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SENDEREIHE  AUSBILDUNG“

 

 

SENDUNG  2

 

 

 Ausbildung des physischen Körpers

 

 

Liebe Agni Yogis,

 

Ausbildung oder Selbstvervollkommnung ist eines der zentralen Themen des Agni Yoga. Zu wachsen, zu einer Großen Seele zu werden, ist geradezu der Sinn unseres Lebens (siehe Sendung „Der Sinn des Lebens“). Das Ziel der Agni Yoga-Lehre ist, eine neue Evolutionsstufe, den Neuen Menschen zu schaffen. Wir machen uns an ein gigantisches Projekt:

 

Wir wollen auf geistigem Weg eine Neue, überlegene Rasse heranbilden.

 

Der Schüler fragt: „Bist Du ein Rassist?“

 

Nein, natürlich nicht. Ein Rassist ist jemand, der sich einbildet, er sei überlegen, nur weil er einem bestimmten Volk angehört. In dem Sinn, wie er hier verwendet wird, ist „Rasse“ ein theosophischer Fachbegriff, der die nächsthöhere Evolutionsstufe bezeichnet.

 

Ihre Überlegenheit beruht auf wirklichen, ewigen, inneren Werten, die unabhängig von der Farbe der Haut, der Haare oder der Augen sind. Nietzsches Übermensch wird Realität: Er steht auf der Leiter der Evolution ebenso über dem heutigen Menschen wie wir über den Affen.

 

Diese höheren Eigenschaften der Seele kannst Du Dir genauso anerziehen wie solche des Körpers.

 

Anders als die Tiere müssen wir Menschen selbst aktiv am Fortschreiten unserer eigenen Evolution mitwirken. Der kommende unsterbliche Geistmensch wird nicht geboren. Er wird nicht in Erscheinung treten, wenn wir ihn nicht selbst erschaffen.

 

 

Ausbildungsplan

 

Agni Yoga und damit unsere Schule bietet einen Ausbildungsplan, ein vollständiges Programm für Deine Entwicklung von einer kleinen zu einer Großen Seele.

 

Die Mahatmas der Bruderschaft von Schambhala haben diese Stufe schon erklommen. Wir müssen ihnen nur nachfolgen und denselben Weg gehen, den sie vorangeschritten sind und uns gebahnt haben.

 

Wir sprechen von einem wissenschaftlichen Erziehungskonzept. Ebenso wie Helena Blavatsky und andere in Aschrams der Bruderschaft in Tibet wirst auch Du systematisch für Deine Mission auf Erden ausgebildet – nur bei uns natürlich beginnend auf einem niedrigeren Niveau.

 

Die höheren Yogis standen mit der Feinstofflichen Welt in Verbindung und wurden einer wissenschaftlichen geistigen Vollkommenheit teilhaftig. (Br II, 903)   

 

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Die Sendereihe „Ausbildung“ baut auf den drei Reihen von Übungen auf, die wir schon besprochen haben, und führt das dort Erreichte fort:

 

Erstens: Sendereihe „Experiment Unsterblichkeit“, mit den Übungen „Verwandlung in ein Geistwesen“, „Unverletzlichkeit“, „Die Seele zum Leben erwecken“ und „Feuriger Zustand“.

 

Zweitens: Sendereihe „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“, die eine der Unbegrenztheit angemessene Lebensweise darstellt und einübt.

 

Drittens: Sendereihe „Der Weg des Schülers“. Ohne Lehrer gibt es keinen Fortschritt, was viele von Euch noch nicht vollständig realisiert haben. Dort sprechen wir von Deinem Eintritt in die Geistige Schule und den Themen: Lehrer finden, Schüler werden, Leben in ständiger Gegenwart des Lehrers, Weg des Inneren Tempels und Leben im Aschram des Lehrers.

 

Wenn Du diese Übungen regelmäßig praktizierst, bist Du auf dem Weg Deiner Ausbildung zu einer Großen Seele schon ein gutes Stück vorangekommen.

 

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Wir hatten schon gesagt (Sendung „Feuriger Zustand“): Der Mensch ist, ähnlich wie ein Zentaur, ein hybrides, nämlich ein teils materielles, teils geistiges Wesen.

 

Er lebt mit den Füßen (den 4 vergänglichen Körpern) auf der Erde und mit dem Kopf (dem Feurigen Körper, der Ewigen Individualität) im Himmel, in der Welt der Seele.

 

Die Ausbildung des Agni Yoga bezieht sich auf unser Gesamtwesen, auf dessen physische ebenso wie auf dessen nicht-materielle Aspekte. Das führt uns notwendig zu folgendem Ausbildungsplan:

 

Wir müssen zunächst unsere vier vergänglichen Körper (den Leib, den Gefühls-, den Instinkt- und den Gedankenkörper) sowie schließlich unsere Ewige Individualität, die Seele ausbilden.

 

Dieses Programm gehen wir heute und in den folgenden Sendungen Schritt für Schritt durch.

 

„Was bedeutet eigentlich Ausbildung?“

 

Reinigung, Beherrschung, Stärkung, Verschönerung und Verfeinerung.

 

„Noch einmal in die Schule gehen? Noch einmal eine Ausbildung durchlaufen? Das ist nicht gerade attraktiv für mich.“

 

Nun, dann lass uns noch einmal betonen: Tief in Dir liegt ein unermessliches Potential verborgen. In Deiner Ewigen Individualität, Deinem Geistwesen sind gigantische, kaum vorstellbare Fähigkeiten und Kräfte angelegt, die derzeit noch fast vollständig brachliegen. „Ausbildung“ bedeutet nichts anderes, als diesen Schatz zu heben und zu nutzen.

 

Ist es nicht ein wunderbares Vorhaben, Dein Wesen zu seiner wahren Größe zu entfalten?

 

 

 Abschnitt I: Höheres und niederes Selbst

Nikolaus Roerich „Glory of the Himalayas“

 

Klären wir zunächst drei grundlegende Begriffe, denen wir im weiteren Verlauf immer wieder begegnen werden: Geist, Höheres Selbst und niederes Selbst.

 

 

1. Geist

 

„Dem Körper wird immer der Geist gegenübergestellt. Das ist mir nicht wirklich klar. Welcher Geist ist gemeint?“

 

Ja, der Begriff Geist ist im Deutschen mehrdeutig, und seine unterschiedliche Verwendung führt zu viel Verwirrung:

 

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Erstens gibt es die dreifache Einteilung des Menschen in Körper, Seele und Geist. Darüber hatten wir in der Sendung „Das Evolutionsgesetz“ schon gesprochen.

 

In diesem Zusammenhang bedeutet „Geist“ die Monade, das unzerstörbare Geistkorn in unserem Inneren: Das Geistfeuer, den Teil des Göttlichen in uns, der uns antreibt, uns immer weiter zu verfeinern und zu vergeistigen. Mit ihm sind wir beim Thema „Ausbildung“ nicht befasst.

 

„Warum nicht?“

 

Weil das Geistkorn unveränderlich ist und deshalb gar nicht ausgebildet werden kann.

 

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Zweitens wird oft von Geist im Gegensatz zum Leib gesprochen. Damit sind dann gemeint die sechs weiteren nicht-materiellen, nicht sichtbaren Aspekte des menschlichen Wesens, die zusätzlich zum physischen Körper noch bestehen; also: Die vergänglichen Gefühls- Instinkt-, und Gedankenkörper (auch „Feinstofflicher Körper“ genannt) sowie Atma, Buddhi und Manas, die Ewige Individualität, die Seele (auch „Feuriger Körper“ genannt). Wenn Dir die Einzelheiten nicht mehr präsent sind, sieh noch einmal die Sendung „Die feinstoffliche Konstitution des Menschen“ an.

 

*****

 

Drittens wird der Begriff „Geist“ als Synonym für die Seele, die Ewige Individualität benutzt.

 

Diese drei vollkommen verschiedenen Bedeutungsinhalte müssen wir klar auseinanderhalten und uns so eindeutig ausdrücken, dass kein Zweifel bestehen kann, welcher von ihnen gemeint ist.

 

 

2. Das niedere Selbst

 

„Niederes Selbst“ ist in der Sprache des Agni Yoga eine Bezeichnung für die vier sterblichen Körper oder die vergängliche Persönlichkeit: Leib, Gefühlskörper, Instinktkörper und Gedankenkörper.

 

„Ist das niedere Ich nun schlecht oder nicht?“

 

Weder noch; es gehört zu einer früheren Evolutionsstufe: Auf dem absteigenden Bogen der Involution erschien das Geisteskorn zunächst in einem ätherischen Gewand und bildete im weiteren Verlauf einen immer dichteren physischen Körper aus, siehe die Sendung „Das Evolutionsgesetz“.

 

Zu diesem Leib gehört ein animalisches Bewusstsein, wie es auch die Tiere haben.  

 

Es ist allein der physischen Ebene verbunden und grenzt sich von anderen Wesen ab. Die Gedanken, Gefühle, Worte und Taten, die dem tierischen Bewusstsein entspringen, sind egoistisch und an Überleben, Fortpflanzung, Bequemlichkeit, Genuss und Gewalt über andere orientiert.

 

Diese Gefühle und Bedürfnisse sind ein natürlicher Teil unseres Wesens, den wir aus früheren Zeiten der Evolution mitgebracht haben.

 

Sie sind nicht schlecht, sondern eine legitime Ausprägung des göttlichen Geistes.

 

Sie waren seinerzeit notwendig und sogar fortschrittlich, um noch niedrigere Stufen zu überwinden, um den Schritt von der Pflanzen- in die Tierwelt zu tun: Ein Tier, das sich im Gegensatz zur Pflanze frei bewegen kann und die neue Welt des Fressens und Gefressenwerdens betritt, wird sich dort ohne ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb nicht behaupten können.

 

*****

 

Die Seele an sich war ursprünglich, als sie vor Milliarden von Jahren in der ersten Rasse der ersten Runde des ersten Zyklus wieder auf der materiellen Ebene in Erscheinung trat, ätherisch, nicht-materiell und vollkommen rein. Durch die vielen späteren Inkarnationen in tierischen und menschlichen Körpern hat sie sich aber auch animalische Eigenschaften angewöhnt, die ihrer wahren, geistigen Natur eigentlich fremd sind.

 

Als Deine Seele noch in einem Löwen oder ein Tiger inkarniert war, musstest Du alle paar Tage andere Tiere wie Antilopen oder Büffel jagen, in einem wilden und gefährlichen Kampf besiegen, töten und fressen, um Dein eigenes Überleben und das Deiner Brut zu sichern.  

 

Davon steckt Dir natürlich noch einiges in den Knochen, das Du jetzt wieder loswerden musst.

 

Die Menschheit wird von ihren Begierden durchtränkt. Wenn der Geist auf die auftretenden Begierden anspricht, wird die Stufe zur Evolution durch den sichtbaren Raum begrenzt. Das gegenteilige Streben des Geistes begründet die Stufe der bestätigten Evolution. (U II, 540 [140])  

 

Über Jahrtausende hinweg haben in allen Kulturen die Kirchen die Menschen unter Druck gesetzt und ihnen wegen ihrer sogenannten „niederen Begierden“ ein schlechtes Gewissen gemacht, ohne dass wir so recht wissen, warum.

 

Die Religionen begannen etwas zu verbieten, ohne zu wissen warum. (BGM II, 329 [333])  

 

Heute sagen wir besser: Wir müssen wir die in uns noch lagernden tierischen Eigenschaften nach und nach überwinden, wenn wir die nächsthöhere, die übermenschliche Stufe erreichen wollen. Sie sind überholt, sie entsprechen nicht mehr dem neuesten Stand der Evolution.

 

Urusvati überwindet das atavistische Erbe. Jeder Yogi versteht, dass es ihm gelingen wird, die Last des Atavismus abzuschütteln, nur indem er seine Natur durch den geistigen Yoga auf eine höhere Stufe führt. (Br II, 929)   

 

Man sagt, der Affe sei leicht beleidigt – was bedeutet das für uns? Der Panther sei sehr reizbar – was bedeutet das für uns? Man sagt, die Henne gackere ohne Grund. Man sagt, der Geier verberge lange seinen Zorn – was bedeutet das für uns? Ein Papagei wiederhole Schimpfworte – was bedeutet das für uns? Man sagt, eine Ente beherrsche ihre Nerven nicht – was bedeutet das für uns? Lasst uns sie nicht nachahmen! (AY 367) 

 

Wir sehen:  

 

„Höheres“ und „niederes“ Selbst bezeichnet eine relative Wertung.

 

Was gestern eine beachtliche Errungenschaft darstellte, wird im Laufe des weiteren Fortschritts der Evolution morgen einer noch höheren Eigenschaft Platz machen müssen.

 

Jede Tat, die den Geist von irdischen Begierden losreißt, ist eine höhere Verwirklichung. (FW III, 37)   

 

Es war eine große und stolze Zeit, als Du noch der König der Tiere warst.

 

Nietzsche hat sie noch in unseren Tagen mit Ausdrücken wie „blonde Bestie“ oder „Rudel blonder Raubtiere“ verherrlicht. Diese nur vermeintlich guten alten Zeiten sind aber für immer vorbei. Lasst uns nicht zurück, sondern nach vorne blicken! Das Tier im Menschen hat keine Zukunft, die gehört dem König, dem Priester, dem Weisen, dem Göttlichen in uns.

 

Die Raupe muss vergehen, damit der Schmetterling entstehen kann, beide können nicht gleichzeitig existieren.

 

 

3. Das Höhere Selbst

 

„Höheres Selbst“ ist in der Sprache des Agni Yoga eine Bezeichnung für die drei unsterblichen Aspekte des Menschen: Atma, Buddhi und Manas, die Ewige Individualität.

 

„Der Begriff „Höheres Selbst“ macht mir Schwierigkeiten: Damit ist sicherlich die Seele, der geistige, ewige Teil unseres Wesens gemeint. Wir haben aber gelernt (Sendungen „Die Überirdischen Welten“, „Würdiges Sterben“ und „Die Seele zum Leben erwecken“): Der Seele haften die schlechten Aufspeicherungen wie Begierden, Süchte, Gereiztheit usw. an, die dem niederen Selbst zugeschrieben werden. Sie nimmt sie alle beim Tod mit hinüber in die Höhere Welt und bringt sie bei der Reinkarnation wieder zurück auf die Erde. Das Höhere Selbst scheint also tatsächlich gar nicht höher zu stehen als das niedere Ich oder der Körper. Beiden haften dieselben schlechten Eigenschaften an.“

 

Ja, gut aufgepasst und sehr richtig bemerkt! Hier herrscht wirklich eine große Unklarheit der Begriffe und des Verständnisses.

 

Tatsächlich sind unsere Seelen keineswegs schon groß, schön und rein. Viele Rückstände aus tierischen Zeiten haften Deiner Ewigen Individualität an und beflecken ihr Gold wie die Schlacken oder Schwären.

 

Die Seelen von Verbrechern wie Hitler oder Stalin werden durch den Tod keineswegs geläutert. Sie bleiben verderbt, gelangen in die niederen Schichten der Jenseitigen Welt („Hölle“), treiben dort weiterhin ihr Unwesen und kehren eines Tages mit all ihren schrecklichen Aufspeicherungen wieder auf die Erde zurück.

