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SENDEREIHE

 

„DIE  10  GRUNDPFEILER  DER  PRAXIS  DES  AGNI  YOGA“

 

 

2. Pfeiler : Tagesrhythmus

 

 

Meine Damen und Herren,

 

ich freue mich, Sie wieder zu unserem Programm begrüßen zu dürfen.

 

Wir sprechen heute über den zweiten Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga: die Ordnung des Tages – und auch die der Woche und des Jahres.

 

Sinn und Zweck der Praxis des Agni Yoga ist: Ihren Geist zu stärken, damit Sie die Herrschaft des Geistes über Sie selbst und über die Umstände errichten können. Dafür ist eine der ersten, ältesten und wichtigsten geistigen Übungen, die chaotischen Wellen der Ereignisse in eine bestimmte Ordnung zu zwingen und sich nicht von ihnen hin und her treiben zu lassen.

 

Sie müssen allem seinen angemessenen Platz zuweisen. Sie müssen dem Notwendigen und Wichtigen den Vorrang gegenüber dem weniger Bedeutenden einräumen.

 

Gerade darin liegt das Übel unserer Zeit: Für jede erniedrigende Beschäftigung findet man unbeschränkt Zeit, doch für das Wichtigste erübrigt man nicht eine Stunde. (AY 451)

 

Es ist wichtig, dass Sie Ihr Leben nach der inneren Notwendigkeit der Dinge und der weltweiten Evolution gestalten. Sie dürfen sich nicht zu einem Sklaven der ständig wechselnden, zufälligen äußeren Verhältnisse machen.

 

 

1. Bedeutung des Rhythmus

 

Agni Yoga spricht an vielen Stellen von der Wichtigkeit, unserem Leben einen harmonischen Rhythmus zu geben: Leben und Tod, Schlafen und Wachen, Säen und Ernten, Aktivität und Kontemplation, Denken und Handeln, geistige Arbeit und physisches Wirken – überall sehen wir: Ein gesundes Leben hängt davon ab, dass wir allen Aspekten unseres Daseins gleichermaßen und gleichgewichtig Ausdruck verleihen.

 

Einige Beispiele: Wenn Sie stundenlang ununterbrochen am Fließband oder am Computer arbeiten; wenn Sie sich einseitig unter Vernachlässigung der geistigen auf die physische Seite der Existenz konzentrieren; wenn Sie den Schlaf zugunsten der Wachzeiten verkürzen; wenn Sie von einem Vorhaben zum anderen hin und herspringen; wenn Sie Ihre Zeit mit Nebensächlichkeiten füllen und dabei das Wesentliche, das wirklich Wichtige aus den Augen verlieren; wenn Sie allen Anforderung und Versuchungen nachgeben, die Familie, Verwandte, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen und Vereinskameraden an Sie herantragen; wenn Sie mal von Hektik geplagt und mal in Trägheit versunken sind – dann leben Sie auf die Dauer ungesund.

 

Hütet euch vor jenen, die keine Zeit haben. Trügerische Geschäftigkeit zeugt vor allem von Unfähigkeit, die Kostbarkeit der Zeit und des Raumes zu nutzen. Jetzt lasst uns über die erbärmlichen Müßiggänger und Dummköpfe reden, die den Pfad des Lebens versperren. Sie sind so rührig wie eine Pfefferdose; für sie stellt Arbeit immer eine Bitternis dar; sie sind aufgeblasen wie die Truthähne. Sie denken sich Hunderte von Vorwänden aus, um die Lücken fauler Arbeit zu füllen. Sie können keine Stunde für das Dringendste aufbringen. In ihrer Dummheit bringen sie es fertig, anmaßend zu sein und das für sie Wesentliche abzulehnen. Sie sind genauso nutzlos wie jene, die anderen die Zeit stehlen. Sie müssen vom neuen Aufbau ausgeschlossen werden; ihnen kann das Ziegelsteinetragen überlassen werden. (Gem 216)

 

Die besten Arbeitsergebnisse erzielen Sie, Ihre Gesundheit schonen Sie und alle Ihre Fähigkeiten entwickeln Sie gleichmäßig, wenn Sie in Ihrem Leben die Harmonie eines natürlichen, gesunden Rhythmus durchsetzen.

