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SENDEREIHE

 

„DIE  10  GRUNDPFEILER  DER  PRAXIS  DES  AGNI  YOGA“

 

 

6. Pfeiler : Selbstlosigkeit

 

 

Meine Damen und Herren,

 

willkommen zu einer neuen Sendung!

 

In unserer Reihe über die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga sprechen wir nach „Gehorsam“ und „Leben in zwei Welten“ heute über den dritten der drei Lebensgrundsätze, über die Selbstlosigkeit.

 

Wenn wir die Neue Welt aufbauen wollen, ist diese Eigenschaft des Neuen Menschen von entscheidender Bedeutung:

 

Die Geißeln der heutigen Zeit, die uns das Leben auf diesem wunderbaren Planeten fast unerträglich machen, sind: Selbstsucht, Gier, die Jagd nach Geld, Macht und Genuss, der Kampf aller gegen alle. Wenn Sie tiefer nachdenken, werden Sie finden, dass die Ursache fast aller Übel der Egoismus des alten Menschen ist. Dieses Laster müssen wir überwinden, wenn wir die Verhältnisse grundlegend verändern wollen.

 

Die Neue Welt ist nur als Gemeinschaft denkbar. Für eine Gemeinschaft aber ist die Selbstsucht des alten Menschen zerstörerisch.

 

 

1. Keine materiellen Bedürfnisse eines Geistwesens

 

Halten wir uns noch einmal vor Augen, was wir schon mehrfach besprochen haben: Der neue, unsterbliche Mensch ist kein materielles, sondern ein geistiges Wesen. Sie, Ihr wahres Ich, sind Ihre Seele, nicht Ihr Körper.

 

Ihre Seele benötigt keine materielle Nahrung, kein Wasser, keine Bekleidung, keine Behausung, kein Auto, kein Geld, kein Erdöl usw. – weder für ihr Überleben noch für ihr Wohlergehen.

 

Ihre ewige Individualität findet auch keine Befriedigung in materiellen Freuden.

 

Sobald Sie sich in ein geistiges Wesen verwandelt haben, können Sie also wahrhaft selbstlos handeln: An all dem, worum die alten Menschen sich balgen, haben Sie keinerlei Interesse.

 

 

2. Kein Kampf ums Dasein

Lex Drewinski „Homo homini lupus est“

 

Das westliche Konzept eines „Kampfes ums Überleben“ ist für eine unsterbliche Seele ohne jeden Sinn: Ihre Existenz kann durch physische Angriffe oder materielle Nöte gar nicht gefährdet werden.

 

Wie sollen wir nun jenem Fluch des sogenannten „Kampfes ums Dasein“ entgegenwirken, der die wirkliche und furchtbarste zeugende Ursache der meisten Leiden und Sorgen und aller Verbrechen ist? Warum ist dieser Kampf fast zu einem universellen Gesetz geworden? Wir antworten: Weil keine Religion, mit Ausnahme des Buddhismus, bisher in der Praxis eine Verachtung des irdischen Lebens gelehrt hat, während jede von ihnen, mit dieser einzigen Ausnahme, durch ihre Lehren von Hölle und Verdammnis die größte Furcht vor dem Tod verbreitet hat.

Darum können wir diesen Kampf am grimmigsten in den christlichen Ländern wüten sehen, am härtesten in Europa und Amerika. Er ist schwächer in den heidnischen Ländern und beinahe unbekannt unter buddhistischen Völkern.

Während der Hungersnot in China, dort, wo die Massen am unwissendsten über ihre eigene Religion und über irgendeine Religion überhaupt waren, wurde bemerkt, dass jene Mütter, die ihre eigenen Kinder auffraßen, zu Orten gehörten, wo am meisten christliche Missionare zu finden waren. Wo es keine gab und die Bonzen allein das Feld beherrschten, starb die Bevölkerung mit dem größten Gleichmut. (MB I, 216, 217)

 

Ein Geistwesen wird nicht mit anderen um materielle Ressourcen kämpfen: Durch selbstsüchtiges Handeln, durch die Verletzung oder gar Tötung anderer würde es sich selbst Schaden zufügen. In dem seltenen Fall, dass tatsächlich einmal nicht genug zum Überleben für alle - das heißt: für alle Körper! - vorhanden sein sollte, verzichtet der Unsterbliche bereitwillig zugunsten der anderen - denn Schaden, den seine Seele nimmt, ist viel schlimmer als selbst der Tod des Körpers.

 

Auf die Dauer eines einzelnen irdischen Lebens kommt es angesichts der ewigen Existenz der Seele nicht an. Für sie ist es besser, kurz und richtig als lang und falsch gelebt zu haben.

 

Ich liebe die Aussprüche des großen tibetischen Weisen Milarepa, der große Strenge übte: Fragten ihn die Menschen, ob es ihm nicht leid wäre, ein solch hartes Leben gegen sich selbst zu führen, sagte er: „Da wir alle sterben müssen, ziehe ich es vor, beim Verfolgen eines schönen Zieles zu sterben.“ Wahrlich, würden nur hundert Menschen die Weisheit dieser Regel erkennen und sie im Leben anwenden, die Welt könnte in kürzester Zeit verwandelt werden. (HR II/1, 33, Brief vom 01.10.1935)

 

Der Unsterbliche bildet ein Bewusstsein der Einheit allen Lebens: Von den Pflanzen über die Tiere bis hin zum Menschen sind alle Wesen mit demselben göttlichen Funken beseelt. Diese Verbundenheit schließt es aus, anderen zum (vermeintlich) eigenen Vorteil Schaden zuzufügen.

