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SENDEREIHE

 

„DER  WEG  DES  SCHÜLERS“

 

SENDUNG 1: Wie findest Du Deinen Lehrer?

 

 

Liebe Agni Yogis,

 

wir sprechen heute über ein zentrales Thema der Praxis des Agni Yoga: Wie kannst Du Deinen Lehrer finden?

 

Agni Yoga beharrt darauf: Ohne Lehrer gibt es keinen Fortschritt auf dem Geistigen Pfad. Allein kommst Du gar nicht oder jedenfalls nur so quälend langsam voran, dass Du den Anschluss an den Fortschritt der Evolution verlierst.

 

Es heißt klar und unmissverständlich: Ohne Lehrer kannst Du Agni Yoga nicht praktizieren. Dennoch gibt es heute kaum einen Agni Yogi, der seinen Lehrer kennt – oder ihn auch nur ernsthaft und mit aller Kraft sucht.

 

*****

 

Alle Religionen aller Zeiten lehren: Der Geistige Pfad – der Weg zu Gott – besteht darin, jemandem nachzufolgen, der Dir auf diesem Weg ein Stück voraus ist. Das bedeutet: Denselben Weg zu gehen, den alle großen Meister lange vor Dir schon gegangen sind.

 

Nur die Nachfolge gibt allen Bestrebungen die Grundlage. Alles, was existiert, schreitet nach dem Gesetz der Nachfolge voran. Daher geht durch jede Absonderung die Bestimmung verloren. (Hier 61)  

 

Auf diesem Weg kannst Du nicht irren. Wenn Du von ihm abweichst, bist Du verloren.

 

 

Abschnitt I: Nachfolge

Nikolaus Roerich "Gelugpa Monastery"

 

Ohne ein Oben weißt Du nicht, wohin Du Dich wenden sollst und irrst orientierungslos umher. Das ist die Krankheit der heutigen Zeit: Die Menschen erkennen nichts Größeres als sich selbst mehr an und verneinen damit die Hierarchie.

 

Im Dunkel der Nacht suchen wir die führende Hand. (Br II, 358) 

 

 

1. Führendes Prinzip

 

Wenn Du das hierarchische Prinzip in die Praxis des Alltags umsetzen willst, gelangst Du zum Grundsatz der Nachfolge: Es ist ein natürliches Bestreben jeder Kreatur – nicht nur des Menschen –, einen Größeres als sich selbst zu suchen und ihm nachzueifern. In jedem von uns wohnt

 

das heiße Sehnen des menschlichen Herzens nach jemand – nach etwas, das über und jenseits von ihm steht und wodurch es einen vollkommeneren Zustand erreichen kann. (TL I, 6) 

 

Erinnere Dich an Deine Kindheit! Jedes Kind hat seinen Helden. Ist es nicht traurig, dass dieses reine Ideal verschüttet wurde?

 

Auch wisst ihr, dass das Leben ohne einen Helden wie tot ist. Fragt alle Bewohner der Erde, ob es ihnen nie widerfahren ist, vor sich das anziehende Bildnis eines Helden zu sehen? Jedes Schulkind wird bekennen, dass es von Kindesbeinen an in seinem Herzen einen Auserwählten liebevoll gehegt hat. Leuchtende Taten stellten für sie die besten Impulse dar. Sie werden auch eingestehen, dass niemand sie die Verehrung des Helden lehrte, sondern diese Errungenschaft von allein in ihnen wuchs. (Br II, 463) 

 

Wer aufsteigen will, richtet sich zweckmäßigerweise nach denen, die die nächsthöhere Stufe schon erreicht haben. Die kleinen folgen den Großen Seelen. So wird Hierarchie von einem abstrakten Begriff zur Leitlinie Deines Lebens.

 

Nur wenn Unser Bündnis im Leben angenommen wird, kann man die höhere Stufe verwirklichen. So verwirklichen Wir Hierarchie nach dem Gesetz der Nachfolge. (Hier 42 = AY 659) 

 

Wird das kosmische Gesetz erkannt, bildet sich das Verständnis der Kette der Hierarchie. Daher wird der, der der Hierarchie am nächsten steht, der beste Vollstrecker sein. Allein die Erfüllung des Höheren Willens ist die Hierarchie des Dienstes. Nur so verwirklichen Wir das Gesetz der Hierarchie. So geht das Kosmische Recht ins Leben ein. (AY 659)

 

Wachsen kannst Du nur, indem Du Dich an den höheren Stufen orientierst und ihrem Beispiel folgst.

 

Nur die Berührung mit dem Höheren kann die Richtung weisen. (Hier 63) 

 

In Annäherung an einen Größeren wachsen wir. Jede rechte Regung lässt uns wirklich größer werden. (Hier 193) 

 

Nur dort findest Du wahre Vorbilder.

 

Die Bilder der Meisterschaft haben ihn aus den Niederungen der Mittelmäßigkeit gezogen. (TL I, 32) 

 

Die Könige des Geistes – wo sind sie? Oft stellen sich die Menschen auf die Höhe eines Königs des Geistes, vergessen aber, dass die wichtigste Eigenschaft eines Königs des Geistes die Nachfolge eines Hierarchen ist. So möge die Menschheit daran denken und überlegen, wie man ein wahrer König des Geistes werden kann! Nicht durch Selbsterhöhung erreichen wir das Königtum des Geistes. So raten Wir jedem, einem Hierarchen nachzufolgen. (Hier 408) 

 

 

2. Den Meistern folgen

 

Die religiösen Lehren unserer Tage leiden an einem schweren Mangel: Sie vergöttern große Lehrer wie Buddha, Jesus oder Mohammed in einem solchen Maße, dass der gläubige Mensch kaum eine lebendige Verbindung mehr zu ihnen finden kann.

 

Das Mittelalter machte aus Christus ein unzugängliches Idol und beraubte ihn jedweder Menschlichkeit, und daher auch der Göttlichkeit. Solch eine gewaltsame Trennung Christi vom menschlichen Wesen drohte und droht immer noch, den Verkehr der Menschheit mit der Höheren Welt zu unterbrechen. Durch Verkündigung des Dogmas von Jesus Christus als alleinigem Sohn Gottes widerspricht die Kirche sehr dem uns von Jesus Christus gegebenen Gebet: „Vater unser, der Du bist im Himmel ...“ und auch den Worten der Heiligen Schrift: „So schuf Gott den Menschen nach seinem Ebenbild ...“(1. Mos 1,27). So hat die Kirche durch Verkünden der alleinigen Sohnschaft und der göttlichen Natur Christi ihn für immer von der Menschheit getrennt. (HR II/1, 186, 187; Brief vom 02.04.1936)

 

Die Meister versuchen nach Kräften, dieser unheilvollen Tendenz entgegenzuwirken. Sie steigen immer wieder auf die materielle Ebene herab, um sich uns Menschen so weit wie möglich zu nähern. Betrachten wir das Bild eines wirklichen, lebendigen Gottes:

 

Als man anfing, aus Christus ein unerreichbares Idol zu machen, begann eine Periode von Christus-Visionen in den lebendigsten Formen. Er zeigte sich als Nahestehender, indem er ins Leben eintrat. Nach Augustinus begann die Kirche in die Dunkelheit des Mittelalters zu versinken, und Christus fand sich hinter goldene Gitter gesperrt vor. Um diese zu brechen, stieg Christus sogar in niederen Gestalten herab, nur um wieder die Größe der Gemeinschaft der Einheit zu offenbaren. (BGM II, 125)

 

Als Agni Yogi dagegen weißt Du: Alle höheren Wesen bis hinauf zu Gott waren einmal ganz normale Menschen wie Du und ich. Sie lebten in Verhältnissen, nicht besser als die unsrigen heute, und haben sich von dort aus emporgearbeitet.

 

Man sollte sich eine Große Seele nicht als völlig abgesondert vorstellen. Jeder Mahatma begann seinen Aufstieg inmitten eines Volkes und hatte bloß den Mut, den schweren Pfad der Großen Seele zu wählen. (Hier 304)

 

Wie die Gottessöhne sich von ganz unten erhoben haben, so hast auch Du als Schüler, der es ihnen nachtun will, keine andere Wahl, als ihnen auf demselben Weg zu folgen.