 

 

2. Notwendigkeit des Tagesrhythmus

 

Es sind vor allem drei Gründe, die die Einhaltung einer festen Tagesordnung notwendig machen:

 

1. Das materielle Leben mit seinen wirklichen oder scheinbaren Verpflichtungen und seinen Zerstreuungen nimmt uns von morgens bis abends vollkommen in Beschlag. Das Leben Ihrer wahren, ewigen, geistigen Individualität – der Seele – kann sich nicht entfalten, wenn Sie dafür keine festen Zeiten im Tageslauf reservieren.

 

Das ist eine jahrtausendealte Erfahrung, die auch Sie machen werden, sobald Sie den Geistigen Pfad beschreiten. Ohne eine bestimmte Ordnung laufen wir Gefahr, den vergänglichen Dingen zu viel und den ewigen zu wenig Raum einzuräumen.

 

Wonach sollen wir streben, nach dem Endlichen oder nach dem Unendlichen? (FW I, 157)

 

2. Wir hatten in der einleitenden Sendung über die vier Lebenskreise gesprochen. Erinnern Sie sich? Sobald Sie sich auf den Weg der Praxis des Agni Yoga machen, werden Sie selbst feststellen: Es wird Ihnen nicht gelingen, im Laufe eines Tages ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Meditation, Dienst und Ausbildung herzustellen, ohne dass Sie eine bestimmte Tagesordnung aufstellen und einhalten.

 

Solange im Lauf Ihres Tages keine festen Zeiten für Einkehr, Betrachtung und Gebet, für das Studium der Heiligen Schriften, die Verbindung mit der höheren Welt und die Zwiesprache mit dem Lehrer, für die Selbsterziehung durch körperliche und geistige Übungen und für den Dienst am Allgemeinwohl und an Ihren Nächsten angesetzt sind und eingehalten werden, kann von einem geistigen Leben keine Rede sein.

 

Lassen Sie sich einen der schönsten und wichtigsten Paragraphen des Agni Yoga auf der Zunge zergehen:

 

Brüder, ihr findet entschieden für alles bemerkenswert viel Zeit, doch für das Allerhöchste erübrigt ihr nur kurze Augenblicke. Wenn ihr dem Allerhöchsten nur so viel Zeit widmen würdet, wie ihr für die Mahlzeiten aufbringt, so wäret ihr bereits Lehrer. (Br II, 156) 

 

3. Schließlich hatte wir schon angesprochen und werden immer wieder sehen und näher beleuchten: Sie dürfen den Tag nicht mit dem weltlichen Treiben beginnen und enden lassen. Wenn Ihr neues, höheres, geistiges Leben gelingen soll, müssen Sie zuallermindest am Morgen, am Mittag und am Abend eine Viertelstunde einplanen, um sich selbst in den höheren Zustand eines unsterblichen, unverletzlichen, machtvollen und freudigen Geistwesens zu versetzen – oder weitergehend: um sich selbst in einen geistigen Schüler zu verwandeln.

 

Diesen höheren Standpunkt – wie auf einem Berggipfel weit oberhalb des irdischen Lebens – müssen Sie zunächst erringen und im Laufe des Tages immer wieder verteidigen. Sie werden selbst sehen: Wenn Sie das nicht tun, versinken Sie in den Wogen des materiellen Chaos.

 

Die Aufstellung und Einhaltung einer Tagesordnung gegen alle Widerstände ist ein erster Sieg des Geistes über die Umstände!

 

 

3. Der Weg des Inneren Klosters

Nikolaus Roerich „Morgenstern“

 

Wir hatten schon von der Notwendigkeit gesprochen, sich einen Lehrer zu suchen, wenn Sie auf dem Geistigen Pfad vorankommen wollen (Sendung 5 „Die Hierarchie“ der Sendereihe „Einführung in Agni Yoga“). Heute gehen wir einen Schritt weiter und sagen:

 

Wenn Sie der – geistige – Schüler eines – nicht inkarnierten – Lehrers sein wollen, dann ist Ihre wahre Heimat – der Ort, die Gemeinschaft in der jenseitigen Welt der Seele, zu der Sie gehören – der Aschram Ihres Lehrers. Dort haben Sie gelebt, bevor Sie geboren wurden. Dorthin will Ihre ewige Individualität nach dem Tod Ihres physischen Körpers zurückkehren.