 

 

3. Das Gesetz des Opfers

 

In der materiellen Welt, unter Tieren und den alten Menschen, gilt das Gesetz des Dschungels: Der Stärkere frisst oder unterjocht den Schwächeren und wird dadurch noch stärker und mächtiger.

 

In der geistigen Welt – und damit für Geistwesen – gilt das Gesetz des Opfers: Es ist von allerhöchster Wichtigkeit, dass Sie erkennen: Ihre Seele wächst tatsächlich, wenn Sie geben, und wird kleiner, wenn Sie nehmen!

 

Geben ist seliger denn nehmen. (Apg 20, 35)

 

Je mehr einer abgibt, desto mehr empfängt er. (Gem 49; Br II, 206)

 

Auf der geistigen Ebene - und damit für Ihr wahres, ewiges Wesen - gilt: Wer sich opfert, ist groß; wer egoistisch an sich denkt, ist klein.

 

Die Zwerge des Eigennutzes versuchen, die Riesen des Allgemeinwohls zu verdrängen. (BGM II, 320 [324]) 

 

Es ist viel größer, zu geben, als zu empfangen. (TL X, 509)

 

Die Seele des Hitler-Attentäters Stauffenberg ist durch sein Opfer gewachsen; der Verlust seines ohnehin vergänglichen Körpers fällt demgegenüber nicht ins Gewicht.

 

Das gilt auch für all die kleinen Dingen des Alltags: Jede Frau und jeder Mann, die Zeit und Kraft für ihre Kinder oder sonst für selbstlosen Dienst am Allgemeinwohl opfern, verlieren nichts; im Gegenteil, sie gewinnen an geistiger Statur. Sie bringen ihr wahres, geistiges Wesen zum Ausdruck, wodurch dieses an Macht und Stärke zunimmt.

 

Alle Helden der Menschheitsgeschichte sind deswegen groß, weil sie sich unter vollständiger Hintanstellung ihrer persönlichen Belange ganz einer bedeutenden Sache verschrieben haben.

 

Sie kennen dieses Gefühl selbst: Ihr höheres Ich sehnt sich geradezu danach, sich für den Dienst an einem großen Werk hinzugeben. Sie bleiben unzufrieden, wenn sich dafür keine Möglichkeit findet.

 

Ein Beweis für das Erwachen dieser Liebe in der Menschenseele liegt in dem überwältigenden Wunsch, sich selbst und alles, was man besitzt, zum Besten aller zu opfern. Allem entsagen heißt alles besitzen. (TL II, 46)

 

Daher ist Selbstlosigkeit die natürliche Haltung eines Unsterblichen. Selbstsucht widerspricht seiner Natur.

 

 

4. Selbstsucht als Hindernis

 

Der Gedanke an Sie selbst kann Ihnen den Weg nicht weisen. Das Konzept der Neuen Welt ist nicht mehr, die eigenen egoistischen Interessen durchzusetzen, sondern daran mitzuarbeiten, höhere Prinzipien wie Wahrheit, Gerechtigkeit, Schönheit und Liebe zu verwirklichen.

 

Niemand kann durch das Persönliche geführt werden, doch durch Vergleichen der Werte des Allgemeinwohls kann der schnellste Pfad gewählt werden. (Gem 161)

 

Selbstsucht hindert den Fortschritt der Evolution, denn diese ist auf das Allgemeinwohl und das Vorankommen der Menschheit insgesamt gerichtet.

 

Man muss begreifen, dass jedes persönliche Beginnen die Wurzeln des großen Aufbaus untergräbt. Auf diese Weise wird von der Menschheit so viel Wunderbares vernichtet, weil die Führung zurückgewiesen wird. (Hier 447)

 

Das Persönliche hindert die Erfüllung des höheren Willens: Wie wollen Sie ein Werkzeug des Geistes sein, solange Sie noch eigene Zwecke verfolgen?

 

Jedes selbstlose Verlangen ist die Widerspiegelung eines entsprechenden Verlangens im Geist Gottes. Wenn der selbstlose Aspekt eines Verlangens geändert und durch die Persönlichkeit verdunkelt wird, dann wird der Plan im Geist Gottes nicht ausgeführt. (TL V, 216) 

 

Jedes ichsüchtige Bestreben steht zwischen Ihnen und den höheren Mächten der Hierarchie mit ihren kosmischen Zielen.

 

Auf keinen Fall aber ist der weise, der vom eigenen, abgesonderten Willen träumt. Wer ohne Verbindung mit den Höheren Welten um seinen individuellen Willen bemüht ist, befindet sich nicht auf dem rechten Pfad. (FW II, 112) 

 

Man muss tatsächlich sagen:

 

Jeder persönliche Wunsch ist schädlich. (BGM II, 205)

 

Ein eigensinniger Mensch ist für die Mahatmas genauso unbrauchbar wie für uns ein störrischer Esel.

 

Seien wir nicht eigensinnig. Es gibt keine unerträglichere Last als Eigensinn. Die Menschen wählen auch kein eigensinniges Pferd; sie nehmen noch nicht einmal einen eigensinnigen Hund mit auf die Reise. (Br I, 19) 

 

Selbstlosigkeit bedeutet nicht, dass Sie Ihre eigenen Belange zurückstellen, um sich vor den Karren der (egoistischen) Interessen anderer spannen zu lassen. Sie bedeutet, dass Sie den Willen Gottes durchsetzen und der Erhebung der ganzen Menschheit dienen.