 

Jeder einzelne von uns muss denselben rauhen Pfad erklettern, den die Meister in Einsamkeit, Armut und Anstrengung gegangen sind, falls wir die Höhen erreichen wollen, auf denen sie stehen. (TL VII, 353) 

 

Um die ganze Substanz der Schöpfung auf das Niveau des Bewusstseins zu heben, auf dem sich die Schöpfer selbst befanden, war es notwendig, dass diese Substanz ihrerseits all das durchlief, was die Schöpfer zuvor in anderen Welten, in anderen Leben durchlaufen hatten. (TL VII, 347) 

 

Die Verehrung eines Meisters allein ist abstrakt und tot. Die Nachfolge eines Meisters ist eine lebendige Praxis des täglichen Lebens.

 

Das Buch des Thomas von Kempis „Die Nachfolge Christi“ wurde seit langem im Osten gewürdigt, nicht nur wegen seines Inhalts, sondern auch wegen der Bedeutung seines Titels. Inmitten der mittelalterlichen Vergötterung Christi erhob sich die Stimme Thomas’ zum Protest. Aus den Mauern eines katholischen Klosters heraus ertönte eine Stimme, um das Bildnis des Großen Lehrers zu beleuchten.

In dem Wort „Nachfolge“ selbst ist lebendige Tätigkeit enthalten. Die Formel „Nachfolge Christi“ offenbart eine Heldentat der Kühnheit, die einem bewussten Geist eigen ist, der die ganze Verantwortung der Schöpfung auf sich nimmt. Der bewusste Schüler wagt es nämlich, sich dem Lehrer in der Nachfolge zu nähern.

Im Einklang mit dem unterwürfigen Bewusstsein des Mittelalters wäre es passend gewesen, von „Verehrung Christi“ zu sprechen, doch der aufsteigende Geist wagte es, zur Nachfolge aufzurufen. (AY 13)  

 

Was ist natürlicher, als denen zu folgen, die Dir auf dem Weg ein paar Schritte voraus sind?

 

Ich sage euch: „Folget mir“ (denn tragen kann ich euch nicht) und zeige euch die Meilensteine auf dem Pfad, den ich selbst gegangen bin. (TL I, 25)  

 

Es ist von größter Wichtigkeit, dass Du erkennst: Das ganze Bestreben, der ganze Erfolg eines Meisters liegt darin, zur Nachahmung anzuregen. Er ist auf die Erde gekommen, um Jünger zu finden, die ihm zu den höheren Stufen folgen. Wenn er niemanden überzeugen kann, denselben Weg zu beschreiten, war sein Opfer umsonst und seine Mission ist gescheitert.

 

Worin besteht der Erfolg eines Yogi? Weder in der Anziehung der Massen noch in der Bekehrung der Menge. Doch nahe den Werken des Yogi kann man bewusste und unbewusste, freiwillige und unfreiwillige Nachahmungen gewahren. Die Menschen beginnen, das gleiche zu tun. Sogar Feinde folgen fluchend dem gleichen Weg. Es ist, als ob sich um die Taten eines Yogi eine besondere Atmosphäre gesammelt hätte.

Dies ist wirklicher Erfolg, wenn weder Gold noch Menge, sondern das unsichtbare Feuer menschliche Herzen entflammt. Mit dem Wunsch nachzuahmen betreten sie dieselbe Atmosphäre. Der Yogi ist kein Prediger. Er erscheint selten; doch die anvertrauten Werke wachsen in einer eigenen Farbe. Andere anerkennen selbst das Blühen dieser Werke nicht, deren Bestimmung es ist, nicht zu verzehren, sondern zu entflammen. (AY 375) 

 

Jesus ist ein Meister, der uns einen Weg gewiesen hat und ihn selbst vorangeschritten ist. Er rief unmissverständlich dazu auf, ihm auf diesem Weg zu folgen:

 

Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir. (Mt 16, 24)  

 

Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist mein nicht wert. (Mt 10, 38)  

 

Die Menschen entstellen sein Anliegen schrecklich, wenn sie ihn in den Himmel heben und mit einem Kranz undurchdringlicher Dogmen verhüllen, anstatt ihm ganz einfach auf dem Geistigen Pfad nachzufolgen.

 

Jede Forderung, die Jesus sich selbst auferlegte, stellte Er auch jedem anderen Mann, jeder Frau in der Welt, und Er forderte nur eines: Sie sollten demselben Pfad folgen, den Er gegangen ist, wenn sie den gleichen Stand erreichen wollten. (TL VI, 316) 

 

Die Quelle dieser Entstellung ist Bequemlichkeit: Die fatale Neigung, lieber in abstrakter Verehrung zu schwärmen, als das eigene tägliche Leben entsprechend den Geboten des Lehrers neu zu gestalten.

 

Wer da sagt, dass er in ihm bleibt, der soll auch wandeln, gleichwie er gewandelt ist. (1. Joh 2, 6)  

 

Ein Christ zu sein heißt, wie Christus zu werden. Ein Buddhist zu sein heißt, wie Buddha zu werden.

 

Wenn der Jünger vollkommen ist, so ist er wie sein Meister. (Luk 6, 40) 

 

Ein jeder von Euch kann ein Jünger Christi sein: Ihr müsst ihm nur nachfolgen! Wer das am weitesten und am treuesten tut, wird Ihm ähnlich und erneuert damit Sein Bild auf Erden – so wie es als leuchtendes Beispiel der Hl. Franz von Assisi getan hat.

 

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Die höheren Stufen beobachten uns Menschen und wissen sehr genau, wer von uns Ihnen wirklich nachfolgt, wer nur leere Worte macht und wer sich gegen Sie stellt.

 

Wir besitzen eine Liste von jenen, die dem Hierarchen nachfolgen, von jenen, die den Hierarchen verleugnen, und von jenen, die das Höchste offen bekämpfen. (Hier 409) 

 

 

Abschnitt II: Der Lehrer

Nikolaus Roerich "Guru"

 

Es ist im geistigen Sinne eine Katastrophe: Das Abendland hat seit vielen Jahrhunderten, seit der Blütezeit der Mönchsorden, keine wirklichen Lebens-Lehrer mehr hervorgebracht: Nämlich Meister, die die Heiligung ihres Selbst am eigenen Leibe üben und Schüler anleiten, es ihnen nachzutun.

 

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Unsere Kultur produziert Priester, die sonntags auf der Kanzel schöne Worte machen, und Berge von abstrakter, bequemer und unverbindlicher Literatur, aber niemanden, der ein Zeichen setzt und selbst auf dem Geistigen Pfad, dem ewigen Weg der Seele derart beispielgebend voranschreitet, dass er die Besten zur Nachfolge inspiriert.

 

Die Welt ist an Lehrern verarmt. (Br II, 866)  

 

Es ist so weit gekommen, dass das, was die höchste Bestimmung eines jeden Menschen ausmacht – die Nachfolge eines großen Meisters –, als unerhört angesehen wird. Es fehlen uns eine ganze Tradition, Geistesverfassung und Bereitschaft, die bitter nötig sind, wenn es im geistigen Sinne wieder aufwärts gehen soll.

 

Der Gedanke des Gehorsams gegenüber einem Lehrer ist dem Menschen fremd. (Hier 30) 

 

Das Gesetz der Hierarchie verlangt, dass der abendländische Mensch das östliche Konzept von Lehrer und Schüler (Guru und Chela) übernimmt. Nur so können wir eine neue, höhere, schönere Stufe der Evolution errichten.

 

Gesegnetes Indien! Du allein hast die Begriffe Lehrer und Schüler bewahrt. Man mag einen Hinduknaben fragen, ob er einen Guru haben möchte. Als Antwort bedarf es keines Wortes, denn die Augen des Knaben werden Wunsch, Streben und Hingabe zum Ausdruck bringen. (AY 205) 

 

Erst wenn Du Dich entscheidest, einen Lehrer zu nehmen und Ihm nachzufolgen, wird der Geistige Pfad von einer toten, unverbindlichen Abstraktion zu einer lebendigen, Dein alltägliches Dasein gestaltenden Wirklichkeit.

 

Es ist geradezu das Wesen des Geistigen Pfades, einen Seelenführer zu erwählen und sich als sein würdiger Schüler zu erweisen.

 

 

1. Kein Fortschritt ohne Lehrer

 

Niemand von Euch würde auf die Idee kommen, mit einem Handwerk, einem Musikinstrument wie Klavier oder Geige, oder einem Sport wie Tennis oder Schach zu beginnen, ohne zunächst bei einem Meister des Faches in die Lehre zu gehen.

