zu nehmen, die in einem Tempel üblich sind. Gewisse Dinge wie Fleisch, Alkohol oder Schokolade gibt es hier einfach nicht.

 

*****

 

4. Pfeiler: Von Gehorsam wollen die meisten nichts hören. Unsere Sendungen zu diesem Thema finden wenig Beachtung.

 

Du musst aber dem Lehrer vollkommenen Gehorsam entgegenbringen. Seine Mühe ist vergeblich, und er wird dich nicht als Schüler behalten, wenn Du nicht tust, was er Dir sagt.

 

Es hat auch keinen Sinn, dass Du Dich um die Annahme als Schüler bewirbst, wenn Du nicht gewillt bist, die Weisungen Deines Lehrers auszuführen.

 

Gehorsam ist der Schlüssel zur Einordnung in die Kosmische Ordnung, die Grundlage der Nachfolge und der erste Schritt zur Zusammenarbeit mit den Höheren Mächten.

 

Schließlich kann keine Gemeinschaft, auch nicht der Aschram eines Lehrers, ohne die Geltung des hierarchischen Prinzips bestehen.

 

*****

 

5. Pfeiler: Das Leben in zwei Welten realisierst Du von selbst, wenn Du am Morgen zunächst im Geist den Aschram aufsuchst, tagsüber mit Aufträgen in die Welt hinabsteigst und abends wieder in das Heiligtum zurückkehrst.

 

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6. Pfeiler: Selbstlosigkeit übst Du auf natürliche Weise durch Dein Leben in der Gemeinschaft. Deine erfahreneren Mitschüler werden Dir Deinen Egoismus schon austreiben!

 

Die meisten selbstsüchtigen Genüsse Deines alten Lebens wirst Du in einem Tempel aufgeben müssen. Deine Freuden sind ab jetzt die Meditation, der geistige Aufstieg und der Dienst.

 

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7. Pfeiler: Die Höhere Verbindung, das Gespräch mit Deinem Lehrer wird zu einem selbstverständlichen Teil Deines neuen Lebens: Du triffst ihn ja am Morgen, am Mittag und am Abend.

 

Die Meditation, besonders am Abend, ist geradezu ein Prüfstein für die Einhaltung der anderen Regeln: Verstöße gegen die Bräuche betreffend Tagesrhythmus und Ernährung machen die Höhere Verbindung unmöglich.

 

Du wirst schnell feststellen: Wenn Du am Abend noch eine Mahlzeit einnimmst, dabei viel und schwer isst und Dir vielleicht sogar ein Gläschen Wein gönnst, bist Du natürlich kein schlechter Mensch. Eine Verbindung mit der höheren Welt, ein geistiges Gespräch ist in diesem Zustand aber nicht mehr möglich!

 

Auch hier gilt: Du musst den Tag vom Ende her denken und alles vermeiden, was Deine höchste Freude, die Zwiesprache mit Deinem Vater am Abend hindert.

 

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8., 9. und 10. Pfeiler: Dienst und Ausbildung sind die wesentlichen Bestandteile Deines neuen Lebens als Schüler. Du erhältst an jedem Tag einen Auftrag für den selbstlosen Dienst am Allgemeinwohl und eine Aufgabe für Deinen persönlichen geistigen Aufstieg.

 

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Natürlich musst Du Dich nicht nur im Aschram, sondern auch dann, wenn Du Dich auf der materiellen Ebene aufhältst, an diese Regel halten. Du siehst, wie der Eintritt in den Aschram des Lehrers Dein Leben vollständig verändert.

 

 

5. Kein Zwang

Duccio di BuoninsegnaMaestà - Der zwölfjähriger Jesus im Tempel“

 

„Disziplin, Gesetz des Schülers, Regel des Aschrams: Das klingt ein wenig nach Einengung und Unterdrückung.“

 

Das ist ganz falsch! Du darfst die Unterwerfung unter die spirituelle Disziplin auf keinen Fall als Zwang empfinden! Dann hätte der Eintritt in den Aschram keinen Wert. Wenn Du die Bräuche der höheren Kultur, die hier herrschen, als Belastung empfindest, gehörst Du Deinem Wesen nach nicht hierher.