 

Dienst besteht nicht darin, das übliche Wohlergehen zu fördern, sondern Heil zum Nutzen der Menschheit zu bringen. (Br I, 102) 

 

 

5. Selbstsucht als Ursache für Leid und Not

 

Ein jeder Tag liefert uns eine Fülle von Beispielen, wie der allgegenwärtige Egoismus des alten Menschen unseren Planeten zerstört, von der Familie bis zur Nation die Grundlagen unserer Gemeinschaften untergräbt, unsere Arbeit ihres Sinnes beraubt und uns das tägliche Miteinander zur Hölle macht.

 

Nur zwei Beispiele: Armut und Arbeitslosigkeit sind keine unabwendbaren Naturkatastrophen, die kraft Höherer Gewalt unschuldige Menschen wie eine Seuche heimsuchen. Sie sind das Ergebnis unseres Egoismus:

 

Arbeit gibt es im Überfluss. Wenn wir die notwendigen Aufgaben untereinander aufteilen, wird mehr als genug Arbeit für alle da sein.

 

Der Planet ist reich genug. Wenn wir die Erträge unserer gemeinsamen Arbeit teilen, wird auch mehr als genug Wohlstand für alle da sein.

 

Für die Einzelheiten verweise ich auf den Artikel „Tabenisi – Welt ohne Armut und Arbeitslosigkeit“, zu finden unter www.tabenisi.org.

 

 

6. Selbstsucht gemeinschaftsschädlich

 

Wir werden in späteren Sendungen noch im Einzelnen besprechen: Grundlage der Neuen Welt ist das Prinzip der Gemeinschaft. Nicht als abgesonderte, jeder für sich sich abmühende Einzelkämpfer, sondern nur als Gemeinschaft können wir die Aufgaben der Zeit bewältigen und die nächste Stufe der Evolution erreichen.

 

Eine Gemeinschaft kann nur funktionieren, wenn jedes einzelne Mitglied die eigenen Interessen zurückstellt und dem Wohl des Ganzen den Vorrang einräumt. Ein aus seiner Natur, seinem inneren Wesen heraus selbstlos handelnder Unsterblicher wird immer bemüht sein, mehr in die Gemeinschaft einzulegen als aus ihr zu entnehmen. Nur so kann die Gemeinschaft prosperieren.

 

Das grobe „Ich“ wurde bereits durch das schöpferische „Wir“ ersetzt. (Gem 211)

 

Die heutige gegenteilige Haltung führt früher oder später zum Kollaps des Systems. Für eine Gemeinschaft ist Egoismus geradezu zerstörerisch.

 

Nehmen wir als ein Beispiel von vielen das Gesundheitswesen: Solange ein jeder bemüht ist, möglichst wenig Versicherungsbeiträge einzuzahlen, gleichzeitig aber mit größter Selbstverständlichkeit die beste Gesundheitsversorgung der Welt in Anspruch nimmt; solange also die Ansprüche bzw. Entnahmen des Einzelnen höher sind als seine Beiträge bzw. Einlagen, ist es unmöglich, das System nachhaltig zu finanzieren.

 

Nur wenn wir unsere selbstsüchtige Haltung aufgeben, unser Wesen ändern und unseren Stolz darein setzen, auf keinen Fall mehr von unseren Mitmenschen zu fordern, als wir selbst geben, kann das Gemeinwesen florieren.

 

 

7. Überwinden des Persönlichen

 

Der Neue Mensch verlangt nichts mehr für sich selbst. Er dient nur noch unpersönlich höheren Interessen, als es die seines kleinen, sterblichen Ego sind. Für ihn gilt, was über den Hl. Bernhard von Clairvaux gesagt wurde:

 

Er hatte nichts zu verlieren, da er alles verlassen hatte. Er hatte nichts zu gewinnen, da nichts ihn verlockte. Das einzige, was er wollte, war die Verwirklichung des göttlichen Willens. (E. v. Schmidt-Pauli)

 

Er arbeitet für das Allgemeinwohl, für den Fortschritt der Evolution, für die Errichtung der Herrschaft des Geistes und für die Durchsetzung von Wahrheit, Gerechtigkeit, Schönheit und Liebe auf Erden.

 

Die Epoche des Handelns für persönliche Zwecke ist vorbei. Die kleinen Räuber werden aufhören zu bestehen. Es ist besser, das Wohl der Menschheit im Auge zu haben. (BGM II, 262)

 

Darin findet er wahre Befriedigung. So nähert er sich den höheren Stufen der Hierarchie.

 

Wie euch ein Verzicht auf Persönliches Uns näherbringt, so entfernt ihr euch von Uns sehr stark durch die Ablehnung einer Tätigkeit für das Allgemeinwohl. (BGM II, 337 [341])

 

Der Unsterbliche stellt die eigene Person vollkommen in den Dienst seines Meisters. Durch ihn wirkt der Geist der Hierarchie.

 

Persönliche Wünsche werden in den führenden Universellen Willen umgewandelt. So wird Zusammenarbeit mit den fernen Welten entwickelt. (Herz 68)

 

Wer das Persönliche nicht aufgibt, verstellt sich den Pfad des Aufstiegs.