 

In der Feinstofflichen Welt gibt es ebenfalls Aschrams der Weißen Bruderschaft. Genauso wie auf der Erde sind sie auch dort nicht zahlreich vertreten, denn auch hier werden strenge Disziplin und harte Arbeit gefordert, und wo sind jene, die bereit sind, sich anstelle der versprochenen „Ruhe“ für harte Arbeit herzugeben? (HR II/1, 150; Brief vom 19.03.1936)

 

Wir hatten ebenfalls schon gesagt (Sendung 10 „Die Überirdische Welt“ der Sendereihe „Einführung in Agni Yoga“): Wenn Sie zu diesem „Himmel“ gehören wollen, wenn Sie schon jetzt in Ihrem persönlichen Paradies leben wollen, müssen Sie sich auch hier auf Erden nach den dort geltenden Regeln und Gebräuchen richten - anderenfalls sind Sie tatsächlich noch kein wahres Mitglied dieser erlauchten Gemeinschaft.

 

Zu den Regeln, die in diesem Aschram gelten, gehört auch eine feste Tagesordnung; nicht anders als in allen von großen Lehrern geführten Gemeinschaften, von den ägyptischen Mysterien über die Gemeinden der Pythagoräer, die Akademie Platons, den Aschram Buddhas und die Klöster des Mittelalters bis hin zu den Gemeinschaftsidealen Dietrich Bonhoeffers und den Aschrams Mahatma Gandhis.

 

Daher sollte man es lernen, sich die höchsten Gesetze zu eigen zu machen und das Leben nach ihnen aufzubauen. (Hier 143)

 

Solange auf der Erde keine physischen Aschrams des Agni Yoga bestehen, müssen Sie in einem geistigen, einem Inneren Kloster leben. Das bedeutet: Sie können die überzeitliche Gemeinschaft, zu der Sie gehören, einstweilen nur im Geist aufsuchen (vor allem des Morgens und am Abend). Sie unterwerfen sich der dort geltenden Disziplin, ohne dass dies in der äußeren, materiellen Welt besonders zum Ausdruck kommen muss.

 

Wer beschlossen hat, Agni Yoga zu beherrschen, muss durch ihn sein ganzes Leben verwandeln. Dieser zur höchsten Einheit führende Yoga legt die Verpflichtung auf, das ganze Leben in Übereinstimmung mit einer äußerlich unmerklichen Disziplin aufzubauen. (AY 163)

 

Sie führen Ihr Leben so, dass Sie zwar nicht physisch, wohl aber geistig ein Mitglied des Aschrams Ihres Lehrers sind. Als solches werden Sie – nicht anders, als wenn der Aschram tatsächlich physisch existieren würde – tagsüber mit verschiedenen Aufgaben und Aufträgen in die Welt hinausgesandt.

 

Wie gehen auf diese uralte, zentrale geistige Übung „Der Weg des Inneren Klosters“ in späteren Sendungen noch näher ein.

 

 

4. Drei Säulen

 

Der spirituelle Tag ruht fest auf drei Säulen: Den Zeiten des Aufenthaltes auf dem Berggipfel, in der Höheren Welt, in der Heimat Ihrer Seele, im Aschram Ihres Lehrers am Morgen, am Mittag und am Abend. Diese Verankerung im Überirdischen gibt Ihrem irdischen Leben festen Halt. Von diesem sicheren Hafen aus, den nächsten Zufluchtsort schon in Sichtweite, können Sie sich für eine kurze, überschaubare Strecke auf das tobende Meer des irdischen Lebens hinauswagen.

 

Den Wanderer, der sein Heim schon sieht, kann nichts verwirren. (FW I, 523) 

 

Um mit den Widrigkeiten des alltäglichen Lebens fertigzuwerden, rät Ihnen Salomon: Halten Sie sich stets vor Augen:

 

Auch das geht vorüber! (FW I, 371; Br II, 495)

 

Diesen weisen Rat können Sie am besten befolgen, wenn Sie sich bewusst machen: Der Lauf durch feindliches Terrain dauert nur wenige Stunden, dann können Sie in Ihr Paradies zurückkehren.

 

Von einem gewissen japanischen Teemeister, der auch ein Samurai war, wird gesagt:

 

Den ganzen Tag über kämpft er auf dem Schlachtfeld. Danach widmet er sich der Teezeremonie. Dennoch übt er die Teezeremonie nicht zwischen den Kämpfen aus, sondern kämpft zwischen den Teezeremonien. So geht er in jedem Augenblick den Weg des Teemeisters. (Y. Inoue).

 

Diesem Vorbild entsprechend müssen auch wir unser Denken ändern: Die alte Haltung lautete: Wir leben und arbeiten in der Welt und ziehen uns zwischendurch nach Oben in die Einkehr zurück.

 

Die neue Haltung ist: Wir leben auf der jenseitigen Ebene, im Aschram unseres Lehrers. Wir besuchen nur kurz und vorübergehend den materiellen Plan und kehren so bald wie möglich in unsere Heimat zurück – und zwar nicht erst nach dem Tod des Leibes, sondern an jedem einzelnen Tag. So führen wir eine überirdische Existenz und gehen in jedem Moment den überzeitlichen Weg der Seele.

 

 

5. Am Morgen

 

Wie sieht der Tag eines Schülers aus? Er beginnt um 5 Uhr morgens. Sie suchen – natürlich im Geist - Ihren Lehrer in seinem Aschram auf. Dort stehen drei Stunden körperlicher Übungen im Freien, Gebet, Meditation, Andacht, Studium der Heiligen Schriften und Unterricht auf dem Stundenplan.

 

Gerade am Morgen ist die Empfänglichkeit für höhere Energien, für den Empfang von Trost, Kraft, Erkenntnis, Belehrung und Freude besonders groß.

 

Der entscheidende Prüfstein ist, ob Sie die Disziplin aufbringen, früh aufzustehen und den Tag in der Höheren Welt zu beginnen. Der Lehrer bietet Ihnen die Wohltat seiner Gegenwart und seine Unterweisungen an - Sie wollen ihn doch nicht warten lassen!?

 

Der Vorteil des frühen Aufstehens ist unermesslich. Die Engländer sagen mit Recht:

 

Early to bed and early to rise makes a man healthy, wealthy and wise.

Früh zu Bett gehen und früh aufstehen macht Sie gesund, reich und weise.

 

Es kostet Überwindung und Willensstärke, die Welt der Träume zu verlassen und auf die Ebene der Erdenschwere und der Aktion zurückzukehren. Der Geist benötigt etwas Zeit, um die Schwermut zu überwinden, die ihn nach der Rückkehr in den beengenden physischen Körper befällt. Wer aber zu lange im Bett bleibt, stiehlt der Hierarchie die Zeit, die ihr gebührt.

 

Es ist unerlässlich, dass Sie bevor der irdische Tag beginnt zunächst das Bewusstsein der Unsterblichkeit, Ihrer Schülerschaft und Ihrer höheren Bestimmung wieder herstellen, das innere Feuer der Begeisterung wieder entfachen, Verbindung mit Ihren Oberen aufnehmen und sich mit Freude auf den kommenden Tag und seine Herausforderungen füllen. Es ist entscheidend für das seelische Gleichgewicht, dass Sie den Tag im Heiligtum auf den Bergen beginnen und nicht im Chaos der Täler.

 

An jedem Morgen erfüllt sich der Mensch statt mit Freude mit Furcht vor der Zukunft. (Br II, 799)

 

Zu Beginn des Tages tritt der Schüler als erstes vor seinen Lehrer hin und meldet sich zu Ausbildung und Dienst. Er nimmt Weisungen und Aufträge für den Tag entgegen. Der Lehrer freut sich über jeden, der sich wieder um die Fahne schart, und trauert über den, der nachlässig oder gar abtrünnig geworden ist.

 

In diesen Stunden zu Füßen des Lehrers legen Sie das Fundament für die Verklärung des irdischen Tages. Sie schärfen den Willen und sammeln die Energie, die erforderlich sein werden, um der Welt die Stirn zu bieten und einen weiteren Tag den höheren Pfad zu gehen. Sie nehmen den Geist des Aschrams in sich auf, von dem Sie in den nächsten Stunden zehren wollen. Sie kleiden sich in die geistige Rüstung, die Sie in der Welt schützen und tragen soll.

 

Um die ganze Last der mühsamen Verantwortung und sich häufenden Schwierigkeiten zu tragen, stärke ich mich jeden Tag durch Freude und Bereitschaft für das Schwerste. Mächtiges Stählen des Geistes und des Herzens ist nötig, denn jeder Tag bringt uns alle möglichen Versuchungen. (HR II/1, 12; Brief vom 22.07.1935)

 

Sie sollten nicht eher in die Welt hinausgehen, ehe Sie nicht die Freude über Ihren Weg und die Begeisterung für Ihre bestätigte Aufgabe wiedergefunden haben. Wenn die Weichen nicht am Morgen sogleich richtig gestellt werden, gelingt es im Lauf des Tages erfahrungsgemäß kaum mehr, in das richtige Gleis zurückzufinden.

 

 

6. In der Welt

 

So gestärkt steigen Sie – wie Adam und Eva aus dem Paradies – vom Berggipfel in die Täler hinab. Jetzt geht es freudig in den Kampf.

 

Selbst in den besten Schichten der Feinstofflichen Welt kann man unmöglich unbegrenzt verbleiben. Der eine wird traurig sein, von dort um neuer Erfahrungen willen ausziehen zu müssen, doch andere werden, wie erfahrene Krieger, zu neuen Siegen streben. (Br II, 265)

 

Sie müssen Ihren Auftrag erfüllen, Ihre höhere Existenz verteidigen, das Wachstum Ihres Geistes fördern und Ihre Kräfte mit den Ungeistigen messen.

 

Die Welt bildet ein gigantisches Übungsfeld, um zu lernen, nur die göttliche Seite Ihres Wesens zu offenbaren. Nur dort, unter Menschen, mitten im materiellen Leben können Sie erproben und bestätigen, was Sie im Tempel beim Lehrer gelernt haben. Nur dort, nicht im geschützten Bereich des Aschrams, erwerben sie die Errungenschaften eines Meisters.

 

Um Ihre Aufgabe zu erfüllen, müssen Sie Ihren Himmel verlassen und in die Hölle hinabsteigen. Sie kehren aber abends nach Oben zurück und werden unten ausschließlich im Namen und im Auftrag der Hierarchie tätig.

 

Das irdische Leben ist ein Zweikampf mit dem Chaos. Jeder kühne Krieger legt eine schwere Rüstung an und geht auf die Suche nach dem Drachen des Chaos. Der Krieger muss die Überirdische Festung verlassen, um die verborgensten Ungeheuer zu finden. Sie halten sich in tiefen Schluchten auf. Je schwerer das Unterfangen, desto lichter ist die Heldentat, desto siegreicher die Rückkehr des Kriegers in seine Festung. Möge der Mensch sich sicher merken, dass seine Festung nicht auf der Erde ist. Ebenso muss man daran denken, dass alle irdischen Arbeiten um der Rückkehr in die Überirdische Festung willen vollbracht werden. (Br II, 803) 

 

Möge Ihr Mantram lauten:

 

Freudig ausziehen - siegreich heimkehren!

 

 

7. Gedankenkontrolle

 

Und nun eine wichtige praktische Übung:

 

Wenn Sie sich in der Welt befinden, ist es ratsam, nach der Tradition des Stundengebetes regelmäßig, am besten zu jeder vollen Stunde, eine Gedankenkontrolle vorzunehmen, um sich zu vergewissern, ob Sie das höhere Bewusstsein Ihrer überirdischen Existenz bewahrt haben.

 

Man darf die Flamme hohen Denkens nicht einmal für eine Stunde in sich löschen. Herrlich ist es, wenn jemand hohes Denken unter allen Umständen in sich zu hüten vermag. (Br II, 651)

 

Sie können sich kurz gedanklich mit Ihrem Lehrer verbinden und - aus mitgeführten Zetteln - einen Spruch aus der Agni Yoga-Lehre lesen.

 

Möge die Bekräftigung des Lehrers zu jeder Stunde wiederholt werden. (Hier 372) 

 

Sie verlassen für einen Moment – im Geist – die Niederungen dieser Welt und suchen Ihre Heimat, Ihren Himmel, den Aschram Ihres Lehrers auf. Die Zuflucht zu diesem heiligen Ort, zu der dort herrschenden feierlichen Atmosphäre ist das beste Mittel, um sich zu reinigen, sich wieder zu erheben und Zweifel, Schwanken oder Niedergeschlagenheit zu überwinden.

 

Eines der schönsten buddhistischen Mantrams, die beste Waffe gegen Anfechtungen lautet:

 

Ich nehme Zuflucht bei der Lehre, bei dem Lehrer und bei der Gemeinschaft. (siehe auch Gem 201)

 

Sie sollten sich selbst in diesem kurzen Moment fragen: Verhalte ich mich so, wie es sich für einen würdigen Schüler geziemt, dass ich meinem Lehrer Ehre mache? Bedenke ich, dass der Lehrer mich beobachtet? Erfülle ich gewissenhaft Seine Aufträge und Anweisungen? Werde ich Ihm am Abend bei der Rückkehr in den Aschram noch in die Augen sehen können? Habe ich in der letzten Stunde meine göttliche oder meine animalische Seite zum Ausdruck gebracht? Bin ich auf dem Pfad geblieben, oder habe ich mich abbringen lassen? Habe ich mich den höheren Sphären weiter angenähert oder mich von ihnen entfernt?

 

Wiederholt jede Stunde: „Nichts kann mich daran hindern, zum Lehrer zu eilen. Ich will nicht fallen!“ (BGM II, 266 (269], 42) 

 

Wir hatten in der vorausgegangenen Sendung („1. Pfeiler: Die Verteidigung des höheren Bewusstseins“) schon gesagt: Sowie Sie die Kontrolle über Ihre Gedanken verlieren, drohen Sie, zu einem gewöhnlichen Sterblichen herabzusinken.

 

 

8. Am Mittag

 

Am Mittag versammeln sich die Schüler erneut im Aschram, wenn nicht physisch, dann zumindest im Geist. Diese Stütze in der Mitte des Tages ist wichtig, um das geistige Gebäude abzusichern, in dem Sie geborgen sein wollen.

 

Wenn Sie sich mitten in der Welt befinden, müssen Sie sich nicht viel Zeit nehmen. Einige wenige Gedanken der Verbindung, Bekräftigung und Erhebung, der Freude auf die bevorstehende Rückkehr in die Heimat genügen. Selbst während der schlimmsten Beanspruchung durch die irdischen Geschäfte ist ein kurzes „Austreten“ immer möglich.

 

Nutzen Sie diese kurze Pause dazu, sich Ihre wahre Natur und Ihre Mission wieder vor Augen zu führen, das eine oder andere Mantram zu rezitieren und aus dem Vorrat guter Gedanken zu schöpfen, den Sie sich in ruhigeren Zeiten für diese Gelegenheit angelegt haben.

 

Man muss sich einen Vorrat guter Gedanken aufbauen, nur sie ermöglichen einen leichten Aufstieg in erhabene Bereiche. (Br II, 808)

 

Eine solche Kurz-Meditation wird vor allem eine Reinigung von weltlichen Ausstrahlungen, schlechten Gedanken, Stimmungen und Begierden sein. Sie werden erfahren, wie hilfreich es ist, selbst für einen kurzen Augenblick die Last der materiellen Bedrückungen abzuwerfen und sich in eine bessere Welt – Ihre wahre Heimat – zu erheben.

 

 

9. Am Abend

 

Am Abend treffen Lehrer und Schüler wieder zu zwei Stunden Tempelarbeit zusammen. Jetzt ist die Zeit, um sich von der Welt wieder zu lösen, die zerbeulte geistige Rüstung zu flicken, zur Betrachtung überzugehen und die verletzte Seele zu heilen. Sie füllen sich wieder mit dem Geist des Aschrams, der tagsüber in der Welt erstickt zu werden drohte.

 

Ein Gebet ist zu jeder Zeit gut, es gibt jedoch zwei Zeitpunkte des Wechsels der Ströme, an denen die Hinwendung zur Höheren Welt besonders erwünscht ist: bei Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang. Außerdem ist es angebracht, die Höhere Welt vor dem Einschlafen anzurufen. Vor dem Eintritt in die heiligen Tore ist es notwendig, sein Bewusstsein zu reinigen. (AUM 71)

 

Was immer Ihnen im Laufe des Tages zustößt: Es muss Sie die Gewissheit tragen, dass Sie am Abend in die Welt der Seele zurückkehren, sich in der Meditation reinigen und den göttlichen Frieden wiederfinden können. Genau wie am Morgen müssen am Abend nach dem irdischen Tag Sie Ihr Ideal, die leitende Idee Ihres Lebens wieder aufrichten und festigen, sonst werden Sie in der materiellen Welt nicht bestehen.

 

Wie beim Tod treten Sie vor Ihren Meister hin. Wie beim Tod müssen Sie Rechenschaft ablegen über jeden Gedanken, jedes Wort und jede Tat des Tages; über alles, was Sie im Namen der Hierarchie getan oder unterlassen haben.

 

Wären die Menschen fähig, sich über die Beschaffenheit eines Tages Rechenschaft abzulegen, könnten sie vielen Schwierigkeiten entgehen. (FW II, 115)

 

Haben Sie das Gesetz der Schülerschaft eingehalten? Haben Sie die Gelegenheiten zum Aufstieg genutzt, die Ihnen geboten wurden? Haben Sie einen weiteren Stein zum Aufbau der Neuen Welt beigetragen? Haben Sie sich den höheren Sphären einen Schritt weiter angenähert? Haben Sie Ihren Auftrag erfüllt? Haben Sie umgesetzt, was Sie sich am Morgen vorgenommen haben? Was können Sie am folgenden Tag besser machen?

 

Wenn ich den höheren Führern begegne, werde ich dann die Kraft finden zu fragen, ob alle Aufgaben erfüllt sind? Sie werden sagen, wo wir erfolgreich waren und wo wir zurückgeblieben sind. (Br II, 195)

 

Der Gedanke, dieser Tag könnte der letzte sein und Sie könnten schon morgen vor Ihrem ewigen Richter stehen, wird Ihnen zeigen, wieviel noch zu tun ist, wie Sie die wenige Ihnen verbleibende Zeit noch besser nutzen können und wie beschämend es ist, die Gelegenheiten zum Aufstieg zu versäumen, die jeder neue Tag bietet.

 

Der entscheidende Prüfstein ist, sich nach dem irdischen Tag nicht der Zerstreuung hinzugeben, sondern den weltlichen Geist abzuschütteln und erneut die Besinnung und Sammlung im höheren Selbst zu pflegen. Der Geist benötigt etwas Zeit, um sich von den feindlichen Ausstrahlungen zu reinigen, denen er in der Welt ausgesetzt war - dann aber kann er nach den Mühen und Plagen des Tages die Freuden der Kontemplation genießen.

 

Stunden des Glücks - so bezeichnen Wir jene Entwicklungsstufe des Bewusstseins, wenn sich Unseren Leuten, ohne sich vom Leben abzuwenden, die Gelegenheit bietet, mit Uns in Unserer Stätte zusammenzutreffen. (AY 338)

 

Das Konzept des Inneren Klosters erlaubt es Ihnen, abends - wie beim Tod! - in die Heimat Ihrer Seele zurückzukehren. Sie können tatsächlich der Welt sterben! Sie können alle Ihre Lasten und Sorgen zurücklassen und in einer höheren Sphäre leben, in der es keine materiellen Bedrückungen und Beschränkungen gibt.

 

Sie können den heilsamen Rhythmus, den ewigen Wechsel von Leben und Tod, von Wiedergeburt auf der materiellen Ebene und Ausruhen in der überirdischen Welt im Laufe jeden einzelnen irdischen Tages abbilden.

 

 

10. Beispiel einer Tagesordnung

 

Als Beispiel führen wir die Tagesordnung des Hamburger Tabenisi Aschrams auf:

 

05:00 h Wecken

05:15 h Gymnastik (Hatha Yoga)

05:45 h Morgentoilette

06:00 h Verbindung mit der Höheren Welt (Morgenmeditation)

07:00 h Studium des Agni Yoga

08:00 h Arbeit für Lebensunterhalt, ggf. außerhalb des Aschrams

10:30 h Morgenmahlzeit

11:00 h Arbeit für Lebensunterhalt

13:45 h Rückkehr in den Aschram, Mittagsmeditation

14:00 h Ausbildung und Dienst im Aschram

15:30 h Abendmahlzeit

16:00 h Ausbildung und Dienst im Aschram

18:45 h Gymnastik (Hatha Yoga)

19:00 h Abendtoilette

19:15 h Studium

19:45 h Verbindung mit der Höheren Welt (Abendmeditation)

20:30 h Persönliche Zeit

22:00 h Nachtruhe

 

Auf einige Einzelheiten (z. B. nur zwei Mahlzeiten täglich, nur halbtägliche Berufsarbeit) gehen wir in späteren Sendungen noch näher ein.

 

Natürlich ist das ein Ideal, das nicht jedermann in jeder Lebenssituation möglich ist. Wichtig ist nicht unbedingt, dass Sie gerade diesen Ablauf exakt nachahmen. Wichtig ist, dass Sie Ihre eigene, Ihrer Lebenssituation angemessene Tagesordnung aufstellen und einhalten.

 

Natürlich können Sie sich Erleichterungen oder Auszeiten genehmigen, z. B. am Wochenende oder im Urlaub. Wichtig ist nur, dass Ihr höheres Selbst den für Sie notwendigen und nützlichen Rhythmus bestimmt und dass nicht die Trägheit des Körpers Ihr Leben regiert.

 

Um ein ganz einfaches und konkretes Beispiel zu geben: Sie sollten am Vorabend festlegen, wann Sie am nächsten Morgen aufstehen wollen - und zwar nach den bestehenden Notwendigkeiten: Pflege der Höheren Verbindung, Ausbildung und Dienst. Sie stärken Ihren Geist, Sie errichten die Herrschaft des Geistes, wenn Sie dieses Vorhaben tatsächlich durchführen. Sie schwächen Ihren Geist, wenn Sie Ihrem Körper nachgeben und länger im Bett bleiben, als Sie selbst es sich vorgenommen haben.

 

 

11. Wochenrhythmus

 

Wie der Tag, so ruht auch die spirituelle Woche auf drei Säulen: Der Schüler wird am Sonntag, am Mittwochnachmittag und wieder am Sonntag unverrückbare Zeiten festlegen, die der Verwirklichung des höheren Lebens dienen. Zwischen diesen Oasen der Ruhe, des Friedens, der Sammlung und der Erhebung ist das tosende Leben nur ein kurzes Zwischenspiel, das sich gut bewältigen lässt.

 

Selbst Gott hat am siebenten Tag geruht (1. Moses 2, 2). Daran sollten auch wir uns halten, die Sonntagsruhe bewahren und im Wochenlauf einen heilsamen Rhythmus von aktivem und kontemplativem Leben einhalten.

 

Wer durch die Umstände gehindert ist, im Laufe eines jeden Tages Zeiten für die höhere Verbindung, die Ausbildung durch den Lehrer und den Dienst vorzusehen, sollte diese jedenfalls im Laufe der Woche einplanen.

 

 

12. Jahresrhythmus

 

Für das Jahr gilt: Wir müssen wieder erspüren und uns daran gewöhnen: Alles hat seine Zeit. Jede Stunde des Tages, jeder Tag der Woche und jeder Monat des Jahres hat eine besondere Energie, die nur zu dieser Zeit genutzt werden kann.

 

Es gibt ganze Perioden des Abwartens und des Zugreifens auf den günstigsten Moment, des Planens und der Ausführung, des Suchens und des Findens, der Zerstörung und des Aufbaus, des Säens und des Erntens. Welchen Erfolg wird einer haben, der zu säen beginnt, wenn es Zeit zu ernten ist?

 

Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit; töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit; weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit. (Prediger 3, 1ff)

 

Wir müssen die Bedeutung der Jahreszeiten wieder erforschen: Den Herbst als die Zeit der Ernte, den Advent der Besinnung auf die geistigen Grundlagen und des Pläneschmiedens für den Neuanfang, das Frühjahr als die Zeit, um mit frischer Energie an die Realisierung der geistigen Vorhaben zu gehen, Michaeli als den Endkampf vor der Ernte, und so fort.

 

Sie sollten Ihre Urlaubstage jedenfalls teilweise für die Kontemplation und den geistigen Fortschritt nutzen. Sie können z. B. an einem Seminar oder einem Retreat in Tabenisi teilnehmen. Es ist eine außerordentlich nützliche, uralte Tradition, dass die, die in Beruf und Familie angespannt sind, regelmäßig – rhythmisch! – gewisse Zeiten an einem heiligen Ort, in einem Kloster oder Aschram verbringen, um jedenfalls für eine oder zwei Wochen im Jahr das ideale Leben eines geistigen Schülers zu führen.

 

Die spirituellen Feiertage des Jahreskreises und die Tage der Sonnenwende sind Fixpunkte, die dem Jahreslauf geistige Ordnung und Rhythmus verleihen.

 

Gedenktage erweisen sich als nützlicher Rhythmus. (FW II, 148)

 

Die Gedenktage der Heiligen und Glaubenshelden aller Völker, aller Zeiten und aller Religionen sind wie Leuchtfeuer, deren Glanz den Alltag erleuchtet. Die Gemeinschaft wird sie würdig als Zeiten der Erhebung und der Vergeistigung begehen.

 

Feierlichkeit erblüht besonders an den Gedenktagen der großen Helden. Was Uns betrifft, so senden Wir gute Gedanken zu den von der Menschheit festgesetzten Feiertagen. ( Br II, 125)

 

 

 

Fassen wir zum Abschluss der Sendung zusammen: Bändigen Sie die Wogen des Lebens durch einen heilsamen Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus. Ahmen Sie die Großen Lehrer aller Zeiten nach, indem Sie sich in allen Einzelheiten Ihrer alltäglichen Disziplin anschließen. Der Weg des Inneren Kloster gewährt Ihnen die einmalige Gelegenheit, das unermessliche Glück, tatsächlich – im Geist - am Leben Ihres Lehrers teilnehmen zu können!

 

Nur so wird „Nachfolge“ von einem abstrakten Begriff aus einer Sonntagspredigt zu lebendiger Realität. Nur so können Sie Ihren Geist stärken und auf dem Pfad vorankommen.