 

Das sogenannte „Höhere Selbst“ ist nur insoweit „höher“, als es nicht materiell ist.

 

Es steht damit aber nicht automatisch geistig oder moralisch höher als der vergängliche Aspekt unseres Wesens.

 

 

4. Der Feurige Körper

 

Agni Yoga führt deshalb den neuen Begriff des Feurigen Körpers ein. Er ist, wie wir schon besprochen hatten (Sendung „Übung Feuriger Zustand“), ein Wesen von höchster Schwingung und damit unbedingt vollkommen rein.

 

Ein mit physischen Begierden oder Gereiztheit beschmutzter Feuriger Körper ist nicht denkbar. Die hohe Schwingung verbrennt alle animalischen Rückstände.

 

Daher kommt Deine Gewissheit, dass Du ursprünglich, „eigentlich“ rein bist wie ein Kind oder ein Engelein. Daher kommt Deine Scham über Verhalten, das Deines wahren Wesens unwürdig ist. Daher kommen die Warnungen Deines Herzens, des wichtigsten Organs des Feurigen Körpers.

 

Der Feurige Körper kann in der Höchsten Welt, im Himmel leben. Dort haben natürlich nur Wesen von höchster Reinheit Zutritt. Denkbar ist nur ein Abfall Deiner Schwingung, womit gleichzeitig Dein Feuriger Körper sich wieder auflöst und Du den Himmel verlässt.

 

*****

 

Dein Feurige Körper existiert, ist aber einstweilen noch klein, schwach und tief in Deinem Inneren verborgen (siehe die Sendung „Die Seele zum Leben erwecken“). Du sollst ihn im Lauf der weiteren Evolution immer weiter entwickeln, immer größer und stärker machen.

 

Wenn wir also in Zukunft entsprechend der Sprachweise, die sich eingebürgert hat, von „Höherem Selbst“ oder „Herrschaft des Geistes“ sprechen, wollen wir immer im Sinn haben, dass damit der sich langsam entfaltende Feurige Körper gemeint ist.

 

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Wir sprechen in dieser Sendung zunächst allgemein über die Beherrschung der sterblichen Vierheit und dann konkret über die Ausbildung des physischen Körpers. In späteren Sendungen geht es dann um die Beherrschung der Gefühle, Instinkte und Gedanken sowie schließlich als Krönung um die Erziehung der Seele, der Ewigen Individualität, des Feurigen Körpers.

 

 

Abschnitt II: Kampf zwischen Höherem und niederem Selbst

 

Unsere zweifache Natur ist seit dem Altertum bekannt. Platon vergleicht den Menschen mit einem Gespann, das von zwei verschiedenartigen Rossen gezogen wird, die der Lenker (der Geist) in Harmonie zu bringen versucht.

 

Verglichen sei die unsterbliche Seele der zusammengewachsenen Kraft eines geflügelten Gespannes und seines Lenkers. Der Götter Rosse und Lenker sind selbst edel und stammen von Edlen, die der übrigen sind gemischt. Und erstlich lenkt bei uns der Führer ein Zweigespann, aber da ist von den Rossen eines schön und edel und von edler Abstammung, das andere das Gegenteil davon in Abstammung und Artung. Schwer und voller Verdruss muss daher die Lenkung bei uns sein.

Da fahren denn die Gespanne der Götter, wohlgezügelt, leicht im Gleichgewicht dahin, die andern aber nur mit Not, denn das Ross der Schlechtigkeit drängt zur Erde und lastet mit seiner Schwere, wenn es vom Lenker nicht gut erzogen ist. Das legt der Seele härtestes Ringen und Mühsal auf. (Platon, Phaidros, 25, 26 [245, 246])  

 

Goethe spricht von den zwei Seelen in unserer Brust:

 

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,

die eine will sich von der andern trennen;

die eine hält, in derber Liebeslust,

sich an die Welt mit klammernden Organen;

die andere hebt gewaltsam sich vom Dust

zu den Gefilden hoher Ahnen. (Goethe, Faust, 1. Teil, Vor dem Tor)  

 

Die Weisheit der Sufis bringt es so zum Ausdruck:

 

Du bekommst gleichzeitig die Seele eines Tieres und die Seele eines Engels. Wirf ab die Seele des Tieres und übertriff die Seele des Engels. (Rumi)

 

Dieses Nebeneinander von göttlicher und animalischer Natur, von ererbtem Tier-Menschen und langsam sich bildenden Gott-Menschen, ist unser Schicksal und unsere Bestimmung. Es erklärt, warum in der Weltgeschichte ein und dasselbe Volk (zum Beispiel wir Deutschen) neben kulturellen Höchstleistungen immer wieder auch schreckliche Tiefpunkte hervorgebracht hat.

 

Der Denker [Platon] vertraute manchmal seinen Schülern an, dass Er zwei Leben in sich fühle: Ein lichtes und ein anderes, dunkles, doch dass das lichte als Führer in die höheren Welten erscheine. Das lichte Leben sei immer wach: „Ruft es, und es wird antworten!“ (Br II, 433)  

 

Heute sagen wir in moderner Sprache: Der Mensch besteht aus einer vergänglichen Persönlichkeit und einer Ewigen Individualität.

 

Beide streben nach völlig verschiedenen Dingen und in ganz entgegengesetzte Richtungen: Die Seele opfert sich für Wahrheit, Gerechtigkeit, Schönheit und Liebe. Der Körper ist egoistisch nur um seine Verteidigung, sein Wohlergehen und seine Vermehrung besorgt. Er setzt allen höheren Bestrebungen eine natürliche Trägheit und Widerstand entgegen.

 

Es sollte einen nicht betrüben, wenn die beiden Naturen, die irdische und die feinstoffliche, sich nicht leicht als Einheit offenbaren. (Br I, 416)  

 

Für jeden einzelnen Menschen ebenso wie für die Menschheit insgesamt stellt sich in jedem Augenblick neu die Frage: Welcher Aspekt setzt sich durch, der irdische oder der himmlische?

 

Die tierische und die göttliche Natur des Menschen führen einen unerbittlichen Kampf um die Vorherrschaft.

 

Gerade auch im Menschen selbst zeigt sich

 

Der ewige Wettstreit der höheren und der niederen Sphären. (AY 531)  

 

„Ist Kampf nicht ein viel zu grober, brutaler Begriff für einen geistigen Menschen?“

 

Nein, Du darfst Dich keinen Illusionen hingeben und musst der Wirklichkeit ins Auge sehen:

 

Das Leben auf der materiellen Ebene ist ein ständiger Kampf!

 

Zwischen Neu und Alt, Gut und Böse, Groß und Klein. In jedem Moment steht auf der Kippe, was von beidem die Oberhand gewinnt. Nichts wird uns geschenkt. Jeden Fortschritt müssen wir hart erkämpfen.

 

Viele Schlachten liegen hinter uns, noch mehr stehen bevor. Jedes Atom des Kosmos kämpft. (Gem 39)

 

So mancher Pseudo-Esoteriker lehnt den Begriff „Kampf“ ab, weil er die Welt durch eine rosarote Brille betrachtet und sie nicht so sehen will, wie sie ist. Sein Schicksal wird sein: Ohne Kampf zu unterliegen.

 

Das Ziel aller Ausbildung fasst das Mantram zusammen:

 

Ich offenbare nur das Göttliche!

 

Ich glaube an das Unerschütterliche Göttliche Prinzip, das in jedem menschlichen Wesen wohnt, und ich glaube an die Geburt Christi in der menschlichen Seele auf ihrem Weg zur Vervollkommnung. (HR II/1, 10; Brief vom 22.07.1935)

 

Der gekreuzigte Christus, der in jedem menschlichen Wesen gegenwärtig ist, muss nach Erlangung eines bestimmten Entwicklungsgrades hinabsteigen in die Hölle, um die Seele von dort herauszuführen und wieder in ihren höheren oder normalen Zustand zu erheben, die dort hineingefallen ist durch die gesetzwidrigen Taten ihres niederen Ego. Mit anderen Worten, die Göttliche Liebe muss das Herz des Menschen erreichen, ihn besiegen und erneuern. (TL IV, 161 = HR II/1, 10, Brief vom 22.07.1935; HR II/1, 221, Brief vom 08.06.1936)

 

Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren

und nicht in dir, du bleibst doch ewiglich verloren. (Angelus Silesius)

 

 

1. Sich selbst besiegen

 

Der Preis für die Offenbarung des Göttlichen in uns ist die Überwindung des niederen Selbst, des vom Volksmund richtig so genannten inneren Schweinehundes.

 

Wenn Du größer werden willst, musst Du das in Dir selbst aufgeben, was noch klein ist.

 

Verlieren muss er sein niederes Leben, um sein leuchtendes Höheres Selbst zu finden. (ALH II, 156)

 

Was allein den Menschen über die Tiere des Feldes erhebt: Seine Macht, Gott zu erkennen, seine Macht, sein Selbst dem wahren Selbst zu opfern, damit das ewige Selbst lebe und herrsche in Ewigkeit. (ALH II, 109) 

 

Du musst Dich entscheiden zwischen Groß und Klein, Geist und Materie, dem Gott und dem Tier in Dir.

 

Die Wahl ist dein, oh Menschensohn, des Lebens höchste Höhen zu erreichen und die Krone der Unsterblichkeit und selbstloser Liebe zu gewinnen oder aber in die Tiefen der Unterwelt zu versinken, um dort in langen Zeitaltern zu trauern und zu klagen. Wieder und wieder kommt täglich einer in guter und einer in böser Gestalt zu dir und sagt: „Triff die Wahl zwischen deinem treuen Dienst für die Götter des Lebens und dem gleichen Dienst für dein niederes Selbst.“ (TL V, 249) 

 

In jedem Moment musst Du neu entscheiden: Was willst Du offenbaren: Deine höhere oder Deine niedere Natur?

 

Du kannst nicht zwei Herren dienen, wie es in der Bibel so schön heißt (Mt 6, 24).

 

Was immer den einen stärkt, schwächt den anderen. Jeder Sieg des Geistes über das Fleisch vergrößert, jedes Nachgeben verringert die Macht des Göttlichen in Dir selbst und in der Welt.

 

Das Selbst des Geistes und das Selbst des Stoffes können sich nie vereinigen, eines von beiden muss verschwinden. Das Wahre und das Falsche sind diametrale Gegensätze, und alle Energie der weiten Räume des Universums kann sie nicht zusammenbringen. Wahrheit und Falschheit können sich nicht verbinden. (TL III, 105) 

 

„Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“. Bezogen allein auf Zahlungsmittel, Gold und Silber, Viehherden, Ländereien und Häuser, werden unter der Bezeichnung Mammon nur die Besitztümer des Menschen verstanden. Doch Er, der das Wort aussprach, verlieh dem Begriff Reichtum eine umfassendere Bedeutung, als er von den heutigen Menschen verstanden wird. Mammon! Tier! Die beiden Worte sind in unserem Zeitalter vertauschbar, und setzt man anstelle von Tier das niedere Selbst des Menschen, so bezeichnet es treffend, was der große Meister mit Mammon gemeint hat. Der Mensch kann nicht dem Tier in sich dienen und gleichzeitig seinem Höheren Selbst, seinem Gott. (TL IV, 185) 

 

*****

 

Das Meistern des niederen Ich ist ein ständiger Kampf, der jede Stunde neu entbrennt, nie endet und tiefe Wunden schlägt. In dieser Schlacht sich selbst zu überwinden: Das ist die große Heldentat, die ein Krieger des Lichts heute zu vollbringen hat.

 

Gegen wen sollte man sich besonders streng verhalten? Natürlich gegen sich selbst. (Gem 130)  

 

Du musst tatsächlich Dich selbst besiegen – nämlich Dein niederes Selbst.

 

Meisterschaft zeigt sich im Sieg über sich selbst. Sich selbst besiegend steigt der Sieger auf. (BGM I, 372 [437])   

 

Ein Sieg über sich selbst wird ein wahrer Erfolg sein. Das Leben bietet für solche Siege viele Gelegenheiten. (Br I, 565)   

 

„Kannst Du das noch deutlicher erklären?“

 

Nun, Du weißt doch selbst genau, wie es in Deinem täglichen Leben zugeht: Du hast Dir vorgenommen, Deine Neigung zu Gereiztheit zu zügeln, keinen (oder nur noch wenig) Alkohol mehr zu trinken oder keine (oder nur noch wenige) Süßigkeiten mehr zu essen. Dann bietet man Dir ein Glas Wein oder ein Stück Schokolade an, oder Du siehst die Flasche oder die Tafel im Supermarkt, nach der Du in der Vergangenheit so oft gegriffen hast.

 

Dein Körper sagt: „Ich will.“ Dein Geist sagt: „Ich will nicht.“

 

Jetzt kommt es tatsächlich zum Kampf zwischen diesen beiden Willen.

 

Du schwankst zwischen ihnen hin und her. Du gehst erst vorüber und kehrst dann zurück. Dein Intellekt liefert Dir für beide Optionen jede Menge gute Gründe: Einmal ist keinmal; man gönnt sich ja sonst nichts; das ist jetzt wirklich das letzte Mal, danach höre ich auf usw. So oder ähnlich geht es allen von uns mehrmals an jedem einzelnen Tag.

 

„Und wer setzt sich am Ende durch?“

 

Der stärkere Wille!

 

Das Edle bringt das Tier in uns unter die Gewalt des Menschen, vielmehr unter die Gewalt des Göttlichen in uns; das Gemeine macht das Edelste in sich zum Sklaven des Niedrigsten, der edelste Teil seiner Seele ist schwach und kann der Tiere nicht Herr werden. Es ist der Vorteil jedes Menschen, unter der Herrschaft von etwas Göttlichem und Vernünftigem zu stehen, am besten unter der Herrschaft dessen, was er in sich selbst trägt. (Platon, Der Staat, 9. Buch, XII, XIII)

 

Das waren nur einige Beispiele. Tatsächlich gibt es eine Unmenge von animalischen Eigenschaften, die Du bekämpfen und überwinden musst: Begierden, Schwäche, Bequemlichkeit, Niedergeschlagenheit, Angst, Grobheit, Gereiztheit, Lieblosigkeit, Trägheit, und so weiter und so fort.

 

Muss er nicht Tag für Tag die Mächte der Dunkelheit, die Teufel Furcht und Verzweiflung, die Dämonen Feigheit und Hass bekämpfen? (TL VII, 346) 

 

Dein wahrer Stolz ist der Aufstieg, der Gewinn an Macht und Größe, den jeder Sieg über Deine niedere Natur Dir bringt.

 

Überwindet und steigt auf! (Br II, 799)  

 

Der Thron eines Königs des Geistes ist auf das unterworfene niedere Selbst gegründet.  

 

Ungeheuer sind des Thrones Füße. Nicht ohne Grund werden heilige Gegenstände auf Sockeln mit Tieren dargestellt. (Herz 259)  

 

Wenn Du diesen Kampf aufnimmst, kannst Du natürlich Hilfe von Oben erwarten.

 

Ihr, die ihr unter dieser teuflischen Kraft leidet, nehmt tapfer einen Anlauf, um ihr Weiterwirken aufzuhalten und ihren Zugriff zu lösen. Ihr werdet dann sofort empfinden, wie die Logenkräfte euch durchströmen, um euch zu helfen. Es wird euch auch gleich leichter werden, eure Bemühungen fortzusetzen, bis zum endlichen Gelingen.