 

Wer das Wohl der Menschheit nicht über sein eigenes stellt, ist nicht wert, unser Schüler zu werden. (MB I, 272)

 

 

8. Befreiung

 

Die Aufgabe aller persönlichen Wünsche erscheint dem alten Menschen als unsinnige, selbstquälerische Zumutung. In Wahrheit ist sie kein schmerzlicher Verzicht, sondern eine zweckmäßige Tat der Befreiung von Nebensächlichem, Geringwertigem und Überflüssigem, die uns neue, höhere Möglichkeiten eröffnet.

 

Opfer ist Macht, Macht bedeutet Möglichkeiten, und folglich ist jedes Opfer vor allem eine Möglichkeit. Es ist an der Zeit, die Heuchelei aufzugeben, dass Opfer eine Entbehrung wäre. Wir nehmen keine Entbehrungen an, sondern gewähren Möglichkeiten. In Unserer Schatzkammer gibt es eine große Sammlung von Opfern, und jedes war dem von Nutzen, der es gebracht hat. Wir sprechen nicht gern über das Opfer, denn es ist in Wahrheit eine nutzbringende Tat. Ein wirklicher Kaufmann des Lebens betrachtet jede Ausgabe als Einsatz für das Werk. (BGM II, 183)

 

Je mehr Sie sich von persönlichen Wünschen abkehren, desto freier werden Sie: Wer für sich selbst nichts mehr erstrebt, wird unabhängig von den materiellen Verhältnissen. Der Schüler erkennt, dass irdische Freuden nicht ohne Reue zu haben sind und die Seele nicht befriedigen. Er bemerkt, wie er von den Wünschen des niederen Selbst geknechtet wird. Es fällt eine Last von ihm ab, wenn er die Möglichkeit findet, diese Bindungen loszuwerden und unpersönlich einem höheren Ziel zu dienen.

 

 

9. Prüfung

 

Die Überwindung des Persönlichen ist eine der schwierigsten Übungen in einer Zeit, die die Befriedigung wirklicher, eingebildeter oder durch Verführung erst geweckter Bedürfnisse des zeitlichen Ich als das höchste Ziel, ja geradezu als den Sinn des Lebens hinstellt.

 

Die schwierigste, aber unerlässlichste Selbsterziehung umfasst die Tätigkeit für das Wohl der Welt. Es ist nicht leicht, seine selbstsüchtigen Gedanken und Handlungen zu überwachen und sich von ihnen zu befreien. (FW I, 443)

 

Sie trennt unter den Aspiranten auf den Höheren Weg die Spreu vom Weizen.

 

Man braucht nur die Bedingungen und Ziele des Yoga darzulegen, und die Zahl der Anwärter wird gering sein. Für sie ist das Ablegen der Selbstsucht furchtbar. (Hier 451)

 

Viele scheitern an dieser Prüfung, weil sie sich von ihrem vergänglichen, niederen Selbst nicht lösen können.

 

Für jene, die ein flammendes Herz besitzen, ist die Liebe zur Heldentat nicht streng, doch sie erschreckt jene, die ihre Schwächen lieben und zögern, weil sie ihr eigenes illusionäres „Ich“ umarmen. (Hier 281)

 

 

10. Bewahrung der Individualität

 

Überwinden des Persönlichen bedeutet nicht Aufgabe des Individuellen. Die Individualität bleibt bestehen. Sie findet ihre wahre Verwirklichung im Dienst an einem großen Werk. Individualität hat mit Egoismus nichts zu tun.

 

Man muss vor allem die Persönlichkeit bewahren, sich jedoch vom Egoismus befreien. Vielen wird solch eine Gegenüberstellung unsinnig erscheinen, denn für sie bedeutet Egoismus Persönlichkeit. Die Erscheinung einer machtvollen, dem Allgemeinwohl ergebenen Persönlichkeit ist für viele unvorstellbar. (Herz 55)

 

Betrachten Sie die großen Persönlichkeiten der Geschichte, die Menschen, die als leuchtende Vorbilder vor uns stehen, die Heiligen, Weisen und geistigen Führer: Sie weihten sich vollkommen selbstlos ihrer Lebensaufgabe – und blieben dennoch große Individuen.

 

Ihr habt bemerkt, wie mit dem Wachstum der psychischen Energie das persönliche Element aus dem täglichen Leben schwand. (AY 641)

 

Es gilt tatsächlich: Je höher einer aufgestiegen ist, desto unpersönlicher wird sein Leben.

 

Bei einem großen Unternehmen ruht das Werk auf der Idee und nicht auf der Persönlichkeit. (BGM II, 183) 

 

Die Person tritt dann ganz hinter das Werk zurück.

 

Je unpersönlicher und selbstloser eure gütigen Handlungen sind, desto reiner, mächtiger und größer werden die Folgen sein. Sie werden dann einen dauernden Nutzen für die ganze Rasse bilden, statt nur eurem eigenen persönlichen Selbst zu dienen. (TL VI, 310) 

 

So wird über den großen Nikolaus Roerich gesagt:

 

Der Guru hegt keinen einzigen persönlichen Gedanken. (HR I/1, 78, Brief vom 17.12.1930)

 

Sein Leben ist das Leben völliger Selbstlosigkeit: Er lebt für den großen Dienst an der Menschheit. Nichts gehört ihm und er selbst gehört sich nicht. (HR I/2, 62; Brief vom 17.02.1934)

 

 

11. Einfachheit

 

Sie müssen Ihr tägliches Leben einer strengen Prüfung unterziehen und alles daraus entfernen, was nicht dem Heil Ihrer Seele oder dem Allgemeinwohl dient und für das Sie keine unlösbare Verantwortung tragen.