 

Sobald die Menschen den Begriff Lehrer annehmen, wird eine neue Stufe vorbereitet. Viel, sehr viel verliert die Menschheit durch die Nichtannahme dieses Begriffs. Alle neuen Wege sind der Menschheit sonst versperrt, und das Suchen muss mit dieser Annahme beginnen. (U II, 494 [94])

 

Natürlich blockierest Du nur Deine eigene Entwicklung, wenn Du Dich weigerst, von denen zu lernen, die es besser wissen als Du.

 

Der Schüler, der den Lehrer zurückweist, bezeugt damit seine Unwissenheit, denn er hemmt seine Entwicklung. (Hier 128)

 

Das gilt auf dem Geistigen Pfad ganz besonders.

 

Der Pfad des einzelnen kann nicht ohne Höhere Führung durchschritten werden. (FW III, 90)

 

Wachstum des Bewusstseins erfordert den unmittelbaren Kontakt mit dem Magneten eines bereits feurigen Bewusstseins. (FW I, 662)  

 

Es ist der Lehrer, der den Schüler zu sich auf die höhere Stufe hinaufhebt.

 

Wahrlich, wer erhebt denn den Geist des Schülers, wenn nicht sein Lehrer? Nur das Höhere kann das Niedere vorwärtsbewegen. (U II, 760 [360]; AY 665)

 

Die Führende Hand ist die Erhebende Hand. (Hier 33) 

 

Es wäre schlicht unzweckmäßig, nicht von  zu folgen, die weiter sind als wir.

 

Durch Übergabe der Synthese aller Erfahrungen an einen Schüler hilft ihm der Lehrer, kostbare Zeit für weitergehenden und schnelleren Fortschritt sowie für individuelle Kreativität zur Verfügung zu haben. Was würde wohl mit der Evolution geschehen, wenn nicht ständig Erfahrungen weitergereicht würden? Wenn jeder nur durch persönliche Erfahrungen lernen könnte und die Führende Hand zurückweisen würde, hätten wir uns von den Ahnen der Steinzeit nicht weit entfernt! (HR I/1, 88, 89: Brief vom 21.01.1931)

 

Jesus hat nichts anderes gelehrt.

 

Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Joh 14, 6) 

 

Es ist unmöglich, Agni Yoga ohne Lehrer zu praktizieren.

 

Wo es keinen Feurigen Lehrer gibt, dort wird man nicht auf die Lehre ausgerichtet sein. Ohne den Feurigen Lehrer, ohne das Streben des Geistes zur Welt des Lehrers kann man die erhabene Lehre nicht verwirklichen. Das Führende Prinzip ist der Feurige Lehrer. Ohne Ihn kann man nicht durchkommen, ohne Ihn kann man nicht vorankommen, ohne Ihn kann man nicht ans Ziel kommen. (FW III, 154)

 

 

2. Kein Aufbau ohne Führung

Nikolaus Roerich "Krieger" (Entwurf für die Oper Fürst Igor)

 

Wer sich außerhalb der Hierarchie stellt, wird den wahren Weg nicht finden und seiner Bestimmung nicht gerecht werden können. Es ist traurig zu sehen, wie auf diese Weise viele große, gut gemeinte Anstrengungen ohne Wirkung bleiben.

 

Gründet das Verstehen nicht auf der Hierarchie, wird der Brennpunkt nicht so lebhaft in Erscheinung treten, und wer sich absondert, kann den Weg zu Uns nicht finden. Deshalb gibt es so viele umherirrende Schatten, die den erwiesenen Schlüssel nicht umdrehen können. So gehen viele Bestrebungen im Raum verloren. (Hier 171) 

 

Die Nichtanerkennung des Lehrers lässt den Schüler ohne Führung; und keine Tat dieser umherirrenden Geister hat aufbauende Bedeutung. So muss jedes geistige Streben auf das Suchen nach einem Führer gerichtet sein. (Hier 140) 

 

Hast Du Dich schon einmal gefragt, warum Deine Bemühungen keinen Erfolg haben? Nur ein Hierarch kann Dein Handeln in die richtigen Bahnen lenken.

 

Wer ohne Hierarchie aufwärtsstrebt, kann mit einem Bogenschützen verglichen werden, der mit geschlossenen Augen Pfeile himmelwärts schießt und hofft, dass einer der Pfeile einen Vogel trifft. Jede Zufälligkeit muss aus dem Leben verbannt werden. Wir wissen, in welche Richtung wir schreiten, und wir vertrauen unserem Führer – nur so wird kein Pfeil ziellos verlorengehen. (Hier 193)  

 

Deshalb ist der feste Anschluss an die Hierarchie die unabdingbare Grundlage eines jeden Aufbaus.

 

Wie kann ein Baum kräftig dastehen, wenn man darangeht, ihn zu entwurzeln? Allein die Verbindung mit dem reinen Strom verleiht den Kräften Gleichgewicht. Daher können nur die Wurzeln der Hierarchie einen Aufbau stützen. Jede Abweichung fügt dem mächtigen Wachstum Schaden zu. Daher muss man die Kraft begreifen, die der Einheit mit der Höheren Macht entströmt. (Hier 192)  

 

Wie kann man schaffen, ohne einen Höheren Führer anzuerkennen? Wie kann man aufbauen, ohne den Faden zu fühlen, der einen mit dem Hierarchen verbindet? Wie kann man Sendungen erhoffen, wenn sich der Geist nicht entfaltet, um dem Licht zu begegnen? (Hier 127) 

 

 

3. Persönlicher Anschluss an Hierarchie

 

Die Hierarchie ist eine Kette. In diese Kette eingebunden sein bedeutet: Du bist mit einem Kettenglied über und mit einem unter Dir verbunden. Ein jeder von uns ist gleichzeitig sowohl der Schüler eines Höheren als auch ein Lehrer für alle die, die unter ihm stehen.

 

Jeder Lehrer bleibt ein Schüler, denn er ist in der Hierarchie ein Glied in der Kette der Ewigkeit. Ebenso ist auf der absteigenden Linie jeder Schüler ein Lehrer. Es ist ein Irrtum zu denken, dass bestimmte Einweihungen auf die Stufe absoluter Lehrerschaft erheben. (AUM 492) 

 

Man muss auf die Kette der Lehrer hinweisen, von denen jeder der Schüler eines Höheren ist. (AY 333) 

 

Dein Lehrer ist nichts anderes als das nächsthöhere Glied in der Kette der Hierarchie, an das Du Dich fest binden musst. Durch ihn allein bist Du mit den noch höheren Stufen und dem von ganz oben kommenden Höchsten Willen verbunden. Der Lehrer ist Dein ganz persönlicher Anschluss an die Hierarchie.

 

Bei der kosmischen Schöpfung ist alles auf Nachfolge aufgebaut. Nur die Anziehung zur Kette der Hierarchie erweist sich als der Pfad zur Unbegrenztheit. (Hier 164) 

 

Erst indem Du Dich an Deinen Lehrer anschließt, reihst Du Dich in die Kette ein. Dadurch machst Du Hierarchie dort, wo Du gerade stehst, zu einer lebendigen Wirklichkeit Deines alltäglichen materiellen irdischen Lebens. Wie Dir von oben geholfen wird, so unterstützt Du die, die unter Dir stehen. Du folgst Deinem Lehrer, der selbst als Schüler einem noch Höheren folgt, und Deine eigenen Schüler folgen Dir nach.

 

Die offenbarte Reihe der Lehrer leuchtet wie eine interplanetare Perlenkette. Füge deine Perle hinzu! (AY 83)  

 

Immer schon haben die Menschen instinktiv die Nähe zu den großen Meistern gesucht.

 

Die Ausstrahlungen eines reinen irdischen Lehrers erhöhen die Schwingungen von allem, was ihn umgibt, oft über eine ungeheure Ausdehnung. Dadurch wird nicht nur der Raum gereinigt, sondern oft werden auch die Feuer der Individuen entfacht, die den Lehrer umgeben. Aus diesem Grunde galt es in früheren Zeiten als ein großes Privileg, in der Nähe eines Lehrers zu leben und ihm zu dienen, da dies die Möglichkeit bot, sich mit seiner Aura zu verbinden. Der Osten kannte und verehrte diese heiligen Gesetze. Auch heute noch gilt es in Indien als Segen, wenn ein heiliger Mensch sich in der Nachbarschaft ansiedelt. (HR I/3, 165; Brief vom 09.07.1935)  

 

 

Abschnitt III: Den Lehrer finden

Nikolaus Roerich "Pearl of Searching"

 

1. Suchen, Ruf und Antwort

 

Wenn Du also den Weg des Agni Yoga beschreiten willst, musst Du nach Deinem Lehrer, nach der nächsthöheren, führenden Stufe der Hierarchie suchen. Du musst doch Deinen wahren Vater kennen! An wen sonst willst Du Dich wenden, wenn Du in Not bist und Rat oder Unterstützung benötigst? 

 

Freunde, wenn ihr euch Uns nähern wollt, erwählt einen Lehrer auf Erden und übergebt Ihm die Führung. Ihr sollt alle einen Lehrer auf Erden haben! (AY 103) 

 

Deshalb ist der kühne Wunsch, zu suchen, wertvoll. Wer sucht, der findet. Wenn die Wünsche des Geistes erhaben sind, kann er hohe Vorbilder finden, und diese nachahmend, kann er zur Vervollkommnung gelangen. (BGM II, 100) 

 

Es besteht eine gesetzliche Notwendigkeit, auf die Du bauen kannst: Die höheren Stufen nehmen Dich unter Beobachtung, sobald Du durch Dein Suchen, Streben und Handeln Ihre Aufmerksamkeit erweckst.

 

Wie kann man den Lehrer finden? Vergessen wir nicht, dass die Gesetze des Willens die Eigenschaft besitzen, die Aufmerksamkeit dessen anzuziehen, dem der Ruf gilt. (Gem 177)  

 

Ein aufrichtiger, inbrünstiger Ruf des Herzens und die darauffolgenden Taten wirken wie ein mächtiges Funkgerät und erreichen unvermeidlich das Große Herz. Wenn daher Ihr Freund innig zum Licht bestrebt ist, macht ihn allein diese Tatsache dem Großen Lehrer erkennbar. (HR I/3, 150; Brief vom 24.06.1935) 

 

Dieses Gesetz zwingt Deinen Lehrer geradezu, sich Dir zuzuwenden.

 

Der Lehrer vergisst nicht, jedes Zeichen der Hingabe anzunehmen. Hingabe und Bereitschaft schmieden das Band zwischen den Welten. (AY 349) 

 

Jemanden als Chela anzunehmen, hängt nicht von meinem freien Willen ab. Es kann nur das Ergebnis persönlicher Verdienste und Anstrengungen in dieser Richtung sein. Zwingen Sie irgendeinen von den „Meistern“, den Sie sich wählen; tun Sie gute Werke in seinem Namen und aus Liebe zur Menschheit; seien Sie rein und entschlossen auf dem Pfad der Rechtschaffenheit (so wie er in unseren Regeln niedergelegt ist); seien Sie ehrenhaft und selbstlos; vergessen Sie Ihr Selbst, um nur an das Wohl anderer zu denken – und Sie werden jenen „Meister“ gezwungen haben, Sie anzunehmen. (Jinarajadasa, Letters from the Masters of the Wisdom I, Letter VII, p 32, 33)

 

 

2. Reinigung, Verfeinerung, Gehorsam, Streben

Tintoretto "Taufe Christi"

 

Wie findest Du Deinen Meister? Erste Voraussetzung ist: Beschreite selbst den Geistigen Pfad und bewahre Gehorsam gegenüber seinen Gesetzen . Nur so kannst Du ihm beweisen, dass Du würdig bist, als Schüler angenommen zu werden.

 

Wenn wir uns nach dem unaufschiebbaren Kommen des Meisters sehnen, dann sollten die Wege unbedingt gereinigt werden. Man muss sich daran gewöhnen, Tag und Nacht die Weisungen zu erfüllen und von den Statuten durchdrungen zu sein. (BGM II, 271 [274])  

 

Vor allem ist eine gründliche Reinigung erforderlich. Physisch oder seelisch beschmutzt kannst Du nicht wagen, vor das Angesicht eines großen Heiligen zu treten.

 

Zusammenarbeit tritt in Abhängigkeit von der Kraft und der Reinheit seines Denkens ein. Der Lehrer erscheint in Übereinstimmung mit dem Denkniveau des Wanderers. (Br II, 860) 

 

Hat sich der Schüler durch Läuterung für eine Unterweisung durch einen wirklichen Lehrer tauglich gemacht, wird er sie in nicht misszuverstehender Weise erhalten. (TL III, 112)

 

 

3. Ist der Schüler bereit, erscheint der Lehrer

 

Das große geistige Gesetz lautet: „Ist der Schüler bereit, erscheint der Lehrer.“ Der Schüler muss auf dem Weg zu dem großen Ideal, das der Lehrer verkörpert und vorlebt, hohes und starkes Streben entfaltet haben und schon ein gutes Stück vorangekommen sein.

 

Der Lehrer erscheint, wenn der Schüler bereit ist. Dieses Gesetz ist unabänderlich. (HR II/2,404; Brief vom 23.10.1937

 

Der Lehrer wird keinenAugenblick zögern, wenn Er sieht, dass der Schüler bereit ist. (HR I/2, 222; Brief vom 08.11.1934)

 

Was bedeutet Bereitschaft? Helena Roerich gibt dazu drei wichtige Erläuterungen. Bereitschaft erfordert zunächst völlige Hingabe:

 

Wenn die Lehre angewendet wird, wenn die Geduld unverbrüchlich ist, wenn Mut, Furchtlosigkeit und Hingabe mit einer unauslöschlichen Flamme in Ihrem Herzen brennen, dann werden Sie Ihr Ziel erreichen und der Große Lehrer wird nicht versäumen, sichauf irgendeine Art zu offenbaren. (HR II/2, 318; Brief vom 17.05.1937)  

 

Bereitschaft erfordert weiter: Frage Dich: Welche Eigenschaften muss ein Schüler besitzen? Mache Dich daran, sie zu erwerben und hinderliche Gewohnheiten abzulegen.

 

Gerade das große Vermächtnis „Ist der Schüler bereit, erscheint der Lehrer“ wird so selten verstanden. Es gibt nicht viele, die sich fragen, was diese Bereitschaft wirklich ist. Verlangt diese Bereitschaft nicht bestimmte Eigenschaften? Das Schlimme ist, dass die Menschen nicht erkennen wollen, dass die Grundlage dieser Bereitschaft und aller Errungenschaften das Verfolgen eines Hohen Ideals ist, eine feurige Umwandlung aller unserer Gefühle, unseres ganzen Charakters. Die Menschen würden eher etliche Ausschweifungen aufgeben und gedankenlos mechanisch ihr Pranayama abhalten, als eine Gewohnheit abzulegen, die sie aufdem Weg zur geistigen Errungenschaft behindert. (HR I/2, 135; Brief vom 21.07.1934

 

Schließlich bedeutet Bereitschaft: Höchste Konzentration auf das erwählte Ideal, die allen anderen Gedanken vorgeht.

 

Ihre einzige Erwägung ist die Konzentration auf das erwählte Große Ideal, auf das unerschütterliche und unentwegte Streben, sich zu Ihm zu erheben. Solch eine Konzentration besteht unaufhörlich. Was immer solch ein Yogi oder Schüler tut, sein Denken beschäftigt sich mit seinem Ideal. Alles wird im Namen dieses Ideals geleistet, und in seinem Herzen fühlt er immer die Liebe und die Gegenwart dieses Bildnisses.

Wenn solch eine ständige Gegenwärtigkeit des erwählten Bildnisses in das Leben eines Schülers eintritt, ihn nichts mehr ablenkt, dann ist wahre Bereitschaft vorhanden; der Lehrer erscheint, der Schüler wird angenommen und steht nun unter Beobachtung.(HR I/2, 136; Brief vom 21.07.1934)  

 

Nicht Du entscheidest. Allein der Lehrer weiß, wann der Schüler eine Stufe erreicht hat, auf der er für persönliche Belehrungen empfänglich ist.

 

Der Lehrer weiß, wer erkennt und fähig ist, die Gaben zu empfangen. (Hier 407) 

 

 

4. Wie suchen?

 

Suchen bedeutet: Nach Personen Ausschau halten, die Dir nahestehen.

 

Jeder, der den Pfad der Schülerschaft betritt (und das bedeutet nicht nur Studium okkulter Schriften), muss sich zuerst in der Tiefe seines Herzens für den Lehrer der Bruderschaft entscheiden, der ihm am nächsten steht, und sich ohne jedwedeEinschränkung oder Bedingungen der Hohen Führung völlig hingeben. (HR I/2, 85; Brief vom 06.05.1934)

 

Praktisch kannst Du spirituelle Zentren in Deiner Nähe aufsuchen und die geistigen Führer kennenlernen, die dort lehren.

 

Suche auch nach geschichtlichen Epochen und nach Ländern, mit denen Du Dich verbunden fühlst.

 

Sieh Dich nach Gemeinschaften um, denen Du angehörig sein könntest: zum Beispiel Pythagoräer, Platons Akademie, Stoiker, die mittelalterlichen Mönchsorden in ihrer Blütezeit, Samurai oder Theosophen.

 

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Vor allem aber solltest Du die Lebensbeschreibungen, Schriften und Briefe der großen Weltlehrer, Heiligen und Glaubenshelden aller Zeiten und aller Konfessionen studieren, von Pythagoras bis Gandhi, von Katharina von Siena bis Helena Blavatsky. In diesem Kreis wirst Du mit der Zeit sicherlich einen Geist finden, der mit Deinem verwandt ist.

 

Im Text dieser Sendung findest Du am Ende einen Anhang mit einer Reihe von Literaturvorschlägen.

 

Wählen Sie den Licht bringenden Hierarchen, der Ihrem Geist am nächsten steht, und übergeben sich seiner Führung, denn wahrlich, jeder Große Hierarch des Lichts ist eine ReflexionGottes auf Erden. (HR I/3, 43; Brief vom 01.02.1935)  

 

Entwickle Deine psychische Energie, Deine geistigen Kräfte und Deine höheren, feineren, inneren Sinne. Sie werden Dir unfehlbar die richtige Richtung weisen. Nach dem Gesetz der Entsprechung zieht es Dein höheres Ich ganz natürlich zu dem Lehrer, der Dir gemäß ist.

 

Jeder erhält den Lehrer, der seinem Bewusstsein entspricht. (Hier 242) 

 

Euer eigenes Höheres Selbst wird euch den Lehrer bekanntgeben, wenn ihr bereit hierfür seid; denn euer Höheres Selbst steht dauernd in Verbindung mit den Höheren Selbsten anderer, und nur euer Höheres Selbst ist imstande, die Verbindung zwischen euch und anderen auf derselben Linie herzustellen, die karmisch eure Lehrer werden können. (TL III, 117) 

 

 

5. Nicht unbedingt physisch inkarnierten Lehrer suchen

Nikolaus Roerich "Franz von Assisi"

 

Deine Suche muss sich nicht unbedingt auf einen heute lebenden Lehrer richten. Du kannst Dich auch durch einen Benedikt von Nursia oder Ramakrischna, eine Teresa von Avila, Hildegard von Bingen oder Mutter Teresa führen lassen, die nicht mehr physisch auf der Erde weilen:

 

Der Geist, dem sie selbst gefolgt sind, spricht aus ihrem Leben, ihren Worten, ihren Taten und ihren Schriften in einer so deutlichen Sprache, dass auch Du ihm folgen kannst.

 

Es besteht keine Notwendigkeit, den Lehrer in einem Nachbarhaus zu finden; man kann auf Entfernung führen. (Gem 177)  

 

Wenn Ihnen das schöne Bildnis des Heiligen Franziskus so teuer ist, so wählen Sie ihn zu Ihrem Lehrer! Warum sollten Sie einen anderen Guru suchen, wenn Sie bereits einen gefunden haben? Warum sollten Sie dem großen Beispiel des Heiligen Franziskus nicht nacheifern? In unserem heutigen Zeitalter mit seiner beinahe universellen Verehrung des „Goldenen Kalbes“ wäre die Wiederkehr zur Lehre der Armut einesehr begrüßenswerte Gegenüberstellung. (HR II/1, 270; Brief vom 10.12.1936)

 

Natürlich wäre es einfacher, wenn Du Dich einem zeitgenössischen Lehrer anschließen und Dich von ihm unterweisen und helfen lassen könntest. Natürlich wäre es ein Segen für die Menschheit, wenn es an vielen Orten Aschrams mit erleuchteten Meistern und ihren Schülern gäbe, an die der Suchende sich wenden kann.

 

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Wenn dies aber in der heutigen Zeit nicht der Fall ist, weil, wie es in der Lehre heißt, alle Heimstätten des Geistes zerstört sind (AUM 109), bleibt Dir nichts anderes übrig, als nach der noch größeren Errungenschaft zu streben und zu lernen, Dich unmittelbar, ohne Vermittlung durch einen anderen Menschen, vom Geist führen zu lassen.

 

Ohnehin widerspiegelt ein Lehrer, je höher er steht, desto weniger sein persönliches, individuelles Selbst und desto mehr den Geist, der ihn erfüllt.

 

Jeder muss in sich die Möglichkeit der gedanklichen Führung entdecken. (Br II, 837)

 

Das Leben vieler Heiliger, z.B. Katharina von Siena, Johanna von Orléans, Margareta Maria Alacoque oder Bernadette vo Lourdes beweist, dass geistige Führung aus dem Jenseits möglich ist und vielfach praktiziert wird.

 

Wenn ein Mensch sich bis zu dem Grad entwickelt hat, dass es für ihn möglich ist, innerlich die Gegenwart des Christos zu erkennen, wird es ihm persönlich gleichgültig sein, ob der Avatar in einem physischen Körper erscheint oder nicht. Im Verlauf seiner Entwicklung würde ein solcher Mensch in sich ein psychisches Tätigkeitszentrum geschaffen haben, in welchem der mentale Anruf eines anderen, der auf den gleichen Ton gestimmt ist, einen Widerhall finden würde. Vollkommene Hingabe an den Christos und innerliche Gemeinschaft mit Ihm würden das Bewusstsein auf den Grundton des Christos einstimmen. (TL IV, 197) 

 

Die Verbindung mit dem Lehrer ist eine überzeitliche und geistige. Sie ist nicht an die Grenzen von Materie, Raum und Zeit gebunden. Wenn Du Dein Herz öffnest und seinen Saiten zu erklingen erlaubst, ist der Lehrer immer bei Dir, selbst wenn sein Körper den physischen Plan schon vor Jahrhunderten verlassen hat.

 

Der Schüler muss sein Bewusstsein so lenken, dass er im Geist die Anwesenheit des Lehrers erkennt. (FW I, 346)  

 

So sagen die Lehrer selbst:

 

Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Mt 28, 20) 

 

Auch jetzt bin ich freilich im Geiste bei Dir, wenn auch dem Leibe nach abwesend. Bedenke also, auf welche Weise Du mich bei Dir zurückhalten kannst. Um die Wahrheit zu sagen, ich gehe nie von Dir, ohne Dich mitzunehmen. (Hl. Bernhard von Clairvaux, Brief 116) 

 

Jeder unter Euch, der sich dienstfertig, demütig, gottesfürchtig, eifrig in der Schrift, wachsam im Gebet und um brüderliche Liebe bemüht zeigt, soll glauben, dass ich ihm nicht fern bin. Denn wie sollte ich dem im Geiste nicht gegenwärtig sein, mit dem ich ein Herz und eine Seele bin? (Hl. Bernhard von Clairvaux, Brief 143, 2) 

 

Das große Ziel ist: Auf dem Weg der Reinigung so weit voranzuschreiten, Deine inneren, geistigen Sinne derart zu verfeinern, dass Du die Stimme auch eines nicht inkarnierten Lehrers vernehmen kannst.

 

Der Lehrer verfolgt den Fortschritt des Yogi. Das Zeichen seines Fortschritts wird die Fähigkeit sein, die Stimme des unsichtbaren Lehrers zu vernehmen. (AY 174, 181, 185)

 

Denkt daran, dass eure Bemühungen der Entwicklung eurer eigenen höheren Bewusstseinszentren gelten sollten, damit ihr ohne einen Vermittler mit euren Freunden auf höheren Ebenen in Verbindung treten könnt. (TL V, 213) 

 

Entscheidend ist, dass Du zu einem Anhänger, Schüler und Praktizierenden einer bestimmten Philosophie und Lebenspraxis, also ein Pythagoräer, Stoiker, Samurai oder Agni Yogi wirst und nach ihren Regeln, Gebräuchen und Gesetzen lebst. Ein guter Lehrer ist jemand, der diese Philosophie vorbildlich verkörpert, wann immer er gelebt hat. Seine sterbliche Persönlichkeit steht nicht im Vordergrund.

 

 

6. Nicht zu hoch zielen

 

Denke daran: Du musst des erwählten Lehrers würdig sein – je höher er steht, desto mehr. Ziele also nicht zu hoch! Strebe keinem unerreichbaren Ideal nach. Halte Dich unbedingt an die nächsthöhere Stufe der Jakobsleiter.

 

Wir müssen die ganze Kette der Hierarchie erkennen und uns fest an unser nächstes Glied halten. Wehe dem, der dieses Glied überspringen will und so seine Verbindung verliert! (HRI/1, 32; Brief vom 19.10.1929

 

Es ist ein typischer Anfängerfehler, zu meinen, sich schon nach den ersten Schritten auf dem Geistigen Pfad an höchste Meister wie Buddha, Jesus oder einen Mahatma mit der Bitte um persönliche Führung wenden zu können.

 

Die Liebe, die Du zu diesen hohen Seelen fühlst, mag echt sein. Sie ist aber die Liebe eines Soldaten zu seinem General, dessen Führung er blind vertraut, obwohl er ihn allenfalls aus der Ferne zu sehen bekommt. Dein persönlicher Führer ist aber der nächststehende Offizier oder Unteroffizier. Du kannst es noch gar nicht wagen, Dich mit Deinem persönlichen Anliegen direkt an den General zu wenden.

 

*****

 

Wenn jemand Dich führen soll, darf er nicht zu hoch über Deinem eigenen Bewusstsein stehen. Glauben wir wirklich, dass höchste Meister wie Christus Jesus viele Menschen der heutigen Zeit persönlich führen werden?

 

Die Lehrer hatten nie viele Schüler. Man erinnert sich an die geringe Zahl von 16 oder 12 – oder sogar noch weniger. (AY 438)

 

Von Nikolaus Roerich ist bekannt, dass er nur zwei Schüler hatte: Boris Abramow und Alfred Hejdok.

 

Die Zahl echter Schüler ist gering. Ein Großer Lehrer wurde einst gefragt, ob er viele nahestehendende Schüler habe, und er antwortete: „Weniger als die Zahl der Finger einer Hand.“(HR II/1, 61; Brief vom 04.11.1935

 

Es gilt der uralte Grundsatz: Wie unten, so oben: Kein Anfänger auf dem Klavier oder der Geige, als Dirigent oder Tennisspieler würde es wagen, seine Bitte um Annahme als Schüler sogleich an höchste Meister wie Arthur Rubinstein, Yehudi Menuhin, Herbert v. Karajan oder Steffi Graf zu richten.

 

Ihr würdet keinem Menschen Glauben schenken, der euch sagte, er könne euch, so wie ihr seid, nehmen und in eine Reihe mit Beethoven oder Michelangelo stellen, wenn er euch nur ein bis zwei Jahre lang in Musik oder Bildhauerkunst unterrichten würde. (TL I, 11) 

 

Du musst Dich vielmehr über viele Zwischenstufen, über Vermittler der hohen Kunst, über Schüler von Schülern eines Schülers des großen Meisters, langsam und mühsam hochdienen, bis Du eines fernen Tages der höchsten Weihen – der persönlichen Führung durch einen Mahatma – würdig geworden bist.

 

Ein Mensch, der nicht wirklich demütig ist, ausnahmslos gütig, gerecht und weise, wäre außerstande, in Gegenwart der Meister lange genug sein Haupt zu erheben, um sein Gesuch um Schülerschaft vorzubringen. (TL V, 231) 

 

Deshalb ist die Verehrung der Heiligen viel realistischer als der Glaube, jeder kleine Mensch könne sich ohne weiteres direkt an allerhöchste Stufen, an Jesus, die Engel und Erzengel oder gar an Gott selbst wenden. Der Heilige ist die nächsthöhere Evolutionsstufe und damit der natürliche Mittler zwischen dem Menschen und den noch höheren Sphären.

 

Für alle, die mit unbedeckten Augen die Weisheit, Schönheit und Vollkommenheit des Gesetzes der Gesetze – der Evolution – betrachten können, ist der vollkommene Mensch, der Meister, dessen natürliche Folge, ohne die sich eine unüberbrückbare Kluft zwischen dem höheren und dem niederen Menschen, zwischen Mensch und Engel auftun würde. Man blicke in der Natur umher, wohin man auch wolle: Überall gibt es keine großen Lücken zwischen ihren verschiedenen Stufen. Allein diese Tatsache beweist, dass die Leben spendende Hoffnung der Menschheit, die Möglichkeit der Vervollkommnung des Menschen, ihre Erfüllung finden kann. (TL X, 549)

 

Du musst auch sehen: Für einen Lehrer ist jeder Schüler eine Bürde und Verantwortung. Er kann daher nur diejenigen annehmen, die ihre Geeignetheit unter Beweis gestellt haben, sonst verschwendet er seine kostbare Zeit und Kraft.

 

Beinahe niemand erkennt, welche Bürde sich der Lehrer durch die Annahme eines Schülers auflädt. Daher können die Großen Lehrer, welche die Welt überwachen, die universalen Vorgänge einem guten Ende zuführen und an gigantischen kosmischen Schlachten teilnehmen, nur jene aufnehmen, an denen Sie keinen Zweifel mehr hegen. Nur jene können aufgenommen werden, die viele Feuerproben bestanden sowie ihre Bereitschaft und Ergebenheit bewiesen haben, und dies nicht unter bequemen Umständen, sondern am Rande des Abgrunds; daherdie kleine Zahl der angenommenen Schüler. (HR I/2, 136, 137; Brief vom 21.07.1934

 

 

7. Der Lehrer als geistiger Vater

Rembrandt „Der verlorene Sohn“

 

Letztlich erkennst Du Deinen Meister an der geistigen Verwandtschaft: Der Lehrer ist Dein wahrer, geistiger Vater, der „Vater im Himmel“, von dem Jesus spricht.

 

Er verhilft Dir zu Deiner zweiten, geistigen Geburt, erzieht Dich wie ein Kind, leitet Deine Schritte und begleitet Dich auf Deinem geistigen Weg – und das nicht nur heute in Deiner gegenwärtigen Inkarnation, sondern schon seit Jahrtausenden.

 

Der Schüler muss mit seinem Meister emporsteigen oder fallen, und die erste große Wirklichkeit, die in seinem erwachenden Bewusstsein aufdämmert, ist die Anerkennung seiner Verwandtschaft – seiner Einheit mit dem Meister. Sobald er sich dessen bewusst geworden ist, kann er ihn nicht mehr verleugnen. Seine Pflichten, seine Freuden, sein ganzes Leben sind mit denjenigen des Meisters verknüpft. (TL I, 32) 

 

Wie Du nur einen physischen Vater hast, so hast Du auch nur einen Lehrer. Diejenigen, die beständig von einem Guru zum anderen wechseln, gehen einen Irrweg.

 

Der Meister handelt nicht nur wie der Vater einer Familie, er i s t der Vater des Schülers, wenn beide zu derselben Gruppenseele gehören. Sowenig wie ein Kind seinen eigenen physischen Vater ersetzen kann, indem es die Funktionen des Vaters einem anderen Mann zuweist, sowenig kann der Schüler – auch nicht vorübergehend oder unbewusst – den Meister dadurch ausschalten, dass er die Funktionen dieses Meister-Vaters auf einen anderen überträgt, indem er die Ermahnungen, die Richtlinien und Ratschläge des anderen annimmt. (TL V, 232) 

 

Diese geistige Verbindung steht höher als jede physische.

 

Der Lehrer vertritt für den ernsthaften Schüler Vater- und Mutterstelle. Während ihm die Eltern seinen Körper und seine Anlagen geben, zeigt ihm der Lehrer, wie er die inneren Anlagen zum Erwerb der Ewigen Weisheit entwickeln kann. (TL IX, 485)

 

Erinnere Dich! Du kennst Deinen Vater aus Deinem Leben in der jenseitigen Welt vor dem jetzigen irdischen Dasein. Bei fortgeschrittenen Menschen wie Helena Roerich, die seit Jahrtausenden eine feste, bewusste Verbindung mit ihrem Meister haben, gibt sich dieser bereits in der Kindheit zu erkennen.

 

Urusvati [Helena Roerich] bewahrt eine Erleuchtung aus der Kindheit, dass irgendwo der Lehrer des Lichts lebt. Nur die Erinnerung an die Wirklichkeit kann im kindlichen Bewusstsein solch eine leuchtende Vorstellung hervorrufen. Wir freuen Uns zu sehen, dass Unsere Mitarbeiter von ihren ersten bewussten Stunden an bereits eine Vorstellung früherer Erfahrungen in sich tragen. Doch wenn ein Wanderer sich in Unserem Auftrag auf den Weg macht, wenn er auch früher schon mit der Bruderschaft in Berührung gekommen ist, dannerfährt er bereits vom Kindesalter an Erleuchtung. Wir nähern Uns ihm in verschiedener Gestalt, und sein silberner Faden ist zu Uns herauf gespannt. (Br II, 21)

 

Wenn Du Dich also jetzt bemühst, diese Verbindung zu pflegen und zu stärken, wirst Du im nächsten Leben nicht mehr so mühselig und lange suchen müssen, bis Du Deinen Lehrer gefunden hast.

 

 

8. Lehrer durch Liebe finden

Nikolaus Roerich "Der Befehl des Meisters"

 

Letztlich ist es die Liebe, die Dich zu Deinem geistigen Vater führt.

 

Durch Liebe wirst du zu Mir gelangen. (BGM I, 61 [65])

 

Ein Schüler, der ein Agni Yogi zu werden wünscht, muss die ganze Kraft des Feuers der Liebe zu seinem Lehrer fühlen. (AY 623) 

 

Spürst Du nicht die Freude an der innigen Berührung mit dem, zu dem Du aufsehen, dem Du Dich anvertrauen, von dem Du lernen kannst, der Dich erhebt und bei dem Du geborgen bist?

 

Urusvati liebt die Verbindung mit Uns. Man kann sie weder anordnen noch kann der Verstand sie veranlassen, allein die Liebe vermag sie ins Leben zu rufen. Notwendig allein ist, solche augenblickliche Hinwendung lieben zu lernen und zu fühlen, welch herrliche Flügel dadurch erwachsen. Wir schätzen jede solcher Brücken der Liebe. (Br II, 337)  

 

Nutze auf Deiner Suche nach dem Lehrer die reale Kraft der Liebe: Sie wirkt anziehend!

 

Wenn die Herzenergie in Liebe und Hingabe anschwillt, wird die leuchtende Spirale in den Raum schnellen und nach dem Gesetz der Anziehung natürlich den Strahl des Lehrers treffen. (Herz 250)  

 

Wenn Du Deinen „Vater im Himmel“ in brennender Liebe und Sehnsucht anrufst – wie könnte er dann schweigen?

 

Der Ruf der Liebe wird die Antwort des Geliebten bringen. (BGM I, 83 [89])

 

Wie unten, so oben (AY 225): Nicht anders als die irdischen antworten auch die überirdischen Mächte umso sicherer, je drängender sie angerufen werden.

 

Kann man ein Beispiel dafür anführen, dass einem reinen Bewusstsein die Antwort verwehrt wurde? (AY 93) 

 

Wie auf Erden, so wird auch im Himmel die beste Verbindung zu einem anderen Wesen durch Liebe hergestellt.

 

Weder Konzentration noch Willensbefehl, sondern die Liebe zur Hierarchie bringt den unmittelbaren Verkehr hervor. Was kann stärker vereinen als das Mantram „Ich liebe Dich, o Herrscher!“ Bei solch einem Ruf ist es leicht, einen Strahl der Erkenntnis zu empfangen. (FW II, 296) 

 

Nichts kann Seelen trennen, die durch Liebe verbunden sind. (ALH I, 122)

 

 

9. Namenlos an Lehrer wenden

Matthäuas-Kirche, Kopenhagen "Bergpredigt"

 

Entscheidend ist, dass Du fest davon überzeugt bist: Dein Lehrer lebt. Für jeden gibt es ein höheres Glied der hierarchischen Kette. Jeder hat einen geistigen Vater, auch Du. Du hast vor dieser Inkarnation in der jenseitigen Welt bei ihm gewohnt und wirst nach dem Tod zu ihm zurückkehren.

 

Das ganze Wesen weiß, dass der Lehrer des Lichts lebt. (BGM II, 351 [355])

 

Es kann den Anschein haben, als ob die Verbindung mit dem Lehrer nicht bestünde und der Lehrer nicht existiere. Doch der Wissende wird sagen: „Maja, weiche! Ich kenne meine Verbindung mit dem Lehrer.“ (Gem 201)

 

Wenn Du also nur seinen Namen noch nicht kennst, kannst Du Dich einstweilen namenlos an ihn wenden und ihn liebevoll mit „Vater“ anrufen.

 

Ein glücklicher und heilbringender Führer ist jedem beigegeben. Verstehe es, dich mit aller Kraft des Geistes an ihn zu wenden. (BGM I, 83 [89])  

 

 

10. Beispiel Yogananda

 

Lies in der berühmten „Autobiographie eines Yogi“, wie Yogananda nach manchen Irrungen und Wirrungen endlich seinem Lehrer Sri Yukteswar begegnet; Wie sich Vater und Sohn magnetisch anziehen, auf den ersten Blick erkennen und von der Gewissheit erfüllt sind, sich nicht zum ersten Mal zu treffen.

 

So wird es sein, wenn Du Deinem Lehrer gegenüberstehst – spätestens nach dem Tod in der jenseitigen Welt, eines Tages aber auch bei einer – physischen oder geistigen – Begegnung auf der materiellen Ebene.

 

 

11. Eigene Erfahrung

Filippo Lippi "Anbetung im Walde"

 

Die Beziehung zum Lehrer ist ein intimes Verhältnis, über das man eigentlich nicht öffentlich sprechen sollte. Nur weil Ihr vielleicht daraus lernen könnt, will ich kurz erzählen, wie ich meinen Lehrer gefunden habe:

 

*****

 

Schon bald nach den ersten Schritten auf dem Geistigen Pfad erfasste mich eine tiefe Sehnsucht danach, meinen geistigen Vater zu erkennen und mit ihm in Verbindung zu treten. Auf die Suche habe ich mich zunächst gemacht, indem ich die Lebensbeschreibungen der Heiligen gelesen habe. Ganz natürlich schälten sich einige Gestalten heraus, zu denen ich eine geistige Nähe spürte.

 

Eines Tages hatte ich beruflich in Berlin zu tun. In einer Pause besuchte ich die dortige Gemäldegalerie. Lange verweilte ich vor dem mittelalterlichen Bild einer Anbetung, das auf den ersten Blick gar nichts Besonderes an sich hat.

 

 

Einige Wochen später musste ich wieder nach Berlin. Wieder gab es eine Pause und wieder ging ich in dasselbe Museum – aber nur, um das bewunderte Gemälde noch einmal anzuschauen. Es übte eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Es schien mir zuzurufen: „Komm noch einmal zu mir. Ich habe dir noch etwas zu sagen.“ So gern ich die alten Meister sehe, so ungewöhnlich ist es doch, dass ich innerhalb weniger Wochen zum zweiten Mal in dasselbe Museum besuche.

 

*****

 

Wieder verweilte ich längere Zeit in Versenkung vor dem Gemälde. Erst jetzt bemerkte ich eine Broschüre mit näheren Informationen zu den ausgestellten Werken. Durch sie wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass im Hintergrund meines Bildes ein Heiliger gemalt ist, der die Anbetungsszene betrachtet. Er war mir bisher vollkommen entgangen.

 

*****

 

Mit Ergriffenheit las ich, dass er einer der Heiligen ist, zu denen ich mich meine Lektüre schon hingezogen hatte.

 

Diese offensichtliche Höhere Führung gab mir die freudige Gewissheit, meinen Lehrer gefunden zu haben.

 

*****

 

Diese Erkenntnis wurde im Lauf der Zeit durch viele weitere kleinere Zeichen bekräftigt und gefestigt.

 

So fühlte ich mich schon in früher Jugend mit dem Land und der Zeit verbunden, in denen mein Lehrer inkarniert war.

 

Ich vertiefte mich in sein Leben und las seine Schriften. Besonders in den Briefen, die er an seine Mönche schrieb, als er auf Reisen war, fühlte ich mich so persönlich angesprochen, als ob ein Vater zu seinem Sohn spricht. Wahrscheinlich war ich vor Jahrhunderten physisch im Refektorium anwesend, als diese Briefe im Original der Gemeinschaft vorgelesen wurden.

 

*****

 

So solltest auch Du suchen, indem Du die Zeichen des Lebens feinfühlig aufnimmst.

 

Öffnet einfach die Augen, denn es gibt viele Zeichen um euch herum! (Hier 54)

 

 

12. Nicht falschen Lehrern folgen

 

Es gibt heute wie zu allen Zeiten eine Menge falscher Propheten. Viele selbst ernannte Schäfer suchen eine Herde – wo es doch umgekehrt sein sollte.

 

Du musst wahre von falschen Lehrern unterscheiden lernen. Wenn Du einem falschen Führer folgst, gehst Du in die Irre und alle Deine Mühen werden vergeblich sein.

 

Die entscheidende Frage ist: Weist er einen Weg? Ist es ein geistiger Weg, oder spricht er das niedere Selbst, das Physische, das Materielle an? Und geht er selbst den Weg, den er weist?

 

Im Westen sind zahlreiche Yogis, Zauberkünstler, Lehrer, Magnetiseure und Okkultisten aufgetaucht, bei denen sich alles um die Erscheinungen des Willens dreht. Glänzend vermehren sie ihr Geld und lehren jeden gegen günstige Bezahlung, wie man die materiellen Bedingungen verbessern, die Menschen für sich einnehmen, in der Gesellschaft Einfluss erlangen, seine Geschäfte führen, zahllose Befehle erteilen und aus seinem Leben einen rosigen Garten machen kann. Dadurch, dass sie den Willen entwickeln, scheinen einige dieser Lehrer dem richtigen Weg zu folgen, doch sie weisen nicht auf das Ziel dieser Wanderung hin, und damit tragen sie nur dazu bei, die hässlichen Lebensbedingungen noch zu verschlechtern. (AY 404)

 

Ein Vorbild kann nur sein, wer nicht nur abstrakte Grundsätze, sondern vor allem ihre praktische Anwendung im Leben lehrt und vorlebt.

 

Durch die Forderung, den Yoga im Leben anzuwenden, werdet ihr wahre Lehrer sein. (AY 176) 

 

Wer den freien Willen der Schüler nicht respektiert oder mit seiner Lehre Geld zu verdienen sucht, wird kein echter Meister sein.

 

Hört nicht auf den Lehrer, der für seine Lehre ein Entgelt fordert. Die Lehre kann nicht gekauft oder unter Drohung angenommen werden. (AY 93)  

 

Begüterten Propheten gegenüber verhaltet euch besonders vorsichtig – in Wirklichkeit gibt es sie nicht. Gewiss, Wir können Unsere Boten nicht verhungern lassen, aber möge irdischer Wohlstand mit all seinen Lasten nicht der Drache auf der Schwelle sein. (Herz 588) 

 

Jeder weiß, dass die falschen Propheten um ihres eigenen Vorteiles willen arbeiten, und ein solcher Umstand hat mit der Lehre über das Neue Leben nichts gemein. Man kann die falschen Propheten fragen, ob sie viel Silber angehäuft haben. Jeder von ihnen wird schweigen. Sie verstehen ausgezeichnet, dass die Lehre für sie eine Milchkuh darstellt. Harmagedon kommt auch in den zahlreich herbeigeströmten falschen Propheten zum Ausdruck. Sie treten in allen Ländern auf. Sie verstehen es, das zu bestätigen, was die Masse wünscht. (Br II, 336)  

 

Zu allen Zeiten und in allen Religionen gilt der Grundsatz:

 

Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch. (Mt 10, 8)

 

Höhere Erkenntnis darf nicht für ein Linsengericht verkauft werden. (Br II, 504)  

 

 

13. Nicht zu viel vom Lehrer verlangen

Hans Memling "Hl. Benedikt"

 

Mache Dir keine falschen, unerfüllbaren Vorstellungen von Deinem Lehrer. Wenn er das nächsthöhere Glied in der unendlichen Kette der Hierarchie ist, steht er nicht so hoch über Dir, dass er „Wunder“ wirken kann.

 

Man sollte in den Begriff Lehrer keine überirdischen Vorbedingungen hineinlegen. Er wird der eine sein, der den besten Rat im Leben erteilt. (AY 43)

 

Der Lehrer wird ein führender Erzieher und Freund sein, der einen kürzeren und besseren Pfad aufzeigt. (Gem 108)  

 

 

Anhang: Literaturliste „Leben von Heiligen“

 

v. Campenhausen, Hans, Griechische Kirchenväter, 8. Aufl. Stuttgart 1993

v. Campenhausen, Hans, Lateinische Kirchenväter, 7. Aufl. Stuttgart 1995

v. Balthasar, Hans Urs, Therese von Lisieux, Köln 1950

du Boulay, Shirley, Überwindung der Dunkelheit (Bede Griffiths), Petersberg 2001

Decter, Jacqueline, Nicholas Roerich, Basel 1989

Dietz, Matthias, Der heilige Alfons Rodriguez, Freiburg im Breisgau 1925

Dutli-Rutishauser, Maria, Der Hüter des Vaterlandes (Nikolaus von Flüe), 14. Aufl. Stein am Rhein 1991

Ellert, Gerhart, Gregor der Große, Wien 1961

Essad Bey, Mohammed, Berlin 2002

Evans-Wentz, W. Y., Tibet’s Great Yogi Milarepa, 2. Aufl. London 1958

  - deutsche Übersetzung (nicht ganz vollständig): Milarepa, Tibets Großer Yogi, Bern 1978

Fey, Klara, Die „Übung“ der Mutter Klara Fey, 10. Aufl., Freiburg i. Br 1923

Fischer, Louis, The Life of Mahatma Gandhi, New York 1950 (auch auf Deutsch erhältlich)

Görres, Ida Friederike, Das verborgene Antlitz (Therese von Lisieux), 2. Aufl. Freiburg

Hello, Ernst, Heiligengestalten, Frankfurt a. M. 1959

Holböck, Ferdinand, Gottes Nordlicht (Birgitta von Schweden), 3. Aufl. Stein am Rhein 1998

Hümmeler, Hans, Helden und Heilige, 2 Bände, [Kurzbiographien für jeden Tag] Bonn 1933/34

Kantorowicz, Ernst, Kaiser Friedrich II, Düsseldorf 1963

Klepper, Jochen, Der Vater (König Friedrich Wilhelm I von Preußen)

Kranz, Gisbert, Sie lebten das Christentum neu (28 Biographien), Augsburg 1973

Kranz, Gisbert, Politische Heilige und Katholische Reformatoren, 3 Bände, Augsburg 1958

Mandela, Nelson, Der lange Weg zur Freiheit, (Autobiographie) 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1994

Melchers, Erna und Hans, Das große Buch der Heiligen, [Kurzbiographien für jeden Tag] 13. Aufl. München 1994

Much, Hans, Akbar – Der Schatten Gottes auf Erden, Dachau o.J.

Nigg, Walter, Große Heilige, Zürich 1993

  - Vom Geheimnis der Mönche, Zürich 1953

  - Vom beispielhaften Leben, Olten 1974

  - Das Buch der Ketzer, Zürich 1962

  - Heimliche Weisheit, 2. Aufl. 1987

  - Der exemplarische Mensch, Freiburg 1970

  - Die Heiligen kommen wieder

  - Das Buch der Büßer, Olten

  - Das mystische Dreigestirn (Meister Eckhart, Johannes Tauler, Heinrich Seuse, Zürich 1988

  - Heilige im Alltag  

  - Lehrmeister der Christenheit in verwirrter Zeit (Benedikt, Katharina von Siena), Freiburg 1979

v. Schmidt-Pauli, Bernhard von Clairvaux, Düsseldorf 1953

Schmidt, Paul-H., Die Botin des Herzens Jesu (Margareta Maria Alacoque), Hauteville 1990

Schneider, Maria, Apollonius von Tyana, 6. Aufl. 1997

Swami Nikhilananda,  Vivekananda – Leben und Werk, München 1972

Raimund von Capua, Das Leben der heiligen Katharina von Siena, Düsseldorf 1965

Schuré, Edouard, Die großen Eingeweihten, 20. Aufl. Bern/München/Wien 1992

Teresa v. Avila, Die Seelenburg

Tersteegen, Gerhard, Leben heiliger Seelen, Lahr-Dinglingen und Lüdenscheid-Lobetal 1986

Werfel, Franz, Das Lied von Bernadette

Yogananda, Paramahansa, Autobiographie eines Yogi, 23. Aufl., Weilheim 1998

 

 

Leseempfehlung: Jeden Tag in den Kurzbiographien von Melchers oder Hümmeler lesen und mit den Büchern von Nigg „Große Heilige“ und „Vom Geheimnis der Mönche“ beginnen