Es gibt keine Spannung, keine Last, die zu groß wäre, um sie nicht mit unserer Hilfe auszuschalten, wenn ihr nur mit uns zusammenwirkt. Doch ihr müsst die erste Anstrengung machen, müsst zuerst das Verlangen danach haben. Ihr seid in die Ränke der negativen Seite des Lebens verstrickt und müsst euch energisch aufraffen, wollt ihr euch ihrem Griff entziehen. (TL V, 250)

 

 

2. Den Drachen töten

Tintoretto „Der Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen“

 

Man kann es gar nicht deutlich genug sagen: Du musst tatsächlich das Tier im Menschen töten!

 

Gott, der doch stets ganz nahe ist, wartet immer darauf, die Bestie im Menschen sterben und die Geburt des Engels zu sehen. (ALH I, 162) 

 

Wenn im Menschen das Tier erwacht, verwandelt sich die Individualität, wenn sie nicht vom Bewusstsein genährt wird, in einen boshaften Egoismus, der zurück zum tierischen Zustand führt. Es werden sich Besieger des Tieres finden. Vernichtet den Tier-Menschen. Menschen mit Schwänzen und Zentauren gehen nicht in die Evolution ein. (Gem 218)  

 

„Das hört sich aber brutal an!?“

 

Ja, aber so ist nun einmal die Wirklichkeit:

 

Du musst Deinen inneren Schweinehund buchstäblich erschlagen. (Nikolaus Roerich „Gorynych“)

 

Jeder Schüler der großen Mysterien muss den blinden Kampf mit den seinen Weg versperrenden Dämonen aufnehmen, er muss jene erbärmlichen elementalen Selbste vernichten, die um ihr Dasein kämpfend aus der Tiefe ihrer Qualen „gib, gib, gib“ ausrufen. Diesen hat er nicht nur entgegenzutreten, um sie abzuwehren, sondern er muss sie mit kalter, leidenschaftsloser Überlegenheit erschlagen, um Raum für das höhere, das uneigennützige Selbst zu gewinnen, denn die Gesetze des Raumes sind unerbittlich. (TL I, 16)

 

Der ganze große Zweck des menschlichen Lebens ist die Erlangung der Meisterschaft, und der erste und letzte Feind, den der angenommene Schüler der Weißen Loge erschlagen muss, ist der persönliche Teufel, die Kraft, die zur Untreue antreibt. (TL V, 205) 

 

Der Drache in Deinem eigenen Inneren ist tatsächlich der Todfeind Deiner Seele!

 

Man erhebe sein Selbst durch das Selbst, man erniedrige sein Selbst nicht; denn das Selbst ist des Selbstes Freund, aber das Selbst ist auch des Selbstes Feind. Das Selbst ist des Selbstes Freund bei demjenigen, von welchem das Selbst durch das Selbst bezwungen ist; bei demjenigen aber, der seines Selbstes nicht Herr ist, wirkt das Selbst in Feindschaft, gleichwie ein Feind. Wer sein Selbst bezwungen hat und zur Ruhe gekommen ist, dessen Selbst ist vollständig gesammelt, in Kälte und Hitze, in Freude und Schmerz, in Ehre und Verachtung. (Bhagavad Gita VI, 5-7) 

 

Wenn Du diesen Feind nicht tötest, tötet er Dich – nämlich Dein Höheres Selbst!

 

Der Teufel würde das Höhere Selbst erschlagen, hätte er die Macht dazu. Ein Lügner, ein Betrüger, ein Mörder, ein widerwärtiger Ausbund von Selbstsucht und Wollust, das ist das niedere Selbst – ein Versucher des Pilgers, der sich anschickt, den Pfad der Macht zu erklimmen. (TL IV, 185) 

 

Es ist der Weltbewohner, den ihr den Zerstörer und Widersacher nennt, ein wahrer Teufel, der sich austobt, um euch von dem höheren Thron eurer geistigen Errungenschaften zu verstoßen, den ihr im Schweiße eures Angesichts, in harten Mühen während einer langen Reihe von Verkörperungen erreicht habt.

Kein Mensch, keine Macht kann ihn von eurer Schwelle vertreiben, nur ihr selbst. Er muss an der Kehle gepackt und durch innere Kraft erwürgt werden. Ganz langsam, Zoll um Zoll, Stoß um Stoß wird er sich deiner bemächtigen, bis dein ganzes Wesen unter seinem Einfluss steht und du nicht mehr die Macht besitzt, ihn abzuwehren. (TL V, 250)

 

Das ist eine Schlacht, bei der Du nicht umhinkommst, Dir selbst Schmerz zuzufügen.

 

Geist ist Fleisch, das ins Fleisch schneidet. (Nietzsche)

 

„Wie soll ich praktisch vorgehen?“

 

 

Praxistipp: Den Drachen aushungern

Nikolaus Roerich „Brahmaputra“

 

Gibst Du Deinem niederen Selbst Nahrung, so entwickelt sich dieses auf Kosten des höheren. Speist Du dagegen Deine geistige Natur, so wächst diese, und Dein tierisches Wesen schrumpft.

 

Das niedere Begehren ist wie eine Giftschlange in Deinem Inneren: Wenn Du sie fütterst, wird sie immer größer und mächtiger und herrscht schließlich über Dich.

 

Ich erzähle Dir eine schöne Geschichte:

 

 

 

Wenn Du den Drachen in Dir im Zaum hältst und ihm immer weniger von dem gibst, was er so ungestüm verlangt, befreist Du Dich von ihm. Er verkümmert allmählich und hört schließlich ganz auf, Dich zu belästigen.

 

Der Mensch sollte nicht nur fähig sein, aufwärtszuschauen, sondern auch in seine eigenen Tiefen zu blicken. In der Tiefe des „Kelches“ ruht eine alte Giftschlange, die durch jede falsche Bewegung geweckt werden kann: Sie vollbringt Böses, raubt Kräfte und überdeckt gute Absichten. Mit großer Anstrengung kann der Mensch sich von dem alten Gefährten befreien.

In beharrlichem Bemühen ist er fähig, jene Eigenschaft in sich zu entwickeln, durch die er den Winkelzügen der Giftschlange widerstehen kann. Bei Herzensreinheit wird er das Maß spüren, nach dessen Überschreiten die Herrschaft der Giftschlange eintritt. Indem er diese Grenze spürt, schiebt der Mensch eine geplante Tat zunächst auf, und dann treten weitere Zeichen ein.

Die Hauptsache ist, sich zweifelhafter Handlungen zu enthalten. Jene Grenze vermag der Mensch wahrzunehmen, ohne dabei die Giftschlange zu wecken. Es ist besser, in seinen Handlungen wählerisch zu sein, als später Begangenes zu bereuen. (Br II, 478)  

 

Du kannst und musst den Drachen in Dir im wahrsten Sinne des Wortes aushungern!

 

Die Menschen machen sich nicht bewusst, dass in ihnen ein böses Ungeheuer entstanden ist. Es ist unmöglich, mit einem einzigen Schlag alle Köpfe der Hydra mit dem Schwert abzuhauen. Es wurde gesagt, dass jeder ihrer Blutstropfen einen neuen Sprössling hervorbringt. Man muss Maßnahmen solcher Art ergreifen, dass das Ungeheuer des Hungertodes stirbt. Man muss seine Ernährung unterbinden, und es wird verschwinden. (Br II, 480)   

 

Lasst das niedere Selbst ganz unbeachtet, das ist das einzige, was es fürchtet. Wenn ihr euch weigert, ihm die Substanz zu geben, die es zum Leben braucht, nämlich die Substanz eurer eigenen bösen Gedanken und Worte, so wird es machtlos, immer schwächer und löst sich schnell auf. Tötet es, indem ihr es durch Gutes überwindet und so seine Natur verändert. Kräftige und ernähre das niedere Selbst nicht durch Furcht vor seiner Wirkung auf dich, oder indem du seine Macht über dich anerkennst. (TL III, 114)

 

Wenn Du ein großes und starkes Geistwesen, ein kosmischer Gigant sein willst, der bis in den Himmel reicht, darfst Du Dich nicht selbst zu einem erdgebundenen Wurm machen, indem Du der Giftschlange nachgibst, die in Dir steckt.  

 

Ernst Barlach hat diesem Kampf des Menschen mit sich selbst, des Engels in uns mit dem Wolf in uns, in seiner Kieler Plastik „Der Geistkämpfer“ Ausdruck verliehen – die zeitgenössische Behandlung des uralten Themas vom Streit des Erzengels Michael mit dem Drachen.

 

 

 

3. Umwandlung des alten in den Neuen Menschen

Nikolaus Roerich „Lama“

 

Wir können statt von „Kampf“ auch von „Umwandlung“ sprechen: Wenn Du den alten Menschen überwinden willst, musst Du Dich in einen Neuen Menschen, in Nietzsches Übermenschen verwandeln.

 

Leget von euch ab den alten Menschen mit seinem vorigen Wandel, der durch trügerische Lüste sich verderbt: Erneuert euch aber im Geist eures Gemüts und ziehet an den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. (Eph 4, 22-24)

 

Im ganzen Kosmos ist Umwandlung das führende Prinzip. (U I, 183) 

 

Der Schüler meißelt das höhere Bild von sich selbst mühsam aus dem Material heraus, das die bisherige Evolution ihm zur Verfügung gestellt hat.  

 

„Wie geht diese Verwandlung vor sich?“

 

Du veränderst Dein Wesen, indem Du die Attribute des Höheren Selbst, die Eigenschaften des Göttlichen annimmst, deren in Dir selbst bereits angelegt sind.

 

Die Krone der Vollendung befindet sich in Dir selbst. (BGM II, 238 [239]) 

 

Das niedere Selbst vermag das Höhere Selbst erst zu würdigen, wenn es die Attribute des Höheren Selbst sich zu eigen gemacht, in sich aufgenommen und seinem eigenen Wesen assimiliert hat, wodurch seine Natur umgewandelt wurde. (TL III, 119) 

 

Das heißt konkret: Verwandle Leid in Freude, Unreinheit in Reinheit, Schwäche in Stärke, Dunkelheit in Licht, Angst in Mut, Grobheit in Feinheit, Gereiztheit in Gelassenheit, Lieblosigkeit in Liebe, Trägheit in Aktivität, physische Genüsse in geistige, Unwissenheit in Erkenntnis und so fort.

 

Wenn das Streben der Seele auf die Befolgung des Göttlichen Gesetzes gerichtet ist und die Wünsche des Körpers besiegt, wird die niedere Natur völlig umgewandelt. (HR II/1, 221)

 

Hat erst einmal das Verlangen der Seele nach Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz das Verlangen des Körpers nach Verletzung dieses Gesetzes zu Zwecken der Sinnenbefriedigung überwunden, dann ist eine gänzliche Veränderung in der niederen Natur eingetreten. (TL IV, 161) 

 

Dein Mantram lautet:

 

Möge nur mein Höheres Selbst in mir denken, aus mir sprechen und mit mir handeln.

 

O Christus, Du Sohn Gottes, Mein eigenes, ewiges Selbst! Lebe in mir Dein Leben. Tue in mir Deinen Willen. Keinen Willen will ich als den Deinen, kein Selbst will ich als nur Dich. (ALH III, 83) 

 

 

Abschnitt III: Selbstbeherrschung

 

Das Zauberwort, der Schlüssel zu jedem Fortschritt lautet: Selbstbeherrschung.

 

Ohne Selbstbeherrschung kann nichts erreicht werden. (HR I/2, 47; Brief vom 10.05.1933)

 

Das gilt ganz besonders für das Verhältnis zwischen den vier Körpern, der niederen vergänglichen Persönlichkeit und dem ewigen Geist.

 

 

1. Die Herrschaft des Geistes über sich selbst errichten

Kaiser Augustus

 

Das Ziel der Evolution lautet: Die Kosmische Ordnung, der Göttliche Wille soll überall, bis in den letzten Winkel des Universums hinein gelten. Anders ausgedrückt:

 

Wir sollen die Herrschaft des Göttlichen Geistes überall errichten.

 

„Wo soll ich damit anfangen?“

 

Wo anders als bei Dir selbst? Der erste und unabdingbare Schritt auf dem Geistigen Pfad ist:

 

Du musst zunächst die Herrschaft des Geistes über Dich selbst errichten!

 

Alle Lehren sprechen von der Last des Fleisches, um das Augenmerk auf das Primat des Geistes zu lenken. (Herz 72)

 

Wenn Du größer werden willst, musst Du Dein kleines, persönliches Selbst, Deine niedere Natur der Führung des Geistes unterstellen.

 

Meisterschaft ist absolute Herrschaft über das niedere Selbst. (TL IV, 173).

 

Lasst euch vom Geist leiten, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen. (Gal 5, 16) 

 

Ich stehe auf dem Gipfel meines göttlichen Selbst. Mein Herz ist frei von Hass und frei von Furcht, meine Seele dem Dienst an Gott und der Menschheit geweiht. Treue, Liebe, Mitleid, Schönheit, Weisheit, Wahrheit, das Licht des ewigen Lebens umgeben, durchdringen mich. (ALH II, 136)

 

Wie willst Du die Herrschaft des Geistes in der Welt durchsetzen, wenn Du sie noch nicht einmal über Dich selbst zu errichten vermagst?

 

Erst wenn Du souverän über Dich selbst herrschst, kannst Du zu einem Geistherrscher, einem Hierarchen werden und als Mitglied der Hierarchie die Welt und andere Menschen führen und regieren.

 

Wie können wir Städte, Völker, Planeten regieren – mit Gott regieren –, wenn wir uns selbst nicht regieren können? (TL VII, 373) 

 

Ein Jüngling bat einen Weisen, ihn die Staatsführung zu lehren. Der Weise sagte daraufhin: „Gern, doch vorerst ernenne ich dich zum Regenten deines Herzens. Sobald du dieses Reich beherrschst, komm wieder zu mir.“ (Br II, 658) 

 

 

2. Selbstbeherrschung

 

„Was genau bedeutet Selbstbeherrschung?“

 

Dein Selbst beherrscht sich selbst – nämlich das Höhere das niedere Selbst.

 

Ich kann es gar nicht deutlich genug sagen: Es geht hier wirklich um Macht, um Durchsetzung von Interessen, um Herrschaft!

 

Bist Du (Dein Ewiges Ich) ein König, der fest auf seinem Thron sitzt und herrscht, oder ein Untertan, der von jemand anderem regiert wird?

 

Die Ewige Individualität lenkt ihre vier vergänglichen Werkzeuge, den physischen, den Gefühls-, den Instinkt- und den Gedankenkörper, damit sie zu ihrem Ziel kommt und nicht die Rosse den Weg bestimmen.  