 

Vieles muss vom Pfad entfernt werden. Es ist notwendig, alles, was sich eingewurzelt hat, zu überprüfen. (Gem 213) 

 

Wenn Sie die ersten Schritte auf dem Geistigen Pfad machen, stellen Sie bald fest: Ohne eine radikale Vereinfachung Ihres Lebens können Sie niemals den Raum und die Zeit für Ausbildung, Kontemplation und Dienst schaffen.

 

Vieles muss geopfert werden, nur um nicht die richtige Richtung zu verlieren. (Br II, 666) 

 

Wie oft können Sie sich am Ende eines ruhelosen Tages keine Antwort auf die drängende Frage geben: Wofür habe Ich mich eigentlich abgemüht - für etwas, das es wert war?

 

Es bedrückt Sie das Gefühl, dass das Eigentliche, Wesentliche in Ihrem Leben gar nicht zum Ausdruck kommt. Sie ahnen, dass es auch in Ihrem Herzen allmählich absterben wird, wenn Sie fortfahren, so zu leben wie bisher. Befreien Sie sich also von all den überflüssigen Gütern und Bestrebungen, die das göttliche Feuer ersticken.

 

Wanderer, du musst die Dinge abgeben, die dich behindern. Je mehr du abgibst, desto leichter kommst du auf deinem Pfad voran. Wer ohne Lasten geht, erreicht den Gipfel leichter. (BGM I, 276 [330])

 

Leben wir einfach und zweckmäßig: So, dass die wenigen Bedürfnisse unseres Leibes erfüllt sind und wir im Übrigen den Ansprüchen unseres höheren Wesens gerecht werden können. Eine solche Lebensweise wird eines unsterblichen Menschen würdig sein. Alles Große ist einfach.

 

Nur zweckmäßige Vereinfachung kann dem Leben Würde verleihen. (AY 427) 

 

Die Sterblichen streiten miteinander, um möglichst viel für sich allein zu ergattern. Unsterbliche dagegen wetteifern darum, mit möglichst wenig auszukommen.

 

Wer weniger braucht, danke Gott. Wer mehr braucht, demütige sich wegen seiner Schwäche. (Regel des hl. Benedikt 34, 3, 4)

 

 

12. Verzicht auf Bequemlichkeit, Wohlstand und Sicherheit

 

Der Neue Mensch setzt den lebensfeindlichen Exzessen der Wohlstandsgesellschaft höchste Einfachheit entgegen. Die herkömmliche bürgerliche Lebensweise mit ihrem Streben nach materiellen Dingen, Sicherheit und größtmöglicher Behaglichkeit ist für einen geistigen Kämpfer ungeeignet. Sie macht ihn träge und unbeweglich und löscht das Feuer.

 

Wahrlich, materieller Wohlstand und Behaglichkeit sind unsere gefährlichsten Feinde. Nichts löscht das innere Feuer so schnell aus wie Sorglosigkeit um das Morgen. (HR II/1, 30, Brief vom 24.09.1935)

 

Die verfeinerte Natur sucht kein Wohlergehen, da sie zur Vervollkommnung strebt. (Br II, 505) 

 

Praktizierte Selbstlosigkeit bedeutet Verzicht auf Bequemlichkeit, Wohlstand und Sicherheit. Diese dienen nur dem Verlangen des niederen Selbst. Für unser wahres Ich sind sie ohne Bedeutung. Die Zeit und Kraft, die wir für den Erwerb und die Verteidigung dieser flüchtigen Güter aufwenden, fehlen uns für das Wesentliche - das geistige Streben.

 

Wer seine eigene Bequemlichkeit nicht aufgibt, kennt den Dienst an der Hierarchie nicht. (Hier 295)

 

Wohlstand ist der Friedhof des Geistes.

 

Jene schaffen sich ein schweres Karma, die irdischen Wohlstand nicht aufgeben können, denn es heißt: „Wohlstand ist der Friedhof des Geistes.“ Irdischer Wohlstand verschließt das geistige Gehör. Daher wird kein Wissender die Regeln des irdischen Wohlstands befolgen. (Hier 391)

 

Wahrhaftig, erforscht die Geschichte der Menschheit und ihr werdet euch überzeugen, dass im Wohlstand nie etwas Großes geschaffen wurde. (Hier 185)

 

Der Geist kann sich nicht inmitten von Wohlstandsverhältnissen und Überfluss entfalten. (FW III, 37) 

 

Luxus ist gleichbedeutend mit Degenerierung und Aufgabe des Strebens zu neuen, höheren Ufern.

 

Die Menschheit muss den Luxus meiden. Luxus ist weder Schönheit noch Geistigkeit, noch Vervollkommnung, noch Aufbau, noch Wohlwollen, noch Mitgefühl. Luxus bedeutet Zerstörung der Erfindungskraft und der Möglichkeiten. Luxus ist Auflösung. Es muss eine harmonische Zusammenarbeit gefunden werden, um die Welt vom Laster des Luxus zu befreien. Luxus war immer ein Zeichen des Verfalls und der Verdunkelung des Geistes. (FW II, 335)

 

Luxus verweichlicht, wie die Geschichte zeigt.