 

*****

 

Du lebst im Haus Deines Vaters, Deines wahren, geistigen, ewigen „Vaters im Himmel“. Sprich doch wie der zwölfjährige Jesus im Tempel:

 

Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist? (Luk 2, 49)

 

Dort, wo Dein geliebter Vater wohnt, willst Du auch wohnen. Es ist Dein höchstes Glück, ihm nahe zu sein und an der Heiligkeit seiner Wohnstätte teilzuhaben – die doch gerade durch die Regel geschaffen wird! Wenn es Dich nicht mit Freude und Begeisterung erfüllt, hier leben zu dürfen, bist Du hier fehl am Platz, dann ist Dein Himmel woanders.

 

*****

 

Außerdem kann man den Höheren Weg gar nicht anders als freudig gehen!

 

Knurrend kommt man nicht weit. (FW I, 524)

 

Streng ist der Pfad der Annäherung an die Bruderschaft. Irdische Freuden schwinden, doch viel höhere und tiefere Freuden nehmen ihren Platz ein. Man muss aber lernen, ihnen gewachsen zu sein: Der Freude der Nähe der Weißen Bruderschaft, der Freude der Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Ihr, der Freude der steten Erweiterung und Vertiefung der Lebensauffassung sowie des Begreifens der wirkenden kosmischen Gesetze. Nicht gering ist auch die Freude über den Kontakt mit den harmonischen Herzen der engsten Freunde und Mitarbeiter. (HR II/2, 358; Brief vom 19.07.1937) 

 

 

6. Eine Woche bei Helena Roerich im Kulutal

 

„Das ist doch alles noch sehr abstrakt und ziemlich weit von meinem Alltagsleben entfernt. Kannst Du uns nicht ein praktisches Beispiel aus der heutigen Zeit zeigen?“

 

Sehen wir uns Helena Roerich an. Sie hat die letzten etwa 20 Jahre ihres Lebens abseits von der Welt im Himalaya, im Kulutal in der Nähe der Mahatmas verbracht.  

 

Von dort aus hat sie die Mitarbeiter und Agni Yoga-Gruppen in Amerika und Europa brieflich geführt. Schon der Empfang eines solchen Briefes von ihrer Hand war ein Privileg, um das man beneidet wurde.  

 

Noch größer war die Ehre, Helena Roerich für einige Wochen oder gar Monate im Kulutal besuchen zu dürfen. Sie wurde nur den ganz wenigen zuteil, die dafür reif waren. Auch hier gab es kleine Eifersüchteleien: Wer steht ihr am nächsten? Wer darf wann, wie oft und wie lange zu ihr? Warum darf er hin, ich aber nicht?  

 

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Nun stelle Dir vor: Du wirst eingeladen, einige Zeit mit dieser großen Lehrerin zu verbringen. Werden das nicht die schönsten und bedeutsamsten Tage Deines Lebens sein?

 

Du wirst Dich ganz natürlich und selbstverständlich den Bräuchen an diesem Ort anpassen: Du wirst morgens früh mit Helena Roerich aufstehen, zusammen mit ihr einige körperliche Übungen machen, die Bruderschaft anrufen, meditieren und die Lehre lesen.  

 

Du wirst ganz natürlich und selbstverständlich ihr äußeres Leben in allen Einzelheiten nachahmen, z. B. was das Essen und die Einteilung des Tages angeht – das bringt schon das Zusammenleben mit ihr notwendig mit sich.

 

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Du wirst stolz und glücklich sein, wenn Du an ihrem Großen Werk mitwirken, ihr Arbeit abnehmen kannst und von ihr Aufträge zur Ausführung erhältst, z. B. Briefe schreiben oder Übersetzungen anfertigen.

 

Du wirst geradezu begierig danach sein, Belehrungen darüber zu erhalten, wie Du Dich vervollkommnen kannst, welche die nächsten Schritte auf Deinem persönlichen Geistigen Pfad sind. Du wirst in ihrer Gegenwart, unter ihrer Aufsicht (die sich von selbst aus dem Zusammenleben ergibt) fleißig die Übungen praktizieren, die sie Dir auferlegt – weil Du spürst, wie Du daran jeden Tag ein Stückchen wächst.