 

Wenn die Pferde sich durchsetzen und durchbrennen, wenn Du von den Gefühlen und Trieben Deiner niederen Natur hin und her gerissen wirst, ist die natürliche Ordnung auf den Kopf gestellt. Eines der Pferde bricht ständig aus. Es bedarf einer gewaltigen Anspannung, um sie alle dazu zu bringen, jederzeit gemeinsam nur eine, nämlich die von Dir vorgegebene Richtung zu verfolgen. (Rubens „Der Sturz des Phaeton“)

 

Die Hände eures geistigen Selbst müssen ebenso sicher und beständig das Steuer eurer persönlichen Natur führen, wie die Hand des Kapitäns niemals die Lenkung seines Schiffes aufgibt, damit das Schiff nicht durch unsichtbare, unvorhergesehene und unerwartete Hindernisse plötzlich gerammt oder durch hohe Seen außer Kurs gesetzt wird, kentert oder sinkt. (TL V, 270) 

 

Selbstbeherrschung ist das erste Merkmal des Menschen der Zukunft, die feste Grundlage seiner Überlegenheit über den alten Menschen. (Nikolaus Roerich „Lama“)

 

Die Macht Deines Geistes kann sich überhaupt nur dadurch entfalten, dass Du ihn zunächst gegenüber den Bestrebungen Deiner eigenen vergänglichen Persönlichkeit durchsetzt!

 

Wer sich selbst beherrscht, ist besser als einer, der Städte gewinnt. (Sprüche Salomos 16, 32)

 

Nur äußerste Selbstbeherrschung kann einen auf die feurigen Sphären vorbereiten. (Herz 162)

 

Macht in der Welt beruht auf Macht über sich selbst.

 

Solange Du ein Sklave Deiner niederen Begierden, Instinkte und Leidenschaften bist, kann von Meisterschaft keine Rede sein. Dann bleibt das Göttliche in Dir verschüttet und kann nicht zum Ausdruck kommen.

 

Je mehr er seinen Bedürfnissen nachgibt, desto mehr beherrschen sie ihn. (TL VII, 354) 

 

Ach, was treibt ihr so müßig auf dem großen Strom dahin, Opfer eurer Gefühle, Sklaven eurer Emotionen, erbärmliche Schwächlinge, euch brüstend mit der Stärke, die ihr schon zu besitzen wähnt, während sie euch doch nur als Ideal vorschwebt; die Hände zur Weite universeller Macht ausstreckend, während ihr noch nicht einmal die Herrschaft über eine einzige Charaktereigenschaft gewonnen habt! (ALH III, 94)

 

Ein König des Geistes bist Du erst, wenn Du Dich aus dieser Knechtschaft befreit hast.

 

Freiheit ist das Erlöstsein der Seele aus der alten Knechtschaft des niederen Selbst. (TL V, 244) 

 

Ein Meister beherrscht alle Regungen seines Leibes, seiner Gefühle, Instinkte und Gedanken.

 

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Deine Würde beruht auf Deiner höheren, göttlichen Natur. Deine Selbstachtung, Dein Stolz hängen davon ab, dass Du sie zum Ausdruck bringst.

 

Jeder achte auf seine Würde, und jeder schätze die Perle seines Bewusstseins. (Gem 130)

 

Es ist Deines ewigen, geistigen Wesens unwürdig, sich dem Tier in Dir unterzuordnen.

 

Erst Selbstbeherrschung führt zu Selbstachtung!

 

 

Abschnitt IV: Hilfsmittel

 

Sehen wir uns jetzt die Mittel an, die uns helfen, unsere niedere, animalische Natur zu beherrschen.

 

 

1. Spirituelle Disziplin

 

Alle Religionen und Weisheitslehren betonen die Notwendigkeit der spirituellen Disziplin.

 

Ohne Disziplin gibt es keinen Fortschritt auf dem Geistigen Pfad.

 

Disziplin ist der Anfang von allem. (BGM II, 250 [253])  

 

Disziplin ist die Brücke zwischen Deinen Träumen und Deinen Zielen.

 

Disziplin ist der Preis, den Du zahlen musst, wenn Du Dein Ideal verwirklichen willst.

 

Wenn Dir dieser Preis zu hoch ist, darfst Du nicht an Meisterschaft denken.

 

Wir wollen über den Herrscher Buddha sprechen. Die Menschen erfassen die Grundlage der Lehre des Gesegneten nicht. Die Grundlage ist Disziplin. Geistig und körperlich strebte der Mönch der Gemeinschaft danach, auf dem Pfad zu bleiben. In den ersten Jahren ertrug er schweren Gehorsam. Es war ihm untersagt, sich durch die Übungen eines Styliten [eines übertriebenen Asketen] abzutöten, doch war es ihm auferlegt, den Kampf allein nach den Grundlagen des Geistes zu führen.

So streng lehrte Buddha die Schüler. Wahrlich, nur am geistigen Kampf fanden sie ihre Freude, deshalb spricht man von den Dornen des Pfades. Erst als der Wille des Glaubenskämpfers löwenähnlich wurde und der silberne Zügel des Geistes auf den Gefühlen des Schülers glänzte, lüftete der Herrscher ein wenig den Schleier und gab eine Aufgabe. Erst dann wurde der Schüler allmählich in die Geheimnisse des Wissens eingeweiht. (BGM II, 251 [254])  

 

Im Grunde ist es die wahre Freiheit, sich den Gegebenheiten und Gesetzen der Kosmischen Ordnung zu unterwerfen, denn nur im Einklang mit ihnen schreitet die Evolution voran.

 

Man muss Disziplin des Geistes offenbaren, ohne sie könnt ihr nicht frei werden. Für den Sklaven wird sie ein Gefängnis sein, für den Freien ein wunderbar-heilsamer Garten. Solange die Disziplin des Geistes eine Fessel ist, werden die Tore verschlossen bleiben, und in Fesseln kann man die Stufen nicht emporsteigen. Man kann die Disziplin des Geistes als Flügel verstehen. (BGM II, Vorwort)

 

Kein Mensch ist frei, der ein Sklave des Fleisches ist. (Seneca)

 

Ein anderes Wort für Disziplin ist Geisteszucht. Zucht kommt von Züchten. Das heißt: Das Heranzüchten einer neuen Rasse erfordert Disziplin.

 

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„Bedeutet Disziplin nicht einen Zwang gegen sich selbst, den die Lehre ablehnt?“

 

Nein! Der Begriff Disziplin ist zu Unrecht in Missklang geraten. Hier wie überall gilt das Kosmische Prinzip der Zweckmäßigkeit.

 

Disziplin ist nichts anderes als zweckmäßiges Handeln zum Erreichen eines Zieles.

 

Die Bruderschaft zeigt das Ziel auf – die Herrschaft des Geistes – und benennt klar dasjenige, was auf dem Weg dorthin schädlich und was notwendig, nützlich und zweckmäßig ist.

 

Stellen wir uns vor, ihr seht einen Menschen, der Böses tut, jedoch noch einen Funken psychischer Energie besitzt. Es wäre nicht weise, ihm zu sagen, dass er schlecht handle, doch man könnte sagen, dass seine Handlungsweise nicht der Richtung der Evolution entspricht. Es geht nicht um gut oder böse, sein Betragen ist nur nicht zweckmäßig und daher nicht nützlich. (Gem 179)

 

Wenn Du nur wirklich entschlossen bist, wirst Du überholte Verhaltensweisen von selbst aufgeben, weil Du erkennst, dass sie Dich von Deinem Ideal entfernen.

 

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Disziplin ist notwendig, weil jedes Nachgeben gegenüber dem niederen Selbst den Geist schwächt.

 

Die Menschen wollen alle gängigen Gewohnheiten weiterpflegen und vergessen, dass die Gewohnheiten des Körpers auch Gewohnheiten des Geistes einprägen. Der Geist wird kraftlos und beginnt, kühne Taten zu fürchten. So werden die Leute wie alle, mit den gleichen konventionellen Freuden und Sorgen. (AY 262)

 

Jede Abweichung bedeutet nur eine Verlängerung des Pfades. (Br II, 14) 

 

Dagegen stärkt jede Bewährung, jedes Durchsetzen gegenüber dem widerstrebenden tierischen Ich die Macht Deines Geistes.

 

Jede Disziplin kräftigt nur. Disziplin des Geistes stärkt die Weisen. (AUM 350; FW II, 42)  

 

 

Praxistipp: Schmerz der Seele in Freude verwandeln

 

Eigentlich sprechen wir über ein ganz einfaches, natürliches und heilsames Konzept: Du spürst schmerzlich: Etwas setzt Deine Schwingung herab, bringt Dich aus dem Feurigen Zustand heraus und lässt Dich klein und schwach werden, ob es nun Völlerei, Gereiztheit oder Niedergeschlagenheit ist.

 

Disziplin aufbringen bedeutet dann nur: Du lernst aus dem Fehler und unterlässt ihn in Zukunft. So überwindest Du den Schmerz Deiner Seele und wandelst ihn in Freude um:

 

Am Ende ist es die höchste Befriedigung, sich selbst (seinem Höheren Selbst) treu geblieben zu sein. Nach einiger Übung trägt Dich die tägliche Disziplin mehr, als dass Du sie erdulden musst.

 

Disziplin des Guten ist Freude, die sich selbst erzeugt. (Br II, 559)

 

Eine wunderbare Freude an Reinheit, Treue und Festigkeit tritt an die Stelle von primitiveren Vergnügungen und gewährt eine viel tiefere Befriedigung als diese.

 

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Worauf genau bezieht sich die Disziplin?“

 

Für einen Agni Yogi gelten die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga. Sie machen einen großen Teil der Erziehung des Körpers aus.

 

„Übertreibst Du nicht die Bedeutung der 10 Grundpfeiler, wenn Du sie immer wieder hervorhebst? Letztlich geht es dabei doch nur um Äußerlichkeiten!“

 

Das siehst Du ganz falsch! In Wirklichkeit sind die 10 Grundpfeiler die unabdingbare Basis für ein neues, schöneres, würdigeres, gesünderes und geistigeres Leben – sowohl für den Körper als auch für die Seele!

 

Wir in Tabenisi machen uns anheischig, Depressive, Kranke, Süchtige und sogar Verbrecher allein dadurch zu heilen, dass sie an unserem normalen täglichen Leben mit seiner spirituellen Disziplin teilnehmen. Ein fester Tagesablauf aus Gottesdienst bzw. Meditation, Arbeit und Ausbildung ist für jedermann, der ein neues Leben beginnen will, der Königsweg und geradezu ein Allheilmittel.

 

Die 10 Grundpfeiler beschreiben die Gewohnheiten und Bräuche, die in den Höheren Welten, in den Wohnstätten der Bruderschaft gelten. Nach dem uralten Grundsatz „Wie im Himmel, so auf Erden“ (FW II, 16) sind wir aufgerufen, sie auch auf unser alltägliches Leben anzuwenden.

 

 

2. Den Willen stärken

 

Wir hatten vorhin gesagt: Im Kampf zwischen Körper und Geist setzt sich der stärkere Wille durch. Das zweite Hilfsmittel, um Deine niedere Natur zu beherrschen, ist also: Du bildest, übst, bewahrst und stärkst Deinen Willen.

 

„Was ist eigentlich Wille?“

 

Eine wichtige, interessante und schwierige Frage. Wir wollen hier aber nicht philosophieren. Zunächst heißt „Wille“ nur: Du bildest einen Wunsch, formst eine Absicht, fällst eine Entscheidung oder triffst eine Wahl: Du willst dies und jenes und etwas anderes nicht.

 

Du beschließt, die Hand zu heben, um jemanden zu begrüßen. Du entscheidest Dich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und beginnst zu laufen.

 

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Einen Willen zu bilden, ist leicht. Die Schwierigkeit liegt darin, das, was Du Dir vorgenommen hast, gegen widrige Umstände durchzusetzen.

 

Wenn Du zum Beispiel einen Marathonlauf beenden willst, musst Du Deine Absicht trotz des Widerstands und der Schmerzen des Körpers über 42 lange Kilometer hinweg durchhalten.

 

Das ist eine Frage der Stärke Deines Willens. In der Terminologie des Agni Yoga sagen wir:

 

Ob Du Deinen Willen durchsetzen kannst, hängt von Deiner geistigen Kraft, Deiner psychischen Energie ab.

 

Wenn wir von einem starken oder schwachen Willen sprechen, meinen wir im Grunde eine starke oder schwache psychische Energie.

 

Für unser Thema bedeutet das: Um Dein niederes Selbst im Zaum zu halten, musst Du die geistige Kraft Deiner Ewigen Individualität, Deine psychische Energie stärken. Darüber hatten wir schon in der Sendung „Psychische Energie“ gesprochen. Erinnerst Du noch, wie das geht?

 

Jeder angewendete Gedanke bewirkt ein Wachstum des Geistes. (U II, 777 [377])

 

Allein dadurch, dass Du Dir etwas vornimmst und damit beginnst, es umzusetzen (zum Beispiel in Bezug auf schlechte Eigenschaften oder Gewohnheiten Deines Körpers), stärkst Du Deine psychische Energie und Deinen Willen. Auch hier gilt:

 

Übung macht den Meister.

 

Wir hatten schon oft gesagt: Deine Ewige Individualität, Dein Feuriger Körper ist noch klein und schwach und wird von seinem Vehikel, dem Bruder Esel, an der Nase herumgeführt.

 

Wenn Du Deine Seele entwickelst, wie wir das im Einzelnen in einer der folgenden Sendungen über die „Ausbildung der Ewigen Individualität“ besprechen werden, wird sie immer größer. Dann hat sie eines Tages auch eine solche geistige Kraft, einen so starken Willen, dass sie sich gegenüber dem Körper durchsetzen kann.

 

Es ist der Wille, der den Menschen groß oder klein macht. (Friedrich Schiller)

 

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„Worauf soll mein Wille gerichtet sein?“

 

Im Grunde ist es ganz einfach:

 

Höre auf Deine Seele, wenn sie Dir sagt: „Ich will das eine und das andere nicht!“

 

Ist dieser Wunsch selbstisch, unreif oder noch ungeformt, sprecht zu ihm mit aller euch zu Gebote stehenden Willenskraft: "Ich begehre diese Sache nicht, mögen auch Verstand und Körper sie hundertmal begehren. Sie ist nicht in Einklang mit dem universellen Gesetz, also ist es nicht wirklich mein Wunsch." Wenn ihr das mit genügender Intensität tut, werdet ihr finden, dass dieser Wunsch in sich zusammenschrumpft und sich auf leisen Sohlen entfernt. Ihr bemerkt plötzlich, dass ihr von ihm frei seid und dass ein höherer Wunsch an seine Stelle getreten ist. (TL IX, 445)

 

Eine Hilfe bei der Stärkung Deines Willens ist die alte Weisheit, die lehrt:

 

Wenn Du das Ziel willst, musst Du auch die Mittel wollen!

 

Nimm Dir also fest ein Ziel vor (zum Beispiel Dich von einer Gewohnheit zu befreien, die Dich knechtet) halte es Dir beständig vor Augen und male Dir immer wieder aus, wie herrlich es sein wird, wenn Du es erreicht hast. Dann wirst Du auch den Willen finden, den Weg zu gehen, der zu diesem Ziel führt.

 

 

Praxistipp: Selbstbefehl

 

Du kannst Dir tatsächlich selbst befehlen, gewisse Dinge zu tun oder nicht zu tun. Ein solcher Selbstbefehl ist so etwas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Er hat eine starke Wirkung, indem er eine entsprechende Schwingung schafft und die Hilfe der Überirdischen Mächte herbeiruft.