 

Eine verhätschelnde Treibhausatmosphäre ist für die Evolution nicht geeignet. (BGM II, 339 [343]) 

 

Luxus bedeutet Fäulnis und Zersetzung. Die Geschichte gibt dafür Beispiele in verschiedenen Epochen. (Br II, 622) 

 

Materielle Sicherheit ist eine Illusion. Ein festes Fundament gibt es nur in den geistigen Sphären.

 

Tot sind jene, die meinen, sie könnten mittels irdischer Maja Festungen errichten. Das ist ebenso töricht, wie wenn Kinder davon träumen, eine Festung aus Sand zu errichten! Wahrlich, allein die Welt des Geistes ist wirklich stark, denn sie ist unzerstörbar und unbesiegbar. (Hier 146)

 

 

13. Eigentum widerspricht der menschlichen Natur

 

Ein Leben aus dem Geist der Unsterblichkeit verwirft das Konzept persönlichen Eigentums im Sinne der bürgerlichen Gesetze, die Idee einer Herrschaft über Dinge, mit denen man für egoistische Zwecke nach Belieben verfahren kann. Diese Sichtweise ist ebenso ungeeignet, ungeistig und überholt wie die Vorstellung, mit Menschen - Sklaven - könne man umgehen wie man wolle.

 

Wenn wir in unserem Inneren das Gefühl des Eigentums in all seinen Formen nicht ausrotten, können wir die nächste Stufe nur schwer erreichen. (HR I/1, 56, Brief vom 24.06.1930)

 

In Wahrheit ist persönliches Eigentum mit der Bestimmung des Menschen nicht vereinbar: Die Schätze dieses Planeten gehören allen seinen Bewohnern und dienen dazu, den Fortschritt der gesamten Menschheit zu bewerkstelligen.

 

Das Wichtigste ist, vernünftig ein erzieherisches Programm über die erniedrigende Bedeutung des Eigentums durchzuführen. Es ist unwichtig, ob jemand in seinem eigenen Lehnstuhl bleibt; wichtig ist, dass die Jugend die Widersinnigkeit des eigenen Lehnstuhls erkennt. Es ist notwendig, dass dieses Bewusstsein sich nicht als Entsagung, sondern als freie Errungenschaft offenbart. Wenn die Menschen frei von List die Unzweckmäßigkeit des Eigentums erkennen, dann wird ein Kollektiv von Mitarbeitern heranwachsen. (Gem 251)

 

Eigentum ist ein egoistisches Konzept, das der höheren – ihrem Wesen nach selbstlosen – Natur des Menschen nicht entspricht.

 

Wie streng müssen biologische Einzelheiten gesammelt werden, um die Gesetzwidrigkeit und Nichtigkeit des Eigentums zu beweisen. Die Gesetze der Eigenschaften der Materie beweisen, dass Eigentum der Natur des Menschen nicht entspricht. (Gem 252)

 

Zu einem Gutteil ist Angst der Antrieb für das wahnsinnige Ansammeln von Gütern, für übermäßige Vorsorge und Absicherung: Furcht vor der Zukunft und vor der Leere, die bleiben könnte, wenn wir uns von den herkömmlichen Lebensinhalten lösen.

 

Der Keim des Gefühls des Eigentums ist Furcht und das Verlangen, sich irgendwie an die Erde zu binden. Als ob eine elende Hütte ein passender Anker für den Geist sein könnte! Beseitigen wir daher die Furcht. Mit ihr schwinden auch das Gefühl des Eigentums und die Langeweile. (BGM II, 323 [327])

 

Wie könnte ein Unsterblicher auf seinem ewigen Pfad an zeitlichem Besitz hängen, den er spätestens mit dem Tod verliert? Er bedeutet seinem wahren Wesen nichts.

 

Wer die Größe der Unbegrenztheit zu fühlen vermag, wird auf einem Übergangsort wie der Erde die ganze Unangemessenheit trügerischen Eigentums sicherlich begreifen. (FW I, 635)

 

Der Mensch, der das Wesen aller Dinge erkannt hat, bedarf ihrer nicht. (Gem 246)

 

So, wie es heute steht, besitzen nicht Sie Ihre Sachen, sondern die Sachen besitzen Sie.

 

Jene, die das Wesen der Dinge erkannt haben, hängen nicht an ihnen, aber jene, die es entstellen, werden ihre Sklaven. (AY 286) 

 

Der wahre Reichtum eines Schülers sind seine Aufspeicherungen, sein geistiger Besitz.

 

Nur geistiger Besitz ist eines Yogi würdig. (AY 223)

 

Man sollte sich in der Erkenntnis festigen, dass es keinen irdischen Besitz gibt. Nur wenn das Bewusstsein unser einziger Besitz ist, spüren wir die Freiheit des Aufstiegs. (FW II, 177)

 

 

14. Nichts Bestehendes verwerfen

 

Agni Yoga behauptet nicht, dass materielle Dinge an sich von Übel wären. Niemand verlangt von Ihnen, all Ihren Besitz aufzugeben. Der Rat Jesu an den reichen Jüngling, alles den Armen zu geben und ihm nachzufolgen (Mt 19, 16 ff), wird nicht mehr richtig verstanden:

 

Niemand wird allein dadurch rein und heilig, dass er seinen Besitz hingibt.

 

Man kann Bastschuhe tragen ohne einfach zu sein. (BGM II, 132) 

 

Wer an den Gütern hängt, so dass sie ihn an einem spirituellen Leben hindern, muss sie aufgeben, um frei zu werden. Wer dagegen besitzt, als gehöre ihm nichts, kann auch im Wohlstand die Nachfolge Christi antreten.