 

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Grobes, unwürdiges Verhalten (Gereiztheit, Nachlässigkeit, Unreinheit, Ärger, Beleidigungen, Brüllen oder gar Aggressivität) verbietet sich von selbst in ihrer Gegenwart. Du wirst also allein dadurch erhoben, dass Du mit ihr in der erhabenen Atmosphäre ihrer Welt zusammenleben darfst und Dir dort gewisse Dinge einfach nicht mehr erlauben kannst. (Swetoslaw Roerich „Helena Roerich“)

 

Es gibt im Kulutal, an diesem heiligen Ort, keinen Tabak, keinen Alkohol, kein Fleisch und keine Schokolade, keine Restaurants, keine leichten Mädchen und keine Fußballspiele.

 

Wenn Du also die Lust auf diese oder ähnliche Vergnügungen noch nicht abgelegt hast, wirst Du ihre Wohnstätte verlassen (und zwar, weil Du Dich schämst, heimlich durch die Hintertür!) und ein paar Kilometer bis ins nächste Dorf laufen müssen. Du musst dann aus dem Heiligtum fliehen und die Nähe zum Lehrer aufgeben.  

 

Aber meinst Du wirklich, Du könntest Dich Helena Roerich bei der Rückkehr wieder nähern, nach Bier oder Zigaretten riechend, mit einer von weltlichen Begierden gesättigten Aura? Das ist einfach undenkbar!  

 

Wenn Du auch nur einen Funken von Feingefühl bewahrt hast, wirst Du nicht wagen, sie und ihre Wohnstätte derart zu beschmutzen. Und sie würde das auch gar nicht zulassen – aber nicht, um Dich zu disziplinieren oder gar zu bestrafen, sondern zu ihrem eigenen und des heiligen Ortes Schutz!  

 

Durch Annahme eines Schülers nimmt der Lehrer ihn in sein Bewusstsein auf und knüpft zu ihm ein unsichtbares, doch stets wirksames Band. Von diesem Augenblick an weiß der Lehrer in jedem Moment, was mit seinem Schüler vorgeht. Er kennt jeden seiner Gedanken, selbst den flüchtigsten, und er lenkt den Schüler entsprechend. Man muss daher verstehen, wie schwer, wie unerträglich für das Hohe Bewusstsein des Lehrers durch ungeläutertes Denken des Schülers hervorgerufene unharmonische Schwingungen sein würden, wie unstatthaft bei einem solchen nahen, heiligen Band mit dem Lehrer jede unausgelebte Lust sein würde. Jede disharmonische Schwingung unterbricht den Strom dieser Verbindung, und falls sich dies wiederholt, kann sie abbrechen. (HR I/2, 175; Brief vom 29.08.1934) (Swetoslaw Roerich „Helena Roerich“)

 

Du siehst: Es gibt keinerlei Zwang! Vielmehr ergeben sich aus der Natur des Zusammenlebens mit einem hohen Geist von selbst gewisse unabänderliche Notwendigkeiten.   

 

Du kannst, wenn Du in diesem Himmel bleiben willst, gar nicht anders, als alles zu unterlassen, was das gemeinschaftliche Leben mit den hier wohnenden hohen Wesen unmöglich macht.  

 

Niemand diszipliniert Dich! Niemand bestraft Dich! Du selbst zerstörst Dein eigenes Glück, wenn Du so sehr Sklave Deiner Begierden bist, dass sie Dich zwingen, Deinen Himmel zu verlassen!

 

„Ich verstehe jetzt das Konzept des Eintritts in den Aschram des Lehrers im Geist: Ich lebe so, wie ich leben würde, wenn ich tatsächlich bei meinem Lehrer wohnen würde. Dafür ist seine physische Gegenwart gar nicht erforderlich.“

 

Spätestens nach dem Tod kannst Du in der Feinstofflichen Welt tatsächlich mit Helena Roerich oder einem anderen großen Lehrer in seinem Aschram zusammenleben. Aber nur, wenn Du Dich in Deinem derzeitigen irdischen Leben so auf dieses hohe Ziel vorbereitest, dass Du tatsächlich reif bist, eingelassen zu werden. Die beste Vorbereitung ist zweifellos, schon jetzt auf Erden zu üben, in diesem Himmel zu leben.

 

Wie das gelingen kann, werden wir in der Sendung „Leben im Aschram des Lehrers“ besprechen.