 

Der Mensch sollte verstehen, dass ein Selbstbefehl zum Guten und zum Gemeinwohl überirdische Hilfe herbeiruft. Sieg wird eintreten, wenn der Mensch sich selbst befahl zu siegen. Durch einen solchen selbstbefohlenen Sieg wird der Weg verkürzt. Gleichfalls muss man wissen, dass der Mensch mit dem guten Befehl eine Schwingung schafft, die ihn mit den Höheren Kräften vereint. (Br II, 867) 

 

„Das verstehe ich nicht. Ist das Magie?“

 

Nein! Ein Selbstbefehl sieht praktisch so aus: Du nimmst Dir ganz fest vor, so fest wie es nur irgend geht: „Ich will heute nicht ein einziges Glas Wein trinken.“ Wenn in Deinem Inneren nicht die geringste Spur von Zweifel zurückbleibt (weil Du Dir nur etwas vorgenommen hast, was realistisch ist, was Du auch ausführen kannst), muss der Erfolg sich einstellen.

 

 

3. Gewohnheit

 

Gewohnheiten sind nicht nur eine Last auf dem Geistigen Pfad. Wir können sie uns sogar zunutze machen, um unsere niedere Natur zu erheben:

 

Wir können den Körper an einen bestimmten Tagesrhythmus gewöhnen (dann wird er von selbst früher aufwachen und früher müde werden als bisher), oder an eine bestimmte Art oder Menge von Essen, dann wird er auch nichts anderes und keine größere Menge mehr verlangen.

 

Betrachten wir dazu ein Beispiel aus dem Leben:

 

Meine Frau hatte einmal eine Katze, genannt die dicke Elli, die jahrelang mit gekauftem Fertigfutter gefüttert wurde. Als das eines Tages zu teuer wurde, stellte sie ihr nur noch eine Schale mit mit Wasser verdünntem Quark hin. Die Katze strich kläglich miauend um das Töpfchen herum und lehnte das Futter ab. So ging über mehrere Tage hinweg, bis Elli schließlich so hungrig war, dass ihr nichts anderes übrigblieb, als das neue Mahl zu akzeptieren. Ab dann gab es keine Probleme mehr. Sie bekam alle paar Tage noch etwas Hackfleisch und ist damit gesund geblieben und sehr alt geworden.  

 

So musst Du Deine vergängliche Persönlichkeit behandeln: Wie ein fremdes Wesen, wie ein Haustier.

 

Der Geist teilt zu, was und wie viel er für richtig hält, und der Körper muss sich fügen.

 

Du kannst den entspannenden Rotwein am Abend durch Tee oder Meditation und Schokolade durch Obst oder Trockenfrüchte ersetzen. Das ist nur eine Frage der Gewöhnung! Ich kann Dir aus eigener Erfahrung versichern: Wenn Du Dich erst einmal an Obst gewöhnt hast, befriedigt es Dein Verlangen nach Süßem genauso gut, und die übergroße Süße der Schokolade ist Dir dann sogar widerlich.

 

Natürlich rebellieren Deine Vehikel, die vier Rosse zunächst, weil sie die gewohnten Leckerlies nicht mehr erhalten. Sobald sie aber merken, dass es damit endgültig vorbei ist, fügen sie sich schnell.

 

Dein Körper gewöhnt sich an alles, wenn er muss.

 

*****

 

Das Beispiel der dicken Elli zeigt: Mit einer Art Entziehungskur können nicht nur Alkoholiker oder Raucher ihre Sucht loswerden. Auf diese Weise kannst Du Dir alle Laster abgewöhnen, sogar solche geistiger Natur, wie zum Beispiel Gereiztheit oder Niedergeschlagenheit.

 

„Gibt es eine Entziehungskur für Gereiztheit?“

 

Ja, natürlich!

 

Innehalten! Gewöhne Dir an, nicht sofort herauszuplatzen.

 

Befrage zunächst Dein Herz. Gib Deiner Seele einen Moment Zeit, um die Herrschaft zu übernehmen und Deine Gedanken, Gefühle, Worte und Taten zu kontrollieren – besonders, wenn es negative sind.

 

Auch das ist reine Gewöhnungssache. Am Anfang ist eine heroische Anstrengung nötig, um Dich zu beherrschen. Je länger Du sie aber durchhältst, desto leichter fällt sie Dir. Am Ende geht die neue, bessere Praxis ganz natürlich in Dein Wesen ein. Sie wird ein Teil von Dir, so dass Du sie automatisch und ohne weiter darüber nachzudenken befolgst.

 

 

4. Gelübde

Heiliger Bernhard von Clairvaux

 

Ein weiteres Hilfsmittel, um die spirituelle Disziplin unverbrüchlich zu bewahren, sind Gelübde. Um endlich ein Laster, zum Beispiel Alkohol, loszuwerden, gelobst Du, nie wieder zu trinken.

 

Gelübde unterschiedlichster Natur wurden von verschiedenen Lehren gutgeheißen. Jedes Gelübde ist vom Standpunkt der Disziplin aus äußerst nützlich. Es fällt den Menschen schwer zu glauben, wie notwendig solche Übungen in Disziplin für künftige Errungenschaften sind.

Ein Gelübde verkürzt viele Pfade der Liederlichkeit. Es ist schwer und schmerzhaft, erst in der Feinstofflichen Welt damit zu beginnen, sich Liederlichkeit abzugewöhnen. Es ist besser, sich hier durch verschiedene nützliche Gelübde zu prüfen. Die Menschen geraten oft in eine lächerliche Lage, wenn sie erst in Gefahr angestrengt Gelübde ablegen.

Die Alten verstanden es besser, wenn sie Gelübde zur Ehre des Höchsten ablegten und dadurch ihren erhabenen und feierlichen Geisteszustand stärkten. Das war weder Aberglaube noch ein Handel mit den Höheren Kräften, sondern ein Ausbruch des Geistes, der zu einer neuen Befreiung führte. (FW I, 421) 

 

Wir sprechen hier nicht von einer großen Zeremonie im Tempel oder einem feierlichen Gelöbnis wie bei der Armee. Es genügt vollkommen, wenn Du Dir selbst – Deinem Höheren Selbst! – ein Versprechen gibst.

 

Man sollte sich manchmal fragen, was man denn von der Lehre schon im Leben angewendet hat. Es ist nützlich, dieses Thema Freunden zu unterbreiten. Mögen sie darüber nachdenken und sich Notizen machen. Durch solche Niederschriften wird das alte Denken gereinigt, so als legte man vor sich selbst einen Eid ab. (FW III, 559)

 

„Kannst Du ein praktisches Beispiel geben?“

 

Gandhi hatte es sich in den Kopf gesetzt, Indien für einige Jahre zu verlassen, um in London Jura zu studieren und Rechtsanwalt zu werden. Seine Familie hatte die größten Bedenken, weil sie meinte, in der dortigen materialistischen und sittenlosen Umgebung sei es für ihn unmöglich, seinen Glauben, den Hinduismus zu praktizieren. Gandhi legte schließlich ein Gelübde ab, keinen Wein, keine Frauen und kein Fleisch anzurühren. Daraufhin ließ man ihn ziehen.

 

Ähnlich kannst Du Dich vor Dir selbst fest verpflichten, auf alles zu verzichten, was das Praktizieren des Agni Yoga unmöglich macht.

 

„Ein dauerndes, vielleicht ein lebenslanges Gelübde? Das ist doch sehr weitgehend! Wenn ich es nicht halten kann, mache ich durch die Verletzung der heiligen Zusage alles nur noch schlimmer.“

 

Nun, dann beginne einfacher:

 

Lege am Morgen ein Versprechen nur für einen einzigen Tag ab.

 

Das ist leicht einzuhalten und stärkt effektiv den Entschluss, Versuchungen zu widerstehen. Du kannst das Gelübde jeden Morgen wiederholen (oder auch am Wochenende oder in den Ferien einmal auslassen) und bei Erfolg Schritt für Schritt verlängern.

 

 

5. Keine Verbote

 

Viele Kirchen regieren mit Verboten. Agni Yoga dagegen lehrt: Verbote sind Zwang und damit nicht nur sinnlos, sondern sogar schädlich.

 

Merkt euch: „Bei Uns gibt es keine Verbote.“ (BGM II, 318 [322]) 

 

Was nötig ist, ist Einsicht.

 

Jedes Verbot ist relativ und nicht überzeugend. Schaden und Nutzen müssen ihrem Wesen nach erklärt werden. Verbote müssen widerrufen werden; dies ist das Gesetz des Strebens. (BGM II, 328 [332], 329 [333])

 

Groß und weise ist, wer nicht auf Anordnung, sondern aufgrund eigener Erkenntnis den richtigen Weg geht.

 

Vor langem wurde gesagt: „Besiege dich selbst“, doch ebenso richtig wird es sein zu sagen: „Überzeuge dich selbst“. (Br II, 882)

 

Es gilt die erstaunliche Weisung der Mahatmas:

 

Noch nicht einmal das Schädliche sollte verboten werden. (Gem 102)  

 

„Warum nicht? Die Menschen müssen doch geschützt werden!?“

 

Nein. Jedenfalls bei erwachsenen Menschen ist es viel wirkungsvoller, wenn sie selbst spüren, dass man sich an Feuer verbrennen kann. Dann werden sie aufgrund eigener Erfahrung in Zukunft vorsichtig sein. Wie sagt der Volksmund so schön:

 

Aus Schaden wird man klug.  

 

Das heißt aber auch umgekehrt: Ohne die schmerzliche Erfahrung, nur von Verboten gelenkt, werden wir nicht klug, sondern bleiben dumm.

 

„Wie können wir denn unsere Mitmenschen auf den richtigen Weg lenken, wenn wir auf Verbote verzichten?“

 

Wir statuieren keine Verbote, sondern zeigen etwas Höheres, Größeres und Schöneres auf!

 

Wir eröffnen den Menschen neue Möglichkeiten zur Verbesserung ihres Lebens und weisen auf Potential für Wachstum und die Vergrößerung ihrer Fähigkeiten hin.

 

Verbote sind durch Möglichkeiten zu ersetzen. (Gem 207) 

 

Die gute Ausbildung eines wahren Lehrers lenkt den Blick der Schüler zu einem herrlichen Ideal hin und weckt ihre Begeisterung für dieses hohe Ziel.

 

Menschen, die vom Feuer des Enthusiasmus entflammt sind, finden immer den Weg zur Verwirklichung ihres Traumes, auch ohne Ge- oder Verbote!

 

Verbote sind nicht erforderlich. Es ist besser, die Aufmerksamkeit auf das Nützlichere und Anziehendere zu lenken. Jene Erziehung wird die beste sein, welche die Anziehungskraft des Guten zu steigern vermag. (Gem 102)   

 

Ein Lehrer, der lediglich unter einem Baum sitzt und Verbote erteilt, entspricht nicht mehr den Erfordernissen der Neuen Zeit. (BGM II, 114)

 

Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. (Saint-Exupéry)

 

Wer dem zustrebt, was er liebt, zählt die Sprossen der Leiter nicht. Daher muss man lieben, um etwas zu erreichen. Die Bruderschaft lehrt dieses Mittel zum Aufstieg. (Br I, 321)

 

Ein Beispiel: Anstatt materielle Genussmittel zu verbieten, empfehlen wir geistige Freuden, die, wie sich bald herausstellt, nicht nur reuelos, sondern tatsächlich viel höher und befriedigender sind.

 

Es ist leicht gesagt, dass die Menschen sich nicht durch Alkohol betäuben sollen. Man muss ihnen jedoch höherführende Wege aufzeigen. (Br II, 500)

 

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Ein Verbot ist immer eine Begrenzung und damit geradezu das Gegenteil der Erweiterung des Bewusstseins und der Möglichkeiten, die Agni Yoga anstrebt.

 

Ein Denken, das Verbote erteilt, ist begrenzt. (Br I, 11)

 

Wenn er zu den Höhen des Bewusstseins schreitet, gibt es für den, der die Fackel seines Bewusstseins entfacht hat, weder Grenzen noch Beschränkungen noch Verbote. (AY 626)

 

Ein Verbot fördert noch nicht einmal den Aufstieg des Schülers: Wenn er nur sklavisch das ausführt, was sein Lehrer ihm vorschreibt, fällt der karmische Verdienst dafür überwiegend dem Lehrer und nur zu einem geringen Teil dem Schüler zu.

 

 

Praxistipp: Positiv denken

 

Der Meister lehrt:

 

Wissen ist immer positiv und bejahend. Wir haben keine Zeit dafür, uns mit Verneinungen und Verboten zu befassen. (AUM 265)

 

Also denke nicht negativ: „Ich will nicht ..“ oder „ich darf nicht ..“, das verstärkt nur das Negative. Denke positiv: „Ich will ein König des Geistes oder ein guter Schüler der Bruderschaft sein; deshalb verhalte ich mich so, wie es meinem Ideal und dem erhabenen Vorbild meines Lehrers entspricht.“

 

Es ist nicht weise, zu sagen: „Rotte deine Schlechtigkeit aus“; besser ist es, zu sagen: „Möge Güte dein Wesen erfüllen.“ (AY 482)

 

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Unser Ziel ist, ein neues Wesen zu werden, das die Begierden des niederen Selbst vollständig abgelegt hat; uns selbst so zu verwandeln, dass es keiner Verbote, ja noch nicht einmal einer Willensanstrengung mehr bedarf:

 

Ein Elefant frisst kein Fleisch. Das liegt in seiner Natur. Er braucht dafür keine Ge- oder Verbote.

 

Ebenso wird der Neue Mensch sich so weit gewandelt haben, dass er von seinem Wesen her kein Verlangen nach physischen Genüssen mehr hat.

 

 

6. Mensch jeden Augenblick neu

 

Eine große Hilfe bei der Erziehung des Körpers ist die Erkenntnis:

 

Alles fließt.

 

Der Mensch ist in jedem Augenblick neu.

 

Nichts fesselt Dich an den gerade bestehenden Zustand. Nichts kann Dich hindern, Dich weiterzuentwickeln und immer weiter aufzusteigen.

 

Der Mensch muss ständig auf der Schwelle zur Zukunft stehen. Der Mensch ist in jedem Augenblick neu. Es ist nicht leicht, beständig und mutig zu erkennen, dass jeder Augenblick die Welten erneuert; doch aus dieser Quelle wird unerschöpflicher Mut geboren. (FW II, 70)

 

Der Ruf der Neuheit soll als Grundlage gelten. Das Bewusstsein der Neuheit jeder Stunde wird den Impuls geben. Welches Glück ist es, ewig neu zu sein! (Gem 118) 

 

Das gibt Dir eine herrliche Gewissheit, die voller endloser Möglichkeiten steckt:

 

Du kannst an jedem Tag Dein Leben neu beginnen!

 

Von jedem Augenblick an kann ein neues Leben beginnen. (FW II, 433)

 

Man kann von jedem beliebigen Pfad des Bösen zum Guten zurückkehren. (FW II, 200)

 

Blicke nicht in die Vergangenheit, sondern strebe immer in die Zukunft!

 

Sieh zu, dass mit jedem neuen Morgen auch eine neue Entwicklung einsetzt!

 

Der eine betrachtet jede Stunde als die letzte, doch ein anderer erkennt jede Stunde als die erste und eine neue. Eine solche Auffassung ist feurig. (FW II, 453) 

 

Jeder Tag bietet neue Möglichkeiten, dem unbegrenzten Wachstum näher zu kommen. (U I, 113)

 

Also vergeude doch nicht den unschätzbaren kommenden Tag, sondern beginne heute und nicht erst morgen mit Deiner Erneuerung.