 

Jesus wies dort zum Verzicht auf Reichtum an, wo Er ein unrichtiges Verhältnis zu den irdischen Schätzen erblickte. Er sprach zu einem Menschen von der Notwendigkeit, sich vom Reichtum zu lösen dann, wenn Er sah, dass die Schätze sich als Mühlstein am Hals eines im Geist Schwachen erwiesen. (Br II, 162)

 

Feindseligkeit gegenüber irdischen Gegenständen ist ein Irrweg: Sie sind vorhanden, ein Geschenk Gottes, mit großer Mühe, Kunstfertigkeit und Fleiß hergestellt.

 

Einst sagten Wir: "Gib alles ab." Jetzt gehen Wir weiter und sagen: "Nehmt alles, doch betrachtet es nicht als euer Eigentum." Man wird begreifen, wie unmöglich es ist, irdisches Besitztum in das Jenseits mitzunehmen, und doch ist es durch Mitwirkung des Geistes geschaffen worden, weshalb man es nicht verachten sollte. (BGM II, 141)

 

Wir dürfen nichts Bestehendes geringschätzen.

 

Nichts Vorhandenes kann verworfen werden. (AY 351)

 

Es wäre auch scheinheilig, Dinge abzulehnen, die wir doch für unser Überleben benötigen.

 

Ist es nicht der Wahnsinn der Scheinheiligkeit, alles abzugeben und dann anderen zur Last zu fallen? (HR II/1, 87, Brief vom 07.12.1935)

 

Entscheidend ist nicht, wieviel Sie haben, sondern wie Sie das nutzen, was Sie haben.

 

Nicht auf Asketentum, sondern auf die weise Nutzbarmachung der Dinge wurde hingewiesen. (AY 247) 

 

 

15. Verklärung des Besitzes: Treuhand

 

Wir benötigen eine neue Formel für den Besitz. Nicht auf die äußeren Umstände, sondern auf die geistige Haltung kommt es an.

 

Pflegen und ehren wir die irdischen Dinge, gleich ob sie uns oder anderen gehören. Nutzen wir sie nach ihrer Bestimmung: Nicht für uns selbst, sondern für den höheren Aufbau, zum Wohl der Allgemeinheit, für den Fortschritt der Evolution. Sie gehören nicht uns, sondern sind uns von Oben zu diesem höheren Zweck verliehen worden.

 

So lasst uns wieder den Lehrer anrufen und Ihm in Gedanken die beschwerliche Last übergeben. Und Er wird unser in Gedanken übertragenes Geschenk noch höher übergeben. So lösen wir das Problem des Eigentums. So schwindet selbst diese Benennung, und wir sind die Hüter des Vermögens der Hierarchie. (Herz 281)

 

Wir sind Treuhänder der Sachen, die uns von der Hierarchie anvertraut worden sind. Wir haben Oben Rechenschaft über ihre bestimmungsgemäße Nutzung abzulegen. Wir müssen jederzeit bereit sein, sie aufzugeben. So schalten wir die persönliche Betroffenheit aus und werden nur noch im höheren Auftrag tätig.

 

Wer immer der beste Verwalter ist, wer beweist, dass er selbstlos und in rechter Weise zugunsten des allgemeinen Wohls mit den Dingen umgehen kann, der wird von der Gemeinschaft eingesetzt, um sie zu besitzen.

 

Lernt besitzen ohne Gefühl des Eigentums. Es ist gut, Dinge zu besitzen, um sie zu verwalten und sie mit einer wohlwollenden Aura zu umgeben, mit dem Gedanken, sie an andere weiterzugeben. Die schöpferische Hand ist dort zu Hause, wo man am Eigentum nicht haftet und wo das Verbesserte und Vermehrte weitergegeben wird. Das Zeichen der gebenden Hand wird stets behütet. Darin liegt die Rechtfertigung für jeglichen Besitz. In diesem Bewusstsein können die schwierigsten Fragen gelöst werden.

Besitzen ohne Gefühl des Eigentums eröffnet allen den Weg ohne die übliche Vererbung. Wer fähig ist zu verbessern, der möge besitzen. Dies bezieht sich auf Länder, Wälder und Gewässer. Das gleiche gilt für sämtliche Errungenschaften der Technik und die verschiedenen Arten von Erfindungen. (BGM II, 92)

 

Mit dieser geistigen Haltung können wir würdig und freudig besitzen. Armut und Einfachheit sind heute innere Eigenschaften, die selbst inmitten eines großen, anvertrauten Besitzes bestehen können.

 

In diesem Sinne ist es sogar wünschenswert, dass geistige Menschen für die Hierarchie Häuser, Fabriken und dergleichen besitzen: So ist sichergestellt, dass diese Güter im Einklang mit dem Höheren Willen genutzt, also zum Beispiel faire Miet- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

 

 

16. Verklärung des Lebens

C. H. Bloch „Die Verklärung Christi“

 

Wir sehen am Beispiel des Besitzes, wie die groben irdischen Verhältnisse verklärt, auf eine höhere Ebene gehoben, der Feinstofflichen Welt angenähert werden können: Allein dadurch, dass wir unsere Gedankenwelt ändern. Die entscheidende Verbesserung betrifft nicht die äußeren Verhältnisse, sondern das Bewusstsein, das wir ihnen gegenüber einnehmen.