 

Es ist besser, ohne schiefes Lächeln zu erwägen, was man ab heute besser machen kann, und die Qualität jeder seiner Taten zu überprüfen. (Gem 213)

 

*****

 

„Was ist so schlimm daran, wenn ich noch ein bisschen warte?“

 

Natürlich kannst Du auch erst morgen neu beginnen. Wenn Du aber heute die Verwirklichung hinausschiebst und mit dem alten Schlendrian weitermachst, kannst Du morgen nicht mehr von derselben Position aus starten, auf der Du heute stehst. Dann musst Du morgen von einer tieferen Stelle aus mit dem Aufstieg beginnen, auf die Du im Lauf des heutigen Tages noch weiter hinabgesunken bist.

 

Wahrhaftig, jedes Verweilen im Bösen entfernt einen mit fortschreitender Geschwindigkeit vom Guten. So kann man dorthin, wo man gestern vom Streitwagen des Bösen abspringen konnte, heute nicht mehr zurückkehren. Daran muss man jeden erinnern, der meint, man könne auch die Last des Bösen jederzeit abwerfen. (FW II, 200)

 

Je länger Du wartest, je länger Du Dich sträubst, die spirituelle Disziplin anzunehmen, desto größer und schlimmer wird das böse Geschwür.

 

Der Mensch vergisst, dass das von ihm selbst hervorgerufene Ungeheuer weiterwächst. Irgendwann einmal wird er sich doch umwenden müssen, um das Ungeheuer zu besiegen. Die Führer raten ihm, die eigenen Ausgeburten so bald wie möglich zu beseitigen. (Br II, 223)

 

Du gerätst, wie es so schön heißt, auf die schiefe Bahn. Je länger Du darauf bleibst, desto schneller geht es immer tiefer bergab und desto schwerer wird es, anzuhalten, umzukehren und Dich wieder hochzuarbeiten.  

 

Ich sage nicht, dass eine leichte Aufgabe vor euch steht, wenn ihr anfangt, solche Neigungen zu ändern oder auszurotten, aber ich sage, dass es sein muss. Also warum nicht jetzt damit beginnen, anstatt ihre Macht über euch durch Gleichgültigkeit täglich anwachsen zu lassen? (TL II, 48) 

 

Mache Dir das Leben doch leichter! Warte nicht länger, sondern beginne sofort damit, Deine guten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Irgendwann einmal musst Du ohnehin die Anstrengung unternehmen, die Geißel loszuwerden, die Dich versklavt – warum also nicht sogleich darangehen, anstatt sie auch noch in den morgigen Tag oder gar auf die nächste Daseinsebene mitzuschleppen!

 

Wer sich durch Trägheit, Wohlleben oder Nachlässigkeit die geistige Stärke stehlen ließ, sollte bedenken, dass man die Schätze der Tapferkeit, des Vertrauens in sich selbst und der Arbeitsfreudigkeit nicht in einem Augenblick wiedererlangen kann. Aber ihr könnt sofort beginnen, jede Einzelheit zu planen und auszuführen, so gut und so schnell, wie eure Fähigkeiten wachsen; und diese werden sich nur durch Übung entfalten. (TL V, 206) 

 

Wie sagt die Weisheit des Volkes so richtig:

 

Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!  

 

Man darf nicht hoffen, dass man morgen einen neuen Garten anlegen kann. Nur augenblicklich und unaufschiebbar kann man die Pflanzstätte des Bewusstseins festigen. (AY 225) 

 

 

7. Jeden Tag nutzen

 

„Du lehrst doch sonst immer: Wir haben eine Ewigkeit Zeit. Und jetzt soll plötzlich jeder Tag zählen?

 

Ja! Jede Stunde, sogar jeder Augenblick!

 

Jeder Moment dieses Lebens auf der Erde wurde Dir geschenkt, Damit Du ihn nutzt, um Dich weiterzuentwickeln, um größer zu werden!

 

Wenn Du ihn vergeudest, weist Du eine einmalige, unwiederbringliche Möglichkeit zurück!

 

Manche meinen, dass in der Unbegrenztheit noch genügend Zeit sei und sie sich daher ungehindert auf der Erde vergnügen könnten. Erst jenseits der irdischen Grenzen werden sie erkennen, was sie versäumt haben. (Br II, 362) 

 

Das Leben ist so kurz! Viele Gelegenheiten werden Dir nicht mehr geboten!

 

Weißt Du denn, wie viele Tage Dir noch vergönnt sind? Dein Leben kann morgen schon zu Ende sein! Im Jenseits, nach dem Tod wirst Du jede Möglichkeit zum Wachstum bedauern, die Du versäumt hast.

 

Versucht, j e t z t die Einheit mit Gott zu verwirklichen. Es hat keinen Sinn, damit zu warten, bis dieser Körper wieder zu Staub geworden ist. (TL VII, 368) 

 

Also nutze jeden Moment!  

 

Eine der schönsten Stellen des Agni Yoga ist:

 

Die Unbegrenztheit vor sich zu haben, doch keine Stunde zu verlieren und den Gebrauch jeder Minute zu schätzen, das ist Yogaweisheit. (Hier 187) 

 

Eine verstrichene Gelegenheit kommt nicht wieder.

 

Nur Kinder können meinen, dass, wenn das Heute vorübergegangen ist, es morgen besser sein wird. Aber ein mutiger Verstand begreift, dass ein versäumter Erfolg nicht noch einmal kommt. (Hier 406) 

 

Durch Ablehnung oder nachlässige Erfüllung berauben wir uns oft unersetzlicher Möglichkeiten. Später werden wir erkennen, dass das Versäumte nicht mehr nachzuholen ist, und wir werden voll Schmerz aufstöhnen: „Die Glückseligkeit war so nah, so leicht erreichbar!“ (HR I/1, 62, 63; Brief vom 17.08.1930) 

 

*****

 

Erinnerst Du Dich (Sendung „Die Bestimmung des Menschen“): Du hast vor Deiner Verkörperung einen Auftrag übernommen, der Deine persönliche Entwicklung betrifft.

 

Wenn Du diese Mission erfüllen und das erreichen willst, was Dir für dieses Erdenleben vorbestimmt ist, hast Du keine Zeit zu verlieren!

 

Zurücklehnen kannst Du Dich vielleicht im hohen Alter, wenn Du Dein Lebensziel erreicht hast. Aber wer kann das schon von sich sagen?

 

*****

 

Die Evolution schreitet ewig und immer schneller voran. Wer nicht Schritt hält, wer sich nicht weiterentwickelt, fällt unweigerlich zurück.

 

Manchmal fehlt nur noch wenig, damit der Kelch vollständig gefüllt ist, und dieses Wenige könnte in einem selbstlosen Leben erreicht werden. Doch durch Nachlässigkeit schieben die Menschen die Errungenschaften hinaus und werfen sich dadurch selbst zurück. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder vorwärtszustreben oder zurückzufallen. (HR I/1, 73; Brief vom 03.12.1930) 

 

Wenn Du jeden Tag ein Stück weiter zurückbleibst, verlierst Du irgendwann einmal ganz den Anschluss und schließt Dich selbst aus der weiteren Evolution aus.

 

Es ist schwer, die verlorene Zeit aufzuholen sowie den verlorengegangenen Rhythmus zu finden, der weiterläuft, ohne auf die Verspäteten zu warten. (HR I/1, 87; Brief vom15.01.1931) 

 

Was heute leicht ist, ist morgen unerreichbar. (BGM II, 333 [337])

 

 

8. Zusammenleben mit Lehrer und Seelenverwandten

Nikolaus Roerich „Zwenigorod

 

Kommen wir schließlich zu dem Hilfsmittel, das nach meiner persönlichen, jahrelangen Erfahrung neben der Disziplin das wichtigste und nützlichste, ja geradezu das Allheilmittel im Kampf gegen unsere tierische Natur ist:

 

Nimm das ganze Bild in den Blick, nicht nur die materielle Realität!

 

Stelle Dir vor, mache Dir ständig bewusst, verliere nie aus dem Sinn: Dein wahrer, spiritueller Vater (Dein Lehrer), Deine Schüler und Deine Seelenverwandten sind in der Feinstofflichen Welt um Dich herum ständig gegenwärtig. Wie in Sartres Stück „Das Spiel ist aus“ so anschaulich geschildert, sind sie ganz in Deiner Nähe und beobachten Dich ständig.

 

Wenn Dein Bewusstsein sich erweitert hat, siehst Du die ganze, nicht nur die physische, sondern auch die feinstoffliche Realität. Du gewinnst eine Erkenntnis von wunderbarer Schönheit, die Dein normales irdisches alltägliches Leben vollkommen verklärt:

 

Deine Seele lebt tatsächlich mit Deinen wahren, geistigen Brüdern und Schwestern zusammen! (Nikolaus Roerich „Zwenigorod“)

 

Und zwar schon jetzt, während Deiner Inkarnation auf der Erde. Wenn Du nur, wie wir schon oft besprochen hatten (Sendungen „Der Weg des Inneren Tempels“, „Übung Feuriger Zustand“, „Leben in ständiger Gegenwart des Lehrers“ und „Leben im Aschram des Lehrers“), an die Höhere Welt angeschlossen bleibst und am Leben dort teilnimmst.

 

*****

 

Mache Dir nur bewusst: Deine Geistesverwandten sehen alles, was Du tust. Dann wirst Du Dich schämen, schwach zu werden.

 

Du spürst, wie Dein Lehrer, Deine Freunde und Deine (geistigen) Kinder leiden, wenn Du sie enttäuschst!

 

Und natürlich bestrafst Du Dich selbst: Mit einem Verhalten, das nun einmal nicht in einen Himmel gehört, verbannst Du Dich selbst in niedrigere, gröbere, hässlichere Sphären und entfernst Dich von Deiner Ewigen Familie.

 

„Ich stehe unter ständiger Beobachtung? Das ist doch etwas gruselig, wie bei „Big Brother is watching you!?“

 

Nein, Du darfst die Beobachtung nicht als Drohung verstehen! Sie ist die ganz natürliche Folge Deines wahren Daseins mitten unter Deinen Seelenverwandten.

 

 

Praxistipp: Zusammenleben üben

 

Das Zusammenleben muss mehr als bloß eine Idee sein! Es ist eine geistige Praxis, die beharrlich geübt werden will!

 

So lange, bis Dein Leben im Kreis Deiner wahren Familie zu einer geistigen Realität wird, die Deine materielle Existenz bestimmt.

 

Dann kannst Du gar nicht anders, als Dich ganz natürlich und selbstverständlich an die Regeln und Gewohnheiten dieser Überzeitlichen Gemeinschaft zu halten. Wie als Gast bei Helena Roerich im Kulutal kommst Du gar nicht auf die Idee, die feierliche, heilige Atmosphäre Deiner Ewigen Heimat durch Nachgeben gegenüber den primitiven Begierden des Körpers zu entweihen.

 

Wir vertiefen die Übung „Zusammenleben“ in den Sendungen „Teilnahme am Leben der Höheren Welt“ und „Leben im Aschram des Lehrers“.

 

 

 Abschnitt V: Ausbildung des physischen Körpers

 

Was wir bis jetzt besprochen haben, betraf die Ausbildung der vier niederen, sterblichen Vehikel insgesamt. Sehen wir uns nun die Erziehung speziell des Leibes an.

 

 

1. Funktion des physischen Körpers

 

Der Körper ist die eine, die sichtbare Hälfte unseres Wesens. Geist ohne Materie ist nichts. Die andere Hälfte, die Seele kann auf Erden nur mit Hilfe der Materie in Erscheinung treten und wirken.

 

Wenn Du das Mantram „Ich offenbare nur das Göttliche“ verwirklichen willst, musst Du damit bei Deinem Körper beginnen und sicherstellen:

 

Das Göttliche in Deinem Inneren kommt durch Deinen Körper zum Ausdruck.

 

*****

 

Ein Agni Yogi ist nicht leibfeindlich wie die Fanatiker, betreibt aber auch keinen Körperkult wie die Bodybuilder. Er ist nur um den Erhalt des Werkzeuges besorgt, ohne das die Ewige Individualität auf der materiellen Ebene nun einmal nicht auskommt.

 

So treffen sich Geist und Materie und vereinigen sich im Menschen, jedes für sich bestehend und doch eine Wesenheit bildend. So erhält der Geist das Werkzeug, dessen er zu seiner Offenbarung in der Materie und zum Erlangen aller Erkenntnisse bedarf, die er durch das Leben in der Formenwelt erwerben kann. (TL II, 56) 

 

Der Leib ist unser „Bruder Esel“, wie die Mönche ihn liebevoll nennen: Ein guter Kamerad und Mitarbeiter, der mit Nahrung versorgt, geübt, gestärkt und gesund erhalten werden soll.

 

Je geeigneter Dein Körper für die Tätigkeit in der Welt ist, desto wirksamer kann Deine Seele durch ihn handeln.

 

Ein schwacher, kranker Körper behindert auch den innewohnenden Geist.

 

Geistige Übungen wie Gebet und Meditation gelingen nur, wenn der Körper nicht stört, das heißt: gesund und ruhig ist.

 

Die Erzieher werden die Harmonie zwischen dem Primat des Geistes und der Gesundheit des Körpers finden. (Br I, 601)

 

 

2. Reinigung des physischen Körpers

Giotto „Taufe Christi“

 

Zuallererst musst Du Dich ernsthaft um eine gründliche Reinigung Deines Vehikels bemühen.

 

Rein und streng sollt ihr Mein Werk beginnen. (BGM I, 113 [126])

 

Jeder von uns ist ein „Pharao“, ein „Haus Gottes“. Dein Körper ist die irdische Behausung, der Tempel Deiner Seele.

 

Dieses Heiligtum musst Du rein halten und alles herausschaffen, was dort nicht hineingehört.

 

Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig; der seid ihr. (1. Kor 3, 16, 17) 

 

Reinheit des Geistes setzt Reinheit des Körpers voraus. (BGM II, 238 [239])

 

Reinigung des Körpers bedeutet praktisch: Üble Gewohnheiten und schlechte Eigenschaften ablegen. Darüber hatten wir schon in Sendung „Selbstvervollkommnung“ (Sendereihe „Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“) gesprochen.

 

Die physische Substanz muss in das Licht oder die Substanz höherer Geistigkeit emporgehoben werden, wo der Verzicht auf jedes Haften an niedrigeren Zuständen, den Leidenschaften, die Offenbarung der veredelten, der vollkommenen geistigen Lebensformen ermöglicht. (TL III, 86) 

 

Die Brüder der Finsternis sind sehr zahlreich, und das ist nicht verwunderlich, denn ihr Weg ist der Weg der Befriedigung der niederen Leidenschaften. (HR II/1, 4, Brief vom 16.07.1935) 

 

 

3. Beherrschung des physischen Körpers

 

„Warum sprichst Du eigentlich so ausführlich über die Ausbildung des Körpers? Lehrst Du nicht sonst immer, dass die Erziehung der Seele viel wichtiger ist?“

 

Aus einem ganz einfachen Grund:

 

Die Beherrschung Deines Körpers ist tatsächlich der erste Schritt auf Deinem Weg zu einer Großen Seele!

 

Wenn die Seele sich ihrer selbst und ihrer Mission auf der Erde bewusst wird, stellt sie als erstes fest: Sie hat einen Körper, muss von ihm Besitz ergreifen und ihn ihren höheren Zwecken dienstbar machen.

 

Der Bruder Esel muss erst noch zugeritten werden wie ein wildes Pferd, bevor er der Seele wirklich von Nutzen sein kann.

 

An jedem Tag können wir das innere Chaos überwinden und das wilde Tier zähmen. (Br II, 551)   

 

Der Geist gebraucht den Körper und darf sich nicht von ihm benutzen lassen.

 

Wesen, die noch erdgebunden sind, haben noch nicht genügend Macht über ihre niederen Prinzipien erlangt, um sie zu gebrauchen, anstatt von ihnen gebraucht zu werden. (TL II, 42) 

 

Es ist eine schreckliche Entartung, wenn der Diener, das Reittier, durchbrennt und dem Herrn seinen Willen aufzwingt.

 

Der Bruder Esel darf keinesfalls die Führung übernehmen – sonst machst Du Dich selbst zum Esel!

 

Der Körper ist ein guter Diener, aber ein schlechter Meister.

 

Ein Maultier kann einen Karren ziehen, kann dann der Geist des Menschen nicht den Körper zwingen, sich an der Arbeit zu erfreuen? (BGM II, 7)

 

Der Leib ist ein eigenes, halbbewusstes Lebewesen.

 

Es verfolgt seine Lust an Nahrung, Genuss, Trägheit und Sicherheit und hat seine ganz eigenen Launen, Gewohnheiten und Neigungen. Dieses selbständige Wesen musst Du Schritt für Schritt unter die Herrschaft der Ewigen Individualität bringen.

 

Der Leib fürchtet den Geist wie der Sklave seinen Herren. (BGM I, 104 [115])

 

Ein Meister ist ein Meister zunächst und vor allem deswegen, weil er sich selbst meistert!

 

Einen solchen Alabasterkörper hat sicherlich ein gesunder, starker Geist ausgebildet. (Michelangelo „David“)

 

In diesem unförmigen Leib dagegen steckt gewiss ein schwacher Geist.  

 

*****

 

Der Weg zur Beherrschung des Körpers ist: Du identifiziertest Dich nicht länger mit Deinem Leib. Du verlagerst Dein Bewusstsein in Dein wahres Ich. Du trittst Deiner vergänglichen Persönlichkeit von diesem höheren Standpunkt aus gegenüber. Wenn Dein Bewusstsein im Körper steckt, kommen tierische Wünsche auf, wenn es in Deiner Seele ruht, dagegen geistige.

 

Deine Seele übernimmt das Kommando und regiert den Körper, so dass er nur noch das tut, was sie will.

 

Die Ewige Individualität allein entscheidet, wieviel und welche Art Ruhe, Nahrung, Kleidung, Genuss oder Zerstreuung sie dem Körper gönnt. Jedes Zuviel ist eine Verletzung des Primates des Geistes, der höheren Gesetze.

 

Man könnte das [Nachgeben gegenüber dem niederen Selbst] mit dem Einatmen eines Betäubungsmittels vergleichen. Einen kurzen Augenblick gibt man sich ihm hin und findet Erleichterung, weil die Empfindungsfähigkeit betäubt und der Halt am höheren, inneren Selbst gelockert ist. Ein Unterschied liegt jedoch darin, dass man zur Erkenntnis der Verantwortung und zu größerem Leiden als vorher erwachen muss, weil man dem negativen Pol erlaubt hat, sich vom höheren Pol und dessen Führung zeitweilig zu trennen, um die selbstsüchtige Empfindungs- und Gefühlsnatur zu beruhigen und zu befriedigen. (TL V, 250) 

 

So also, dass der Geist für die Sinne vorausschauend sorgt und diese die Befriedigung ihrer Wünsche nur nach dessen Urteil erlangen dürfen. Anders gelangst Du nicht zum Berg des Herren, weil Du nämlich Deine Seele, das heißt hier, Deine Vernunft, vergeblich empfangen hast, wenn Du wie ein Tier nur den Sinnen folgst, während Deine Vernunft müßig ist und nirgends Widerstand leistet. (Hl. Bernhard von Clairvaux, Über die Gottesliebe, 20)

 

 

Praxistipp: Auf die Stimme der Seele hören

 

Wir können auch freundlicher ausdrücken, was mit Disziplin und Beherrschung gemeint ist:

 

Du hörst auf die Stimme Deiner Seele und führst gegen alle Widerstände aus, was sie Dir rät.

 

Deine Ewige Individualität nimmt Deine vergängliche Persönlichkeit sozusagen an die Hand wie ein kleines Geschwisterchen, spricht mit Liebe und Strenge zu ihr und führt sie auf den rechten Weg. Dein „kleines“ Selbst muss lernen, auf diese Stimme wie auf die eines großen Bruders zu hören. (Tizian „Tobias und der Engel“)

 

„Wie spricht die Seele zu mir?“

 

In Deinem Herzen! Wenn Du nur aufmerksam zuhörst, vernimmst Du: Deine Seele sucht nicht physische, sondern geistige Freuden.

 

Das Verlangen nach Selbstverzärtelung wandelt sich in den Wunsch nach geistigem Genuss. (ALH I, 149) 

 

Dein wahres, Ewiges Ich, hat kein Verlangen nach all den materiellen Dingen, um die Dein Leib bettelt wie ein Hund.

 

Nichts Irdisches kann die Seele befriedigen, die nicht von dieser Erde ist.  

 

Selbstvervollkommnung ist Licht, Vergnügen ist Finsternis. (FW I, 308)  

 

Auf die Stimme des Herzens hören bedeutet spiegelbildlich: Auf die Stimme des niederen Selbst nicht hören! Durch viel Übung musst Du eine lebensnotwendige Fähigkeit erwerben:

 

In jedem Moment klar zu unterscheiden, welche Deiner beiden Naturen, der Gott oder die Giftschlange, gerade zu Dir spricht!

 

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Die Erfüllung des Verlangens des Körpers hinterlässt in der Seele Reue und die schmerzliche Sehnsucht nach Höherem.

 

Die durch die Befriedigung persönlichen Wollens und Verlangens erreichte Genugtuung ist unendlich klein im Vergleich zu der Reue und dem Schmerz, sobald das Seelengedächtnis eine vollständige Szene der Folgen selbstsüchtiger Befriedigung aufleuchten lässt. (TL IV, 146)

 

Schiller sagt uns mit ewigen Worten: Wir müssen uns zwischen Befriedigung des Körpers und Befriedung der Seele entscheiden:

 

Zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden

bleibt dem Menschen nur die bange Wahl;

auf der Stirn des hohen Uraniden

leuchtet ihr vermählter Strahl.

(Friedrich Schiller „Das Ideal und das Leben“)

 

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Die Beherrschung des Körpers gelingt nur, wenn Du beständig auf der Hut bist und jede Versuchung unnachsichtig niederringst. Die Schule der Disziplin lehrt Dich, alles zu unterlassen, was dem Körper schadet, seine Eignung als Werkzeug beeinträchtigt.

 

Am einfachsten fasst Du den festen Entschluss, gewisse Dinge automatisch und ohne jede Überlegung schlicht und einfach nicht mehr zu tun.

 

Zum Beispiel kein Fleisch oder keine Süßigkeiten mehr zu essen, keinen Wein mehr zu trinken oder nicht mehr zu rauchen.

 

Wie im Himmel, so auf Erden. (FW II, 16)

 

Das, was es in Deinem Paradies, im Aschram Deines Lehrers nicht gibt, darfst Du auch auf der materiellen Ebene nicht genießen, wenn Du auch dort den Himmel errichten und verteidigen willst.

 

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„Hatten wir nicht gesagt: Das Herstellen des Feurige Zustands ist das Allheilmittel gegen körperliche Begierden?“

 

Ja, gewiss, im Feurigen Zustand hat Dein Körper kein Verlangen. Aber solange er noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen und Dein Feuriger Körper nicht dauerhaft hergestellt ist, ist ergänzend Disziplin erforderlich: Oft ist Deine Seele schon so weit, dass sie ihre Begierden abgelegt und zum Beispiel keinen Appetit auf Alkohol oder Zigaretten mehr hat, und es ist nur noch die Gewohnheit, die Dich trotzdem zugreifen lässt. Dagegen hilft nur Disziplin.

 

*****

 

Der Verzicht auf die Befriedigung der Begehren und Triebe des Körpers ist das erste und geringste der notwendigen Opfer für das Erklimmen der nächsten Evolutionsstufe. Höhere Genüsse eines Geistwesens wie zum Beispiel Meditation erfordern das Aufgeben niederer, physischer Freuden. Du weißt selbst ganz genau: Wenn Du zu viel oder zu schwer gegessen hast, gelingt Dir kein geistiges Gespräch mit Deinen Seelenverwandten in der Jenseitigen Welt mehr.

 

„Darf ich mich denn gar nicht mehr am Körper, zum Beispiel am Essen freuen?“

 

So will ich nicht verstanden werden. Wir sind keine Fanatiker. Der Mensch besteht aus Geist und Materie, aus Seele und Körper. Du darfst ruhig die Freuden der beiden Aspekte Deines Wesens genießen. Deine Seele sagt: „Iss nicht, nur weil Du Appetit hast!“ Wenn Du aber essen musst, kannst Du es auch mit Freude tun.

 

*****

 

Worauf es ankommt, ist: Der physische Genuss darf nicht ein solches Maß annehmen, dass er dem Gleichgewicht der beiden Teile und der Entwicklung der Seele schadet. Wie immer gilt auch hier:

 

Die Dosis macht den Schaden.

 

Ein Stück Schokolade, ein Glas Wein oder eine Zigarette in der Woche schädigen Dich nahezu überhaupt nicht. Damit wird Dein Körper leicht fertig. Verderblich ist zunächst das Übermaß und dann aus dessen Verfestigung die Gewohnheit.

 

„Wie erkenne ich das richtige Maß?“

 

Dafür gibt es ein ganz einfaches Kriterium:

 

Wenn die abendliche Meditation nicht mehr gelingt, hast Du zu viel materielle Freuden genossen.

 

Du siehst erneut, wie wichtig es ist, einen festen Tagesrhythmus und darin eine unverrückbare Meditationszeit auch für den Abend festzulegen: Wenn Du weißt, dass Du bald Deinen Lehrer triffst, wirst Du ganz von selbst alles unterlassen, von dem Du aus eigener, schmerzlicher Erfahrung genau weißt, dass es die Verbindung unmöglich macht.

 

 

Praxistipp: Das Glück der Meditation erfahren

 

Ich will noch einen Versuch unternehmen, Dir die spirituelle Disziplin schmackhaft zu machen und sie in einem anderen Licht erscheinen zu lassen:

 

Ein Geistwesen freut sich sehnsüchtig auf die abendliche Meditation!

 

Es ist der krönende Abschluss des Tages, vor den Lehrer hinzutreten; die niedrigen irdischen Emanationen wieder zu verlassen und in die hohe Schwingung des Heiligtums Deiner Ewigen Heimat zurückzukehren.

 

Lerne und übe zunächst, dieses höchste Glück tatsächlich zu erleben.

 

Stunden des Glücks – so bezeichnen Wir jene Entwicklungsstufe des Bewusstseins, wenn sich Unseren Leuten, ohne sich vom Leben abzuwenden, die Möglichkeit bietet, mit Uns in Unserer Stätte zusammenzutreffen. (AY 338)

 

Wenn Du dieses Glück einmal wirklich erfahren hast, wirst Du es nie wieder missen wollen! Dann verlieren die Regeln über Tagesordnung, Ernährung und alles andere ihren Schrecken, denn Du erkennst:

 

Diese Gesetze sind nichts anderes als notwendige Bedingungen der höchsten Freude!

 

Dann hältst Du sie ein, nicht weil es angeordnet ist, sondern weil sie zum Glück führen.

 

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Wohl der wichtigste Aspekt der Beherrschung des Körpers ist die richtige Ernährung. Auch hier verfolgen Leib und Seele direkt gegensätzliche Interessen. Hier liegt ein entscheidendes Schlachtfeld. Hier zeigt sich zuerst und ganz besonders, wie stark Dein Geist wirklich schon ist.

 

Sei überzeugt: Dort, wo aus Lust und nicht aus Notwendigkeit gegessen wird, bist Du noch unter alten Menschen! (Roberto Bompiani: “Ein römisches Gelage”) 

 

Es gibt keine heiligere Handlung, als den Körper mit Nahrung zu versorgen; man kann sich keinen entwürdigenderen Vorgang vorstellen, als nur um der Esslust willen den Magen vollzufüllen. (TL II, 59)

 

Wir hatten darüber schon in der Sendung „Ernährung nach geistigen Grundsätzen“ gesprochen.

 

*****

 

Zur Ausbildung des Körpers gehört weiter die Beherrschung des Geschlechtstriebs. Davon handelt die Sendung „Sexualität“. Auch hier offenbart sich, wieviel Macht Dein Geist schon erlangt hat.

 

*****

 

Vollkommen beherrschen kann allerdings niemand seine atavistische, animalische Natur, solange er im physischen Körper inkarniert ist.

 

Solange der göttliche Funke im Menschen durch die Zustände der Materie gefesselt ist, so lange wird er auch mehr oder weniger der Sklave jener Zustände bleiben. (TL II, 82)

 

Solange das Ego einen Körper besitzt, gibt es keine Vollkommenheit in dem Sinn, wie das Absolute vollkommen ist. Der Abgrund zwischen Geist und Materie ist unüberschreitbar; die Materie muss wieder in reine Energie verwandelt werden, ehe dieser Abgrund überschritten werden kann. (TL III, 120) 

 

*****

 

Es nützt nichts oder ist jedenfalls nur von geringem Wert, wenn Du das Verlangen Deines Körpers dadurch äußerlich unterdrückst, dass Du ins Kloster gehst oder Dich einer Fastenkur unterziehst, solange Du Dich innerlich weiter vor Sehnsucht nach materiellen Genüssen verzehrst. Letztlich gilt also:

 

Die Beherrschung des physischen Körpers läuft auf die Beherrschung Deiner Gedanken und Gefühle hinaus!

 

Darüber werden wir in den folgenden Sendungen der Reihe „Ausbildung“ genauer sprechen.

 

 

Praxistipp: Die Idealperson handeln lassen

 

Es gibt noch eine ganz einfache, aber höchst wirksame Übung, die bei der Beherrschung Deines Körpers hilft:

 

Du hast Dir doch ein Ideal gewählt, nach dem Du Dein wahres Wesen, Deine Ewige Individualität formen willst (Sendung „Die Seele zum Leben erwecken“). Du willst in der Höheren Welt, in Ewigkeit ein Schüler, ein Lehrer, ein Heiliger, ein Geistkämpfer, ein König des Geistes oder ein Heiler sein. Jetzt lasse diese Idee materielle Wirklichkeit werden:

 

Du begleitest alle Deine Worte und Taten mit dem Gedanken, dass nicht Dein Körper spricht oder handelt, sondern Deine Seele.

 

Es tritt auf die Idealperson, die Du in der Feinstofflichen Welt bist oder zumindest werden willst. Oder noch besser ausgedrückt: der Amtsinhaber – denn Schüler, Lehrer, Heiliger, Geistkämpfer, König oder Heiler ist ein Amt!

 

„Wie geht das?“

 

Während Dein Leib auf der Erde wirkt, denkt gleichzeitig im Himmel Deine Seele:

 

„Der Schüler (oder der König des Geistes) isst (das heißt, er füttert und tränkt seinen Esel) und beachtet dabei natürlich die Regeln über die Ernährung nach geistigen Grundsätzen, sonst wäre er kein Schüler.“ „Der Schüler ist auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen.“ „Der Schüler veranlasst sein Vehikel, seinen Lebensunterhalt mit irdischer Arbeit zu verdienen.“ „Der Schüler gönnt sich einen Moment der Ruhe und Entspannung.“ „Der Schüler widmet sich einem Besucher, der seine Hilfe erbittet.“ „Der Schüler sieht einen Streit und versucht, ihn zu schlichten,“ und so fort.

 

Immer trittst Du mit Deinem Ideal, mit Deinem Amt auf. Wenn Du Dir das angewöhnt hast und in jedem Moment praktizierst, ist es natürlich vollkommen unvorstellbar, zu denken: „Der Schüler der Bruderschaft (oder der König des Geistes oder gar der Lehrer) schimpft, flucht, schreit, klagt oder jammert, gibt dem Betteln des Leibes nach, isst Fleisch oder mehr als nötig, trinkt Alkohol und so weiter.“

 

Du spürst sofort: Es ist nicht der Schüler, das Ideal, das sich so gehen lässt, sondern Deine vergängliche Persönlichkeit bricht durch.

 

Indem Du mit dieser Übung in jedem Moment das Bewusstsein Deines Höheren Selbst aufrechterhältst, vermeidest Du automatisch alle Äußerungen Deines niederen Wesens.

 

 

4. Stärkung des physischen Körpers

 

Den Geistigen Pfad beschreiten heißt nicht, den Körper zu vernachlässigen. Du sollst ihn nicht geringschätzen oder gar durch Askese schwächen.

 

Warum leiden bei der Abtötung des Leibes? Warum zerstören, was euch der Schöpfer gab? Sucht Neue Wege! (BGM I, 276 [329]) 

 

Die Ausbildung eines Geistkämpfers beinhaltet also auch körperliche Übungen. Er wird ihnen im Tagesverlauf bestimmte Zeiten widmen, am besten im Freien oder am offenen Fenster.

 

Die geeignetsten, für jedermann anwendbaren Übungen sind die Asanas des Hatha-Yoga. Sie ermöglichen Dir eine ruhige, langsam fortschreitende Verbesserung der wesentlichen Körperfunktionen ohne irgendwelche Hilfsmittel. Mit ihnen kann ein jeder üben, sich selbst zu besiegen. Du misst Deinen Fortschritt nicht an anderen, sondern an Dir selbst: An Deinem eigenen Stand am Vortag oder im Vorjahr.

 

Das Büchlein von K. Zebroff „Yoga – Übungen für jeden Tag“ enthält ein gutes Trainingsprogramm.

 

Auch viele Sportarten wie Selbstverteidigung, Judo, Karate, Bogenschießen, Schwimmen oder Rudern sind gut geeignet. Fußball, Rugby oder gar Boxen dagegen sind natürlich zu grob für einen geistigen Menschen.

 

 

5. Verfeinerung des physischen Körpers

 

„Der Körper ist doch vergänglich! Geht dann nicht jede Verbesserung, die ich ihm angewöhne, mit dem Tod verloren?“

 

Nein. Wenn Du Deinen Körper heute in hohem Maße beherrscht, wirst Du dasselbe in einer späteren Inkarnation leichter lernen. Wie sich im Laufe der Evolution die Körper von Pflanzen und Tieren langsam den Umständen angepasst haben, so kann sich auch der Mensch über Generationen hinweg einen Leib erschaffen, der für ein geistiges Leben besser geeignet ist. Wenn wir heute den Chemismus unseres Organismus durch Übung und richtige Ernährung verändern, werden diese Errungenschaften mit der Zeit auch an die nachfolgenden Generationen weitergegeben.

 

*****

 

Wir sprechen ständig, weil sie so wichtig ist, über die Entwicklung, den Aufstieg und die Nutzung des Potentials der Ewigen Individualität. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen:

 

Es gibt auch eine Evolution der Körper.  

 

„Das verstehe ich nicht. Wie meinst Du das?“

 

Die in einem Stein inkarnierte Seele ist noch klein und bildet eine vergleichsweise primitive, materiell sehr dichte Form heraus. Die Körper von Pflanzen, Tieren und Menschen sind schon höherstehende Gebilde. Diese Entwicklung geht natürlich weiter. Warum sollte sie stehenbleiben?

 

Wir verstehen unter Vervollkommnung die Verbesserung eines realen Apparates. Die Verbesserung des Apparates in seiner Gesamtheit ist der Menschheit würdig. Durch Verstehen des physischen Apparates müssen die Menschen nach verbesserten Formen streben. (Gem 231)

 

Wir hatten schon gesagt (Sendung „Das Evolutionsgesetz“): Wir haben gerade den Tiefpunkt des Zyklus hinter uns gelassen. Im weiteren Verlauf der Evolution, auf dem wieder aufsteigenden Bogen der Entwicklung, werden die physischen Körper immer feiner und geistiger und nähern sich dem höchsten, dem ätherischen Zustand wieder an, mit dem sie vor Jahrmillionen mit dem absteigenden Bogen den Zyklus begonnen hatten.

 

Sobald die Welt den Wert eines Lebens aus dem Herzen anerkennt, wird das Fleisch sich verklären und den Gesetzen der Feinstofflichen Welt annähern. (FW III, 501)

 

Ein veredeltes Wesen benötigt einen edleren Körper.

 

Es ist wahr, dass in der kommenden sechsten Rasse das Gewebe des physischen Körpers mehr verfeinert, verdünnt sein und sich dem Wesen des verdichteten Astralkörpers anpassen wird. Es ist interessant festzustellen, dass auf diesen Prozess der Verdünnung oder Dematerialisation des physischen Körpers bereits in der ältesten chinesischen Medizin hingewiesen wurde. (HR II/1, 188, 189; Brief vom 02.04.1936) 

 

Seelen, die größer sind als die heutigen Menschenseelen, die Geistmenschen der kommenden 6. Rasse werden ein höheres, das heißt weniger materielles Vehikel heranbilden, als wir es heute besitzen. Es wird feiner, geistiger und damit den Verhältnissen in der Jenseitigen Welt ähnlicher sein. Diese Weiterentwicklung des Leibes müssen wir aktiv fördern.

 

Später aber wird die Energie vom höheren oder geistigen Willen des Menschen gelenkt und beherrscht werden, um einen vollkommeneren Körper zu schaffen, der den Körpern der gegenwärtigen Menschenrassen so weit überlegen sein wird, wie diese den Körpern des Tierreichs überlegen sind. (TL I, 12) 

 

Es geht tatsächlich um die Heranbildung eines höheren Menschentyps, auch in körperlicher Hinsicht.

 

Nicht nur der Feurige, sondern auch der physische Körper des Neuen Menschen, des homo immortalis, unterscheidet sich grundlegend von dem des gegenwärtigen homo sapiens – so wie der Leib des Menschen weiter entwickelt ist als der eines Affen.

 

Dringend erforderlich für die Welt ist die Entwicklung eines höheren Typus der Menschheit. (TL VI, 302) 

 

Das Äußere ist das Spiegelbild des Inneren. Wenn Du Dein inneres Wesen verwandelst, wird sich auch Deine physische Hülle entsprechend umgestalten.

 

Bei den Errungenschaften der Zukunft muss der Wechselbeziehung zwischen der Entwicklung des Geistes und der Beschaffenheit des Körpers besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dem Körper fällt es schwer, den Geist einzuholen. Das Wachstum des Geistes spiegelt sich im Körper wider. (AY 383)

 

Wenn Deine Ewige Individualität wächst, größer und stärker wird, muss Dein Körper mit dieser Entwicklung Schritt halten, um auch weiterhin als Werkzeug für einen so hohen Geist dienen zu können.

 

Der physische Körper muss durch die Kraft der Evolution zur Höhe der geistigen Wesenheit erhoben werden, die diesen Körper bewohnt. (TL VII, 347) 

 

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„Was heißt das konkret und praktisch?“

 

Du musst Deinen physischen Apparat immer mehr umwandeln, so dass aus dem alten Adam schließlich ein geeigneteres Vehikel hervorgeht, das den Anforderungen Deiner Ewigen Individualität besser entspricht.

 

Menschen zu erschaffen ist beim geistigen Streben die höchste Aufgabe. Die materielle Form der Menschen entspricht nicht der ganzen Aufgabe der Evolution. Die Schöpfung der menschlichen Form wird als die höchste kosmische Aufgabe bestätigt. Das Schmieden des Geistes ist so mächtig, dass man selbst eine grobe Hülle umwandeln kann. (U II, 387 [U I, 387])

 

Man sollte auch die Umwandlung des physischen Körpers als Heldentum verstehen. Die Menschen müssen sich daran gewöhnen, dass die Vervollkommnung der Daseinsbedingungen beschleunigt werden muss. (FW I, 47)

 

„Was bedeutet Verbesserung des Organismus genau?“

 

Zwei Dinge: Verfeinerung und Vergeistigung. Das bezieht sich vor allem auf die Ernährung und auf die Lebensgewohnheiten.

 

Wir sind verpflichtet, unseren Organismus zu verfeinern, damit er zu einem würdigen Gefäß wird. (FW I, 483)

 

Als Instrument müsste der Leib eine volle Fülle an Können erwerben, eine totale Geeignetheit, was immer sein Besitzer auch von ihm verlangen mag, selbst wenn es weit über dem liegt, was heute möglich ist. Der Leib wäre weiterhin ein Offenbarungsgefäß von höchster Schönheit und Entzückung, er ließe die lichte Schönheit des Geistes in sich aufwallen und von sich ausstrahlen, wie eine Lampe das Leuchten der Flamme in ihr von sich gibt. Dies würde die totale Vollkommenheit des vergeistigten Leibes sein. (Sri Aurobindo „Die Verkörperung des Supramentalen auf der Erde“)

 

Du kannst Dir das gar nicht konkret und materiell genug vorstellen:

 

Wir müssen tatsächlich die physische Zusammensetzung, die Chemie unserer Körper verändern!

 

Feine, leichte Nahrung wie Reis, Obst und Gemüse sowie erlesene Gewohnheiten machen auch Deinen Leib feiner. Grobe Nahrung wie Fleisch oder Bier und brutale Gewohnheiten machen ihn materieller und dichter.

 

Es gibt viele verschiedene Mittel, um den grobstofflichen Körper zu verdünnen. Die Verdünnung des grobstofflichen physischen Körpers muss auch vom geistigen Gesichtspunkt her verstanden werden, denn während wir im grobstofflichen Körper weilen, ist es trotzdem möglich, nicht nur Grobstofflichkeit zu offenbaren.

Ein Agni Yogi, der die Feurige Taufe und die feurige Umwandlung durchlaufen hat, verweilt nicht länger in einem grobstofflichen Körper. Denn sobald der Körper feurige Ströme empfängt, verändert sich sein ganzes Wesen. Diese Verdünnung ist die Grundlage dieser Erfahrung der feurigen Umwandlung der Zentren. (FW III, 173)

 

Ebenso wie eine Meditation scheitert, wenn Du zu viel oder zu schwer gegessen hast, ist die Entwicklung und Nutzung Deiner geistigen Kräfte und Deiner geistigen Sinne bei einer groben Lebensweise unmöglich.

 

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Die Menschheit muss geeignetere Körper auch deswegen entwickeln, damit endlich wieder Höhere Geister auf Erden inkarnieren können.

 

Es gibt leider auch deswegen nur so wenige Große Seelen in der heutigen Zeit, weil unsere gegenwärtigen plumpen Leiber, auf die sie ja für ihre Verkörperung angewiesen sind, für fortgeschrittene Wesen in vielerlei Hinsicht schlicht ungeeignet sind.

 

Der Körper des Menschen, wird durch die gesamte Leistung der Menschheit geformt, und da die Menschheit auf einem niedrigen Niveau verharrt, ist es verständlich, dass hohe Geistwesen es schwer haben, sich in den unzulänglichen Körpern auszudrücken; weshalb es notwendig ist, das allgemeine Niveau der Menschheit zu heben, um hohen Geistwesen die Möglichkeit zu geben, ihrer Größe entsprechend in Erscheinung zu treten. (HR I/3, 129; Brief vom 11.06.1935) 

 

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Dein Körper ist auch Dein Werkzeug für den Höheren Verkehr. Nur ein geläuterter, feiner, hoch schwingender Organismus ist fähig und würdig, Verbindung mit den Überirdischen Welten aufzunehmen und von dort höhere Schwingungen oder Energien wie zum Beispiel Inspiration zu empfangen.

 

In naher Zukunft werden die Menschen ihren Körper durch ihr Bewusstsein an die Aufnahme höherer Energien gewöhnen. (FW II, 312)

 

Die Grobheit unserer gegenwärtigen Körper behindert tatsächlich die Wahrnehmung und die Verbindung mit der Höheren Welt und ihren Bewohnern.

 

Nur unser grober Körper und die unzureichende Verfeinerung unserer Sinne hindern uns daran, die Gegenwart des Lehrers wahrzunehmen. (HR I/1, 139, Brief vom 08.11.1931)

 

So, wie er jetzt ist, würde Dein Leib bei Berührung mit höheren Energien oder mit höher schwingenden Wesen veraschen. Deshalb musste Jesus nach der Auferstehung im Feinstofflichen Körper Maria Magdalena warnen:

 

Noli me tangere – rühr mich nicht an! (Veronese „Noli me tangere“)  

 

Wenn Du Deine Schwingung erhöhst und den Feurigen Zustand herstellst und beständig aufrechterhältst (siehe die Sendung „Übung Feuriger Zustand“), verwandelt sich mit der Zeit auch Dein Körper so weit, dass er höhere Energien aushalten und aufnehmen kann.

 

Die Macht der Meisterschaft setzt voraus, dass der Mensch höhere oder feinere Schwingungen ertragen und gleichzeitig einen physischen Körper aufrechterhalten kann. (TL II, 39)

 

Wir hatten schon über das Projekt der Verdichtung des Astralkörpers gesprochen (Sendung „Die Seele zum Leben erwecken“). Die Verfeinerung des physischen Körpers ist das notwendige Gegenstück dazu: Du musst beides tun:

 

Du arbeitest einerseits von oben nach unten (vom Himmel zur Erde) an der Materialisierung der Gedankenform, des feinstofflichen Gebildes des Astralkörpers, wodurch dieser immer materieller und dichter, also immer irdischer wird. Du arbeitest andererseits von unten nach oben (von der Erde in Richtung Himmel) an der Veredelung, der Sublimierung der physischen Form Deines Leibes, wodurch dieser immer feinstofflicher, also himmlischer wird. Irgendwann treffen sich die Ergebnisse dieser beiden Bestrebungen in der Mitte, und Du erschaffst ein höheres Wesen.