 

Die Menschen wissen nicht, wie sie sich zum Eigentum verhalten sollen, weil sie den Sinn der gedanklichen Verklärung der irdischen Ebene in die feinstoffliche nicht verstehen wollen. (Herz 281)

 

Äußerlich ändert sich gar nichts. Dennoch lebt der reiche Mann von einem Moment auf den anderen in einer anderen Welt und erhält sein Leben mit einem Mal einen Sinn, wenn er sich nicht mehr als Eigentümer, sondern als Treuhänder seiner Schätze ansieht und sie in höherem Auftrag und mit einem höheren Ziel verwaltet.

 

 

17. Von Besitz lösen

 

Das Ziel des Schülers wird allerdings sein, sich mehr und mehr von weltlichem Besitz zu lösen, um frei zu werden für den rein geistigen Dienst. Der Erhalt und die Pflege irdischen Eigentums können zur Last werden und uns derart in Anspruch nehmen, dass für die höheren Dinge kein Raum mehr bleibt.

 

Besitzgier bindet an die niederen Sphären. (Br I, 114)

 

Wir werden also in unserem Besitz nur die wenigen Dinge behalten, die wir für unsere Arbeit unbedingt benötigen. Alles andere ist eine unnötige Bürde auf dem steilen Pfad des Aufstiegs.

 

So wie der Gipfel nicht für alle Platz bietet, ebenso wird jeder, der ihn ersteigt, erkennen, dass der Aufstieg nicht mit einer schweren Last vonstattengehen kann. Darüber hinaus ist auf dem Gipfel kein Platz für Überflüssiges. Die Abhänge sind steil, und man sollte daran denken, dass nur der Fuß des Berges breit ist. Am Fuß ist Raum für weltliche Dinge, doch der Gipfel ist spitz und für den ganzen menschlichen Besitz zu klein. (FW III, 19)

 

Das schrittweise Ablösen vom Besitz ist keine fanatische Askese oder obskurer Radikalismus, sondern die konsequente Beachtung des Gesetzes der Zweckmäßigkeit - wenn man den höheren, geistigen Maßstab anlegt.

 

Buddha riet immer, möglichst wenige Dinge zu besitzen, um ihnen nicht zu viel Zeit widmen zu müssen. (H. Roerich, Buddhismus, 32)

 

Je höher Sie steigen, desto weniger werden Sie benötigen.

 

Je weniger einer benötigt, desto mehr nähert er sich den Göttern, die nichts benötigen. (Sokrates)

 

 

18. Arbeit für Geld einschränken

 

Das Heilige in uns, das zur Verwirklichung strebt, wird täglich abgetötet. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Arbeit für Geld.

 

Gerade darin liegt das Übel unserer Zeit. Für jede erniedrigende Beschäftigung findet man unbeschränkt Zeit, doch für das Wichtigste erübrigt man nicht eine Stunde. (AY 451) 

 

Die Berufsarbeit hat heute ein Ausmaß erreicht, das uns nahezu jede Möglichkeit des Innehaltens, der Besinnung, der Verbindung mit dem Höchsten und des selbstlosen Dienstes raubt. Wir sind zu Sklaven einer unerbittlichen Geschäftswelt geworden.

 

Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte. (1. Kor 7, 23)

 

Lasst nicht zu, dass ihr unter die Füße derer geratet, die die Unterdrücker eurer Seelen sind. (TL VII, 362) 

 

Wir müssen uns hüten, dass wir nicht die Majestät unseres höheren Wesens beschmutzen, indem wir an unwürdigen Dingen mitwirken, nämlich an der egoistischen Geschäftemacherei anderer.

 

Geist, warum ist deine Furcht vor dem Spott deiner Brüder so groß? Warum verbirgst du kleinen Leuten zu Gefallen das dir verliehene heilige Korn? (U I, 36)

 

Der ungeheure Umfang der gegenwärtigen Berufsarbeit ist durch das wenige, dessen wir wirklich bedürfen, längst nicht mehr gerechtfertigt. Der neue, unsterbliche Mensch wird anspruchsloser leben und weniger gegen Entgelt arbeiten. Wahrer Dienst ist kostenlos. Gottesdienst wird für Gotteslohn geleistet.

 

In der Neuen Welt benötigen wir einfache Nahrung, Unterkunft und Kleidung, mehr nicht. Wir werden dort sicherlich nicht, wie heute noch, einen Wohlstand nach weltweit höchstem Standard anstreben.

 

Beim zukünftigen Aufbau muss man die Menschen davon abbringen, ihrem physischen Bedarf übertriebene Aufmerksamkeit zu schenken. Es genügt die Sorge um eine möglichst maßvolle Behaglichkeit, die eine wirtschaftliche Aufwendung von Kraft und Arbeit ermöglicht. Kann ein Yogi seine Zeit und Energie straflos vergeuden? (AY 189)

 

Ein Unsterblicher verfällt nicht dem Irrtum, die Arbeit für Geld als seinen Lebensinhalt anzusehen. Er löst sich Schritt für Schritt von den Ansprüchen einer materialistischen Welt und verdient seinen Lebensunterhalt, wenn irgend möglich, mit Halbtagsarbeit.

 

Wer sich dem erdrückenden Rhythmus der Arbeitswelt nicht zu entziehen vermag, hängt noch übermäßig an den irdischen Dingen oder ist in Selbstsucht, Eitelkeit, Gier, Machtstreben oder Angst vor der Zukunft